Beiträge von Louan

    Ich war heute Morgen guter Dinge gewesen. Schon die ersten Sonnenstrahlen trugen das Ihre dazu bei, dass es mir gut ging. Endlich war ich in Rom und hatte Mogomtiacum und das Castellum hinter mir gelassen. Die Reise war zwar wesentlich beschwerlicher gewesen als die von Augustodunum nach Germanien, doch das, was mich in Rom erwartete trieb mich unaufhörlich weiter. Außerdem konnte ich bei meiner Schwester sein.
    Allerdings gefiel sie mir gar nicht! Etwas musste sie bedrücken. Auf der ganzen Reise hatte sie kaum ein Wort gesprochen. Sie wollte immerzu alleine sein. Also ließ ich sie und hoffte, sie würde zu mir kommen, wenn sie es für richtig hielt. Aber das tat sie nicht. Ich machte mir schon Sorgen um sie. Ihr Verhalten änderte sich auch nicht, als wir endlich in Rom. Im Gegenteil, es wurde nur noch schlimmer mir ihr. Sie ließ niemanden mehr an sich heran. Nur konnte ich mich auch nicht noch ständig um meine Schwester kümmern, denn ich hatte ja einiges vor, was ich erreichen wollte. Als allererstes brauchte ich Arbeit, damit ich Geld verdienen konnte. Mein erklärtes Ziel war es ja, irgendwann meine Schwester freikaufen zu können. Da wollte ich nicht lange warten. Deshalb beschloß ich, gleich heute zu Aurelius Ursus, meinem Patron zu gehen, um ihn zu bitten, mir bei der Suche nach einer Arbeit behilflich zu sein.


    Genau in dem Augenblick, als ich um die Ecke bog, um zu seinem officium zu gelangen, lief mir meine Schwester in die Arme. Sie sah furchtbar aus. Ihre Augen waren ganz verquollen, ihr Gesicht hochrot und sie weinte. "Caelyn, was ist? Was ist passiert?" Sie wollte mir aber nur ausweichen, um weg zu kommen. Ich hielt sie mit sanften Druck am Arm fest und versuchte es noch einmal. "Sag mir, was los ist!"
    "Nichts ist los! Laß mich!" Sie befreite sich aus meinem Griff und lief davon. Nachdenklich sah ich ihr hinterher. Das musste ich jetzt unbedingt herausfinden, was geschehen war. Mein eigentliches Anliegen war in den Hintergrund getreten. Caelyn war mir in diesem Fall wichtiger.
    Ich klopfte an und trat ein. Mein Patron saß an seinem Schreibtisch, so wie ich es erwartet hatte.
    "Guten Morgen! Was ist denn mit Caelyn los? War irgendwas?"

    Das hörte sich ganz schön schwierig an und vorstellen konnte ich es mir schon gar nicht! Als er dann den Lehrer erwähnte, der mir das alles beibringen sollte, war ich beruhigt aber auch besorgt zugleich. Es gab soviel, was ich noch lernen musste. Dann würde es ewig dauern, bis ich endlich arbeiten und damit Geld verdienen konnte.
    "Ja lernen will ich!" sagte ich schließlich.


    Das Essen lachte mich zwar immer noch an, aber nun ging wirklich nichts mehr. Ich musste die Waffen strecken.
    Zufrieden legte ich mich in die Kliene zurück und hegte mein Bäuchlein. :D

    Der Braten war so gut. Ich hätte noch viel mehr essen können, aber bald ging nichts mehr. Wie schade auch! Wenigsten noch etwas Wein wollte ich trinken. Der gehörte auch zu der besseren Sorte, als der, den ich zu Hause gewohnt war.


    "Ja, rechnen kann ich. Da war ich schon immer gut drin." bestätigte ich und hörte weiter zu. Geometrie, dieses Wort hatte ich noch nie gehört. Was Architektur war, wußte ich ja, aber Geometrie- keine Ahnung! "Was issn das, Geometrie?" Mir gefiel natürlich die Vorstellung, eine Menge Kohle zu machen. Je mehr ich verdienen konnte, desto eher war Caelyn frei. Ich sah sie an, was sie dazu meinte. Allerdings war sie mehr mit dem Essen beschäftigt. Ich hatte sie noch gar nicht gefragt, wie zufrieden sie mit ihrem jetzigen Leben war. Gut, wir hatten jetzt beide ein Dach über dem Kopf, jeden Tag zu Essen und Kleidung. Wir mussten auch nicht mehr stehlen oder andere illegale Sachen machen, um zu überleben. Dafür hatte sie aber einen hohen Preis zahlen müssen. Ich konnte es mir nicht vorstellen, unfrei zu sein. Wie kam sie nur damit zurecht?

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus


    "Gut. Dann willkommen in meinem Klientel, Louan", sagte Ursus feierlich, hob den Becher zum anstoßen und lächelte dann. "Und jetzt wollen wir es uns schmecken lassen. Sertorio hat sich wieder einmal selbst übertroffen, wie es scheint." Er aß ein paar Bissen, bevor er wieder das Wort ergriff. "Gibt es eigentlich irgend etwas, wofür Du Dich besonders interessierst? Oder etwas, was Du besonders gut kannst?" Begabungen und auch Interessen sollte man durchaus fördern, fand er. Wenn es denn möglich war.


    Sim-Off:

    Du müßtest dann noch im CP bestätigen :)


    Ja, das war auch Caelyn. Sie brachte etwas herrlich duftendes mit und mir lief dabei schon das Wasser im Mund zusammen. Das musste eine Art von Braten sein.
    Sie reichte mir einen Teller mit Fleisch und Brot und auch einen Becher mit Wein. Von so was hatte ich die letzten Jahre nur geträumt. Selbst Iustus konnte sich einen solchen Schmaus nicht jeden Tag leisten. "Oh, is das lecker!" sagte ich mit halbvollem Mund, obwohl ich ja eigentlich wusste, dass man das nicht tun sollte.
    Dann wurde es noch richtig feierlich, als wir zusammen anstießen. "Auf die Zukunft!" entgegnete ich und sah dabei lächelnd zu meiner Schwester hinüber, die jetzt neben mir saß.
    Bei der Frage nach meinen Interessen musste ich passen. Ich überlegte krampfhaft, aber mir fiel nichts ein. All die Jahre hatte ich für ein Hobby keine Zeit. Also zuckte ich nur mit den Schultern. "Ich glaub nich! Mir fällt nix ein!" Doch im gleichen Atemzug meldete sich meine Schwester entrüstet zu Wort. "Das stimmt doch gar nich! Na klar kannst du was besonders gut! Früher, als Mutter noch gelebt hat, hast du immer ganz toll zeichnen können. Weißte nich mehr? Du hast ihr doch immer Bilder gemalt und das war kein kindisches Gekritzel! Die war´n richtig gut!"
    Ach ja, jetzt erinnerte ich mich. Ja, das war richtig. Mutter hatte mir sogar einmal extra Papyri und Tinte gekauft, obwohl das ganz schön teuer war. Sie hatte immer gesagt, es würde sie froh machen, wenn ich ihr Bilder zeichnete.
    "Ja, das stimmt! Früher konnt ich ma gut zeichnen!" sagte ich dann nachdenklich.


    Sim-Off:

    Schon geschehen! ;)

    "Klient, ja klar!" wiederholte ich unsicher.
    Er begann meine letzte Frage als erstes zu beantworten und da hätte ich beinahe lachen müssen. Nämlich als er sagte, er hätte lauthals gelacht, Das hatte ich ihm gar nicht zugetraut! Naja, vielleicht war das ja der Grund für Caelyns Verhalten. "Naja, sie wirkte so irritiert und so... sprachlos! So kenn ich sie gar nich. Meine Schwester muss nämlich immer das letzte 'Wort haben! Typisch Weiber!"
    Doch dann begann er meine eigentlichen Fragen zu beantworten. Er versuchte das so verständlich wie möglich zu machen. Offenbar lag ihm was daran, dass ich alles verstand, was in diesem Bezug wissenswert war.
    Ehrenmänner! Das war echt schwer, mir vorzustellen, ich könne ein Ehrenmann sein. Aber gut, ich verstand schon, was er damit meinte. Das diese Abmachen ein Leben lang gehen sollte, machte mich sehr skeptisch! Das war ganz schön lang, unter normalen Umständen! :D Aber für mich gab es da nicht mehr viel zu grübeln. Alleine schon wegen meiner Schwester musste ich das machen! Damit sie eines Tages wieder frei war.
    "Ja, gut! Dann werd ich das machen!" sagte ich nach einiger Zeit.
    Ich hatte mir alles genau überlegt und war immer wieder zum gleichen Schluss gekommen. In meiner neuen Rolle fühlte ich mich noch sehr unbehaglich und fremd, aber mit der Zeit gewöhnte man sich ja an alles.
    Da hörte ich schon Schritte. Das musste sicher Caelyn sein. Zum Glück! Denn ich hatte jetzt auch einen Mordshunger!

    Ich nahm auf der mir angewiesenen Kline Platz. Der Raum, die Ausstattung, einfach alles war noch sehr fremd für mich und das würde sich so schnell auch nicht ändern.
    Als ich mir noch die bemalten Wände betrachtete, begann er schon, mich nach meiner Entscheidung zu fragen. Mein Kopf schnellte in seine Richtung zurück. Zuerst musste ich wieder meine Gedanken ordnen. Dann nickte ich. "Naja, so wie ich´s gesagt hab! Ich komm mit euch nach Rom und werd dann dein, öhm.. Dings, wie heißt das nochma?" Ich war ja etwas verlegen, weil ich mich nicht so gewählt ausdrücken konnte. Aber eines Tages würde ich auch das noch lernen.
    Naja, einige Fragen fielen mir da schon ein und weil er ja meinte, ich könne ihn ruhig alles fragen, fing ich mal an. "Ja, also, wie geht das denn genau vor sich. Ich mein, das mit dem Klidingens? Muss ich da was unterschreiben? Und wenn ich irgendwann ma keine Lust mehr dazu hab, kann ich das dann auch wieder rückgängig machen. Und was is mit Caelyn? Wenn ich soviel Geld für sie zusammen gespart hab, krieg ich sie dann wieder zurück? Warum war die denn heute Abend eigentlich so komisch, bevor sie mich hergeschickt hat?" Die letzte Frage hatte ich bewusst etwas bissiger gestellt, schließlich war sie meine Schwester und auch wenn er sie gekauft hatte, musste ich sie trotzdem beschützen.

    Ich hatte in der Küche noch ein wenig mit Sertorio gequatscht, als meine Schwester kam und ganz komisch wirkte. Ich dachte schon, es wäre etwas schlimmes passiert, aber sie tat es nur mit einem Kopfschütteln ab. Ich fragte mich, ob ihr Verhalten etwas mit Ursus zu tun hatte und urplötzlich kam wieder dieses Gefühl in mir hoch, ich müsste mich gegen den Römer doch wieder auflehnen. Ich konnte doch nicht zulassen, dass er nicht nett zu meiner Schwester war!
    Meine Schwester rückte nicht so recht mit der Sprache raus. Sie schickte mich nur ins triclinium. Dort wartete der Tribun schon auf mich, sagte sie. Dann meintesie noch, sie wolle später auch dazu stoßen.
    Also ging ich zu ihm und ich war mir gar nicht mehr so sicher, wie ich ihm begegnen sollte.
    "N´Abend!", sagte ich und blieb erst mal stehen.

    Das konnte ich mir gar nicht so richtig vorstellen. Caelyn konnte lesen und schreiben? Na dann! Da konnte sie mir sicher beim lernen helfen.
    "Ja, lernen will ich auf jden Fall!" Aber was hatte er denn gegen meine Sprache? Verstand er mich nicht richtig?


    Jetzt lächelte er sogar und sah gar nicht mehr so grimmig aus. Ich war jetzt auch etwas gelassener geworden, da sich das Gespräch seinem Ende zu neigte.
    Bevor ich ging, bat er mich, meiner Schwester wegen meiner Kleidung noch etwas auszurichten. Ich machte mir da gar keine großen Gedanken, warum er das sagte. "Geht klar! Kein Problem! Bis heut Abend!"
    Dann stand ich auf und verließ lächelnd das officium.

    Oh ja! Mit Caelyn musste ich wirklich noch sprechen! Nach der Szene, die sie mir gemacht hatte. Aber ich hatte ja jetzt etwas, womit ich sie wieder besänftigen konnte. Sie war garantiert aus dem Häuschen, wenn sie erfuhr, wie ich mich entschieden hatte.
    "Ja das werd ich wohl oder übel mach´n müss´n! Sie war ja richtig sauer auf mich!" Ich schmunzelte verlegen, weil ich ja wusste, dass er alles mitbekommen hatte. Wenn Caelyn eben in Fahrt war, war sie nicht mehr zu überhören.
    Bei der Frage nach dem lesen und schreiben können, brachte er mich noch ein bisschen mehr in Verlegenheit. Das war schon eine Ewigkeit her, dass ich das gelernt hatte. Damals war ich noch ein Kind. Aber nach Mutters Tod brachte mir lesen und schreiben nicht mehr viel. Da musste ich ums nackte Überleben kämpfen.
    "Öhm, gelernt hab ich´s ma, aber das is schon lange her. Ich bin mir nich sicher, ob da so viel hängen geblieben is. Aber rechnen kann ich gut!" Rechnen hatte mir auch bei Iustus geholfen. So konnte ich ihm richtig gut in seinem Laden helfen und durfte zum Schluss sogar an die Kasse.

    Diese Gefallen, die er ansprach, waren ja durchaus machbar. Darum machte ich mir eigentlich die wenigsten Sorgen. Über jemanden gut zu reden oder auf ein Haus aufzupassen, da brach ich mir wirklich nichts ab. Vielmehr das Drumherum machte mir Sorgen. Klient, Patron, das hörte sich zu sehr nach Abhängigkeit an. Ich sah mich da in meiner Freiheit beschnitten. Was hatte ich aber davon, frei und hungrig zu sein? So konnte ich es so zu etwas bringen und ich wäre in Caelyns Nähe. Dann könnte ich eines Tages auch meine Schwester freikaufen. Eigentlich gab´s da nicht viel zu überlegen. Trotzdem kostete es mich einiges an Überwindung. Aber was tat man nicht alles, um seine Schwester wieder zu besänftigen.
    "Na gut! Dann werd ich mit nach Rom komm´n und dein Klient werd´n. Aber bild dir bloß nich ein, dass ich dominus zu dir sag!"
    Ehrlich gesagt, konnte ich mir das noch gar nicht vorstellen. Ich würde wieder in einer menschenwürdigen Behausung wohnen, immer ordentliche Kleidung tragen und jeden Tag zu Essen haben. Ich musste wirklich ein Glückspilz sein!

    Caelyn war wirklich gegangen und ich war allein, mit dem Tribun. Ein bisschen blöd kam ich mir ja schon vor. Der Tribun verzog allerdings keine Miene. Den konnte anscheinend nichts aus der Fassung bringen.
    Nachdem ich wieder auf dem Stuhl Platz genommen hatte, begann er gleich ohne Umschweife, mir seine Angebote kund zu tun.
    Mir war noch nicht ganz klar, was für mich am Besten war uns was meinte er mit den einen oder anderen Gefallen tun? Der wollte mich doch nicht über den Tisch ziehen?
    Naja, in Mogontiacum wollte ich nicht bleiben. Da hätte ich auch wieder zurück nach Augustodunum gehen können. Aber von dem Gedanken, nach Rom zu reisen, war ich auch nicht so begeistert.
    "Was meinst´n mit dem einen oder and´ren Gefallen?"

    Ihre Gardinenpredigt kam früher als erwartet! Mit dieser Taktik hatte sie es auch früher schon geschafft, mir ein schlechtes Gewissen einzureden und mich dazu zu bringen, was sie wollte. Sie war eben meine große Schwester, die sich um mich sorgte, so wie es unsere Mutter getan hatte. Und ich wusste ja auch, dass sie Recht hatte. Wenn ich jetzt gehen würde, dann hätte ich sie wirklich für immer verloren. Zu Hause hatte ich wenigstens noch Iustus. Hier hatte ich dann niemanden mehr.
    Sie war richtig sauer und ließ mich einfach stehen. "He, Caelyn, jetzt wart doch ma! Ich...du hast ja Recht! Ich will dich doch nich nochma verlier´n. Jetzt bleib doch ma steh´n!"
    Jetzt stand ich da, wie´n begossener Pudel. Vor mir, meine Schwester, die stinkesauer auf mich war und hinter mir, der Tribun, der naja, weder sauer noch sonst was war. Vielleicht war er ein bisschen genervt. Aber das zeigte er nicht. Das war eben Körperbeherrschung! :D
    Ich drehte mich wieder zum Tribun um und ging wieder zurück zu meinem Stuhl. "Na schön! Dann öhm... ´tschuldigung!" Mit diesen äussert geistreichen Worten nahm ich wieder Platz.

    Das wollte ich mir nicht mehr länger anhören! Das war einfach widerlich! Er sprach über meine Schwester wie über einen Gegegnstand. Aber das war sie nicht! Sie war meine Schwester! Und die Angebote, über die er sprach, interessierten mich nicht! Das würde zwar wieder mächtig Ärger mit Caelyn geben, aber das war´s mir wert. Ich erwiderte gar nichts mehr auf das, was er noch sagte. Ich ging einfach oder besser gesagt, ich hinkte zur Tür!
    Als ich mit Schwung die Tür öffnete, lief ich meiner Schwester in die Arme, die sich vor der Tür postiert hatte. Mit allem hatte ich gerechnet, aber damit nicht! Spionierte sie mir hinterher? Hatte sie kein Vertrauen mehr zu mir? So kannte ich sie gar nicht.
    "Caelyn!" rief ich erschrocken. "Was machst du denn hier?
    Sie schaute mich fragend an, versuchte dann aber einen Blick in das officium zu werfen. "Na, und?" frage sie mich erwartungsvoll. "Nix!" antwortete ich ihr angebunden. "Wie nix?" "Nix!"

    Welche Ahnung, vom Leben ganz unten, hatte denn dieser feine Pinkel? Der war doch als Patriziersöhnchen aufgewachsen und hatte wahrscheinlich keinen einzigen Tag seines erlauchten Lebens Hunger leiden müssen. Den Vortrag des Tribuns hatte ich, fest in meinen Stuhl gedrückt, über nich ergehen lassen. Es hatte keinen Sinn, ihm unsere Situation klar zu machen. Er hätte das niemals verstanden. Aber dann ließ ich mich doch zu einer Äußerung hinreißen."Du hast nie Hunger leiden müssen, was?" fragte ich spöttisch.
    Als er nun auf meine Frage, hinsichtlich Caelyns Freiheit und seiner Rückkehr nach Rom einging, musste ich wirklich mit mir kämpfen, ruhig zu bleiben. Sollte ich jetzt auch noch dankbar sein, dass er es wenigstens vielleicht, in einigen Jahren, in Betracht ziehen würde, meine Schwester gehen zu lassen? Nein, niemals! Ich hatte große Lust, einfach aufzustehen und zu gehen.
    "Was soll´n das heißen, in den nächsten Jahren? Wenn sie ´ne alte Frau is und sie nix mehr von ihr´m Leben hat?" Nein, das reichte mir! Ich wollte nur noch weg!
    Gerade wollte ich aufstehen, als er mein Bein ansprach. Er faselte etwas von einem Medicus. Den hätte ich schon vor Jahren gebraucht! Ich war zornig und verbittert zugleich. Der hatte wirklich keine Ahnung vom Leben außerhalb seines golden Käfigs.
    "An meinem Bein kann kein Medicus mehr was machen! Das hat mir einer schon vor´n paar Jahren gebrochen und weil wir kein Geld hatten für´nen Medicus, is es nich wieder richtig zusammen gewachsen. Ich hab keine Wahl, also mach ich mir auch keine großen Gedanken darüber. Ich nehm mir das, was ich bekomme, so wie ich´s schon seit jeher gemacht hab" antwortete ich ihm verächtlich und stand dann auf. Ich war bereit, zu gehen.

    Eine richtige Stimmungskanone war der Tribun ja nun nicht gerade. Wie er da an seinem Schreibtisch saß wirkte er noch um einiges steifer, als am Abend zuvor. Den Rest des Abends hatte ich mit Caelyn alleine verbracht. Natrürlich hatte sie mir erzählt, was mit ihr geschehen war und sie hatte auch gebeichtet, was sie geklaut hatte. Ich musste sogar zu meiner Schande gestehen, dass sie es auch wegen mir getan hatte, damit sie Essen und Kleidung kaufen konnte. Mit dem Geld, dass sie gestohlen hatte, wollte sie sich nicht bereichern. Es war für unser nacktes Überleben gedacht.
    "Sie hat ´ne größere Summe an Geld geklaut, hat sie mir erzählt. Damit wir nich verhungern mussten und für Kleidung, weil der Winter bevorstand. Wir beide haben niemanden, der sich um uns kümmert. Das war schon so, seit ich ´n kleiner Junge war. Meine Schwester war auch erst zehn oder zwölf, als unsere Mutter starb." Ich war noch ganz ruhig geblieben. Aber was mich trotzdem immer noch fuchste und ich auch so schnell nicht akzeptieren konnte, war, dass meine Schwester Eigentum von diesem Mann sein sollte.
    Dann begann er über sich zu erzählen. Wer er war, was er war und was er noch alles anstrebte. Pah, widerlich, wie eingebildet der war! Caelyn hatte es geschafft einen dicken Fisch an die Angel zu bekommen, kam mir dabei in den Sinn.
    Aber das, was er zum Schluß sagte, haute mich fast um. Er wollte wieder nach Rom. Schon bald! Und Caelyn?
    "Was is mit meiner Schwester? Muss sie auch mit, nach Rom? Und lässt du sie irgendwann auch wieder frei?"

    Dann sah der Tribun doch noch auf und schaute ganz schön überrascht. Mit mir hatte er nicht gerechnet. Das hatte sich bei Caelyn ganz anders angehört. Mit der musste ich auch noch ein Wörtchen reden.
    Er bot mir einen Stuhl an. "Hallo, öhm salve!" sagte ich, als ich mich setzte. Dann fing der Tribun auch schon an, auf mich einzureden. Er meinte, wir hätten viel zu besprechen und ich müsse mich noch nicht gleich entscheiden. Jetzt musste ich ganz schön dumm aus der Wäsche geschaut haben, denn ich wusste nicht, worum es eigentlich ging.
    Er reichte mir einen Becher mit Wasser und fragte weiter, was in Augustodunum so alles passiert war.
    "Meine Schwester hat mich geschickt. Sie hat behauptet, du würdest mich schon erwarten," antwortete ich, ohne dabei eine Miene zu verziehen.
    "Ja, es stimmt! Zwei von diesen Mistkerlen haben mir aufgelauert und haben mich zusammengeschlagen. Sie haben mich dann drei oder vier Tage in meinem Versteck festgehalten. Sie wollten, dass ich für sie arbeite. Aber ich wollt nich.
    Als Caelyn auf einma weg war, musste ich mir was einfallen lassen. Ein Freund hat mir geholfen und dafür hab ich ihm in seine Laden geholfen. Bei uns zu Hause gibt´s ´ne Bande, die ihr Unwesen treibt und jeden unter Druck setzt. Die haben mir mein ganzes Geld geklaut und gedroht, meinem Freund was anzutun.Die zwei Typen, die mich festgehalten hatten, war´n auch von der Bande.
    Wieso is Caelyn hier?"

    "Mist" zischte ich leise, als ich das Herein hörte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Wenn ich unverrichteter Dinge wieder zu meiner Schwester gegangen wäre, hatte ich was zu hören gekriegt. Da kannte sie keinen Spaß.
    Also nahm ich all meinen Mut zusammen und öffnete dieTür. Durch einen Spalt sah ich den Tribun an seinem Schreibtisch sitzen. Er war beschäftigt. Wäre doch besser, wenn ich wieder gehe, dachte ich so bei mir. Aber Caelyn kannte in dieser Beziehung wirklich kein pardon. Weil ich auf ihr Theater verzichten wollte, schob ich mich, wenn auch etwas ungern, durch die Tür und hinkte zum Schreibtisch hin.
    Der Tribun sah immer noch nicht auf. Er war so vertieft in seine Arbeit, dass er mich gar nicht bemerkt hatte. Ich räusperte einmal kurz, um auf mich aufmerksam zu machen.

    Die erste Nacht im Haus des Tribunen hatte ich hinter mich gebracht. Auch wenn ich erst noch Bedenken hatte, zu bleiben, war die Nacht ruhig verlaufen. Nach langer Zeit hatte ich mich wieder in einem richtigen Bett auschlafen können. Am Morgen danach, fühlte ich mich, wie neu geboren. Meine Schwester hatte mir ein Früstück bereitet, das ich mit ihr in der Küche eingenommen hatte. Dann hatte sie mir noch ein Bad bereitet. Das einzige, was jetzt noch fehlte, waren frische Kleider. Irgendwie hatte Caelyn es geschafft, mir auf die Schnelle eine frische Tunika zu besorgen. Sie war zwar ein bisschen zu groß, aber von guter Qualität. Auf die Frage, woher sie die hellblaue Tunika mit der Bordüre am Saum so schnell her hatte, antwortete sie nur mit einem Lächeln. :D


    Mit gefülltem Magen, frisch gewaschen und eingekleidet, hatte sie mich zum officium des Tribunen geschickt. Sie hatte mich fast hinprügeln müssen, weil ich nicht besonders darauf erpicht war, diesen Mann unter vier Augen zu treffen.
    An der Tür angekommen, kolpfte ich erst an und wartete auf ein Herein. Ich hatte ja immer noch die Hoffnung, dass ja vielleicht gar nicht da war!

    Caelyn hatte die richtigen Worte gefunden, die mich, wenigstens für den Augenblick, besänftigen konnten. Was sie aber nicht schaffen konnte, war dieses jämmerliche Gefühl von mir zu nehmen. Ich konnte und wollte mich einfach nicht mit dem Gedanken zufrieden geben, dass meine eigene Schwester nun Besitz eines fremden Mannes sein sollte. Auch wenn er sich freundlich gab, so änderte sich nichts an der Tatsache, dass sie zu tun und zu lassen hatte, was er von ihr verlangte.
    Ihre Berührungen, die mir so lange gefehlt hatten, waren wie Balsam für mich. Sie hatte mir auf die Wange geküßt, so wie sie es früher getan hatte, wenn sie mich trösten wollte. Ich blieb in ihren Armen liegen und wollte sie nie wieder hergeben.
    Der Tribunus richtete einige Worte an mich, die ich mir zwar anhörte, aber auf die ich nicht eingehen wollte. Dafür war auch morgen noch Zeit.
    Unterdessen berichteten Maecenas und Matrinius von der Suche nach mir. Auch dazu hatte ich nichts mehr hinzuzufügen. Alleine Caelyn war mir jetzt noch wichtig.

    Wenn ich das früher gewußt hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht mitgekommen.
    Als ich in die Augen meiner Schwester blickte und dieses Entsetzen darin wieder fand, dann ihre Bestätigung hörte, dass alles wahr war, sträubte sich alles in mir. Dieses Unvermögen, in diersem Moment nichts für sie tun zu können, machte mich wahnsinnig. Die Wut kochte in mir. Da halfen auch die besänftigenden Worte des Römers nicht viel.


    Meine Augen folgten Caelyn, wie sie mit ihrem Tablett an das Tischchen in der Mitte heran trat. Sie war ganz auf sich konzentriert und würdigte mich keines Blickes mehr. Es muss ihr so peinlich gewesen sein. Als sie dann vor uns flüchtete, streckte ich noch meine Hand nach ihr aus. Aber sie war schon weg. Der Römer war ihr nachgelaufen und wollte sie zurückhalten.
    Ich stand immer noch da, blickte wie hypnotisiert auf das Tischchen mit dem Imbiss und fühlte mich, wie der größe Vollidiot, den die Welt je gesehen hatte.