Eine Schlacht wird gefochten. Nicht mit den Waffen aus Stahl. Kein Gladius. Kein Pugio. Genauso verheerend ist das Bild in ihrem Zimmer. Verluste darf die Gegenseite vermelden. Ein Toter. Der Sturm brandet. Verfängt sich in ihrem Gemach. Und flaut wieder ab. Als ein Besucher in die Szenerie tritt. Das Drama. Die Tragödie unterbricht. Ohne Chor. Ohne die singenden Stimmen, die vom Lebensleid der Callista berichten. Aber auch ihren schwarzen Charakterzügen erzählt. Callista hebt ihren Blick. Die Stimme. So vertraut. Jetzt? Hier?
"Oh."
Ein Hauchen. Es tobt immer noch in Callista. Aber den Gast hätte sie nicht erwartet. Die Berührung holt sie gänzlich zurück. Der rote Schleier vor ihren Augen schwindet. Ihr ist kalt. So schrecklich eisig. Sie lässt sich aufhelfen. Ihre Gewänder rascheln um ihren Körper. Unschuldig weiß ist die Seide. Blaue Blumenmuster an den Rande des Kleides gestickt. Sie mischen sich mit grünen floralen Mustern. Aufgebracht ist Callista immer noch. Die Spuren all der tosenden Gefühle spiegeln sich deutlich und unverfälscht in ihrem Gesicht wieder. Spuren von Tränen. Verzweiflung. Wut. Haß und leidenschaftlicher Zorn. Inbrünstige Ausbrüche. Sie erzittert sanft. Ihre dunklen Wimpern sind von zwei funkelnden Tränen noch benetzt.
"Caius?"
Erstaunt ist Callista.
Welch grausames Spiel.
Ob die Götter sich daran ergötzen, Callista?
Es muss so sein.
Im Angesicht des Trauerspiels, was ihr Leben zeichnet, erscheint es ihr als Hohn. Sie blickt desperat in das Antlitz des schönen Marspriesters. Ihres Mars. Mehr nimmt sie nicht wahr. Blendet alle unwichtigen Details aus. Wie Streifen. Purpurfärbungen. Ein defätistischer Schluchzer löst sich aus ihrer Kehle. Sie wirft sich mit diesem Laut an Aquilius. Schlingt die Arme um seine Schultern.
"O Caius. Grauslich ist es. Furchtbar. Ich werde verbannt. In die Einöde geschickt. In ein Gefängnis gesperrt. Für immer. In eine grauenvolle Welt. Voller Leiden und Schrecken. Du musst mir helfen, Caius."
Grimmig ist das Glühen in den Augen der Leibsklavin. Sie steht hinten im Raum. Beobachtet. Verfolgt mit ihren Augen. Ist ihrer Herrin nicht zur Hilfe geeilt. Nun denkt sie darüber nach, den Vater der Callista zu rufen. Denn genau jener Mann ist der Grund von Benohés Verrat. Das zermürbende Gift der Eifersucht hat sich in das Herz der Sklavin geschlichen. So wie nie zuvor. Seit langem plagt es sie.
Callista merkt es nicht. Aber dafür den Sklavenjungen. Der mit dem gewünschten Stock heran naht. Sie sieht auf das Holzstück und ahnt.
"Nein. Nicht."
Sie löst sich wieder aus den Armen von Aquilius.
"Darum kümmere ich mich selber."
Mit wütenden Blicken, die sie den Sklaven schenkt, tritt sie zu dem Tisch. Der ihre Schönheit am Tage gewähren soll. Sie beugt sich hinab. Vernimmt das feine Rascheln der trockenen Schuppen auf dem Boden. Callista fürchtet die Schlangen nicht. Sie liebt all die Tiere abgöttisch. Skorpione. Giftspinnen. Schlangen. Ihre Lieblinge sind es. Niemals würde sie zulassen, dass unwürdige Hände sie berühren. Nur wenn sie eine Strafe darstellen sollen. Callista verharrt still. Hebt die Hand als sich jemand ihr nähern will.
"Nicht. Sie schmeckt. Die Luft um sich herum."
Callista beißt sich auf die Unterlippe. Dann schnellt ihre Hand nach vorne. Sie zieht die Schlange hervor. Die sich windet und zischt. Klein ist das giftige Wesen. Schwarz in der Gestalt. Rote Muster ziehen über ihren Leib. Um ihr Handgelenk könnte sich das Wesen schlingen. Wie ein filigraner Reif. Callista ergreift das kriechende Tier direkt hinter dem Kopf. Damit sie nicht doch noch gebissen wird. Sie dreht sich um.
Ihre schwarzen Haare sind eine wilde Mähne. Ihr Kleid noch ein wenig derangiert. Sie wirkt wie eine Zauberin, die aus den Untiefen gekommen ist. Um einen Mann zu verwünschen. Eine Hekate aus der Unterwelt. Sie hebt den Schlangenkopf bis vor ihre Augen.
"Psst. Meine Kleine. Alles wird gut. Es tut mir so leid. Verzeih mir."
Ein Hauchen zu dem giftigen Tier. Der tote Sklave kümmert Callista hingegen wenig.