Ich war heute Morgen guter Dinge gewesen. Schon die ersten Sonnenstrahlen trugen das Ihre dazu bei, dass es mir gut ging. Endlich war ich in Rom und hatte Mogomtiacum und das Castellum hinter mir gelassen. Die Reise war zwar wesentlich beschwerlicher gewesen als die von Augustodunum nach Germanien, doch das, was mich in Rom erwartete trieb mich unaufhörlich weiter. Außerdem konnte ich bei meiner Schwester sein.
Allerdings gefiel sie mir gar nicht! Etwas musste sie bedrücken. Auf der ganzen Reise hatte sie kaum ein Wort gesprochen. Sie wollte immerzu alleine sein. Also ließ ich sie und hoffte, sie würde zu mir kommen, wenn sie es für richtig hielt. Aber das tat sie nicht. Ich machte mir schon Sorgen um sie. Ihr Verhalten änderte sich auch nicht, als wir endlich in Rom. Im Gegenteil, es wurde nur noch schlimmer mir ihr. Sie ließ niemanden mehr an sich heran. Nur konnte ich mich auch nicht noch ständig um meine Schwester kümmern, denn ich hatte ja einiges vor, was ich erreichen wollte. Als allererstes brauchte ich Arbeit, damit ich Geld verdienen konnte. Mein erklärtes Ziel war es ja, irgendwann meine Schwester freikaufen zu können. Da wollte ich nicht lange warten. Deshalb beschloß ich, gleich heute zu Aurelius Ursus, meinem Patron zu gehen, um ihn zu bitten, mir bei der Suche nach einer Arbeit behilflich zu sein.
Genau in dem Augenblick, als ich um die Ecke bog, um zu seinem officium zu gelangen, lief mir meine Schwester in die Arme. Sie sah furchtbar aus. Ihre Augen waren ganz verquollen, ihr Gesicht hochrot und sie weinte. "Caelyn, was ist? Was ist passiert?" Sie wollte mir aber nur ausweichen, um weg zu kommen. Ich hielt sie mit sanften Druck am Arm fest und versuchte es noch einmal. "Sag mir, was los ist!"
"Nichts ist los! Laß mich!" Sie befreite sich aus meinem Griff und lief davon. Nachdenklich sah ich ihr hinterher. Das musste ich jetzt unbedingt herausfinden, was geschehen war. Mein eigentliches Anliegen war in den Hintergrund getreten. Caelyn war mir in diesem Fall wichtiger.
Ich klopfte an und trat ein. Mein Patron saß an seinem Schreibtisch, so wie ich es erwartet hatte.
"Guten Morgen! Was ist denn mit Caelyn los? War irgendwas?"