Beiträge von Macro

    Macro musste grinsen, als das Erste, was Linos äußerte, sich ums Essen drehte. Oh ja, er konnte das Bedürfnis gut nachvollziehen.


    "Da haben wir noch mal Glück gehabt", sagte er, ging auf den Gang und ins Bad gegenüber. "Ich hatte noch keine Zeit, das Reisegepäck auszupacken", rief er etwas lauter, damit Linos ihn trotz der Entfernung hörte. Und richtig, sein Tragebeutel stand noch im Bad, weil er vorhin nicht einmal die Zeit hatte, sein Toilettenbesteck wieder einzupacken. "Und wie du ja weißt", er betrat soeben wieder das Zimmer und schloss die Tür, "hattest du ja zwischen Ostia und Rom gehungert." Macro zwar nicht, aber der tägliche Bedarf des Hünen war groß. Er wühlte wieder, weil das Essen inzwischen unten lag. Dann zog er ein Paket heraus.
    "Ein Hähnchenschenkel und ein halber." Macro setzte ebenfalls einen bettelnden Blick auf. "Es ist dein Anteil, aber wenn du nicht alles schaffst…"


    Bevor die Mahlzeit begann, wollte Linos noch Macros Meinung zu Felix hören. Macro nickte.
    "Ich hätte niiiee gedacht, wie forsch der Herr Felix ist. Also, entweder ist er wirklich unbedacht oder sein Auftreten war für uns ein Test.
    Ob er uns in Sicherheit wiegen wollte? Also falls ja, hat er deutlich überzogen. Er wirkt auf mich wie ein verwundeter Stier in der Arena: Man weiß, dass er losbrechen wird, riecht es förmlich, und doch weiß man nicht, wann er es tut. Unberechenbar eben."

    Schon immer gehörte dieses Zimmer Macro. Es lag unmittelbar neben dem großen Schlafbereich seines Herrn - Claudius Menecrates. Beide Räume wurden seit ihrer Abreise nach Germania nicht benutzt, was Macro durchaus erwartet hatte. Wie selbstverständlich zog er sich nach dem Essen auf sein Zimmer zurück, schmiss sich auf das Bett und lag erst einmal eine Weile herum, die Augen auf die Decke geheftet, und ließ die Gedanken baumeln.
    Als er sich halbwegs regeneriert fühlte, trieb ihn die Unruhe hoch. Er stemmte sich vom Bett hoch, suchte Linos und holte ihn zu sich ins Zimmer.


    "Ich bin zwar völlig im Eimer, brauche aber einen Ausblick auf morgen, weil ich sonst nicht in Ruhe schlafen kann", sagte er, während er die Tür ins Schloss drückte. "Mach's dir bequem." Er erwartete, dass Linos zunächst Felix ins Gespräch bringen würde.

    Als sie in Mogontiacum aufgebrochen waren, glaubte Macro noch, das Schwierigste am Auftrag wäre das Stadttor in Rom. Inzwischen wusste er nicht einmal mehr, was er vom Hintergrund ihres Auftrags halten sollte. Bislang glaubte er, sein Herr brauchte Informationen, um eine schwierige oder sogar gefährliche Situation für sich oder seine Legion oder Rom abzuwenden. Nun behauptete der junge Herr schon zum zweiten Mal, dass sein Großvater einen Krieg führen wollte, einmal gegen Salinator und ein anderes Mal gegen den Praefectus Urbi. Macro wusste nicht viel, aber er wusste, Salinator und der Praefectus Urbi waren ein und dieselbe Person. Entweder wusste der junge Herr viel mehr als sie selbst über Menecrates' Pläne oder er tippte ins Blaue. Falls letzteres, dann fühlte sich Macro noch viel unwohler als bisher, denn sie wurden hier gerade als Kriegsspitzel deklariert. Das konnte, nein das durfte nicht sein. Oder wusste der Freund mehr? Erschreckt und verwirrt blickte Macro zu Linos. An Essen war nicht mehr zu denken.


    Mit Erleichterung hörte Macro Linos' Erklärungen. Er nickte heftig, weil er sich entlastet fühlte.
    "Ja, also. Mein Hals ist auch irgendwie zugeschnürt", bestätigte Macro. "Ich denke aber, wir können bei unserer Rückkehr Menecrates berichten, dass seine Familie wohlauf ist. Das wird ihn beruhigen, stimmt’s, Linos?" Macro hypnotisierte förmlich seinen Reisebegleiter. Das war doch eine gute Nachricht und fast schon so etwas wie ein Abschlusswort.

    Die Situation wurde immer schwieriger je länger sie zusammensaßen. Marco musste regelrecht würgen, um den Bissen herunterzuschlucken, weil die Unsicherheit seine Kehle zuzog. Er hätte sich so gerne mit Linos ausgetauscht, aber nicht einmal dessen Gedanken konnte er erahnen, weil Linos nach dem Nicken schwieg. Nicht ein Wort verließ dessen Mund, der Freund war regelrecht in Untätigkeit erstarrt. Macro blickte ihn fragend an, auch dann noch, als der Herr Felix sprach. Tja, im wortlosen Verstehen hatten sie nicht ausreichend geübt, daher blickte Macro wieder zu Felix. Er verstand auch erst im zweiten Anlauf, warum der Sklave nicht mitschreiben sollte, und dass der überhaupt mitschrieb, war ihm bisher entgangen. Macro seufzte unterdrückt. Das Geplänkel überforderte den ihn, er war Praktiker, kein Denker.
    "Offizielle Stellen sollen nicht wissen, dass wir hier sind", erwähnte er vorbeugend.


    Die nachfolgenden Sätze machten die Situation für Macro nicht leichter. Truppenbewegungen, Legatenpositionen - all das waren Themen, die ihn weder interessierten noch wusste er darüber Bescheid. Er kannte ihren Auftrag, aber davon schienen sie meilenweit entfernt. Hilfesuchend blickte er Linos an.

    Macro kam die Einladung zum Essen nicht ungelegen. Er erhoffte sich allerdings, im Verlauf des Tages, mehr als nur Brot und Suppe zu erhalten. Eine derart dürftige Küche war er nicht gewöhnt, mal abgesehen davon, dass der Hüne viel Energiezufuhr brauchte am Tag.


    "Danke, Herr", sagte er brav, weil es die Situation erforderte. In einem lag er jedoch mit Linos überein: Er fühlte sich nicht ungezwungen, als er sich setzte. Zum Glück speiste er nicht alleine mit dem jungen Herrn. Linos wurde zu einem wichtigen Haltepfeiler seit Beginn ihrer Reise und Macro schaute ihn an, als wolle er sagen, untersteh dich aufzustehen und mich hier alleine zu lassen.
    Um dem Brot einen halbwegs annehmbaren Geschmack abzugewinnen und so viel essen zu können, dass ein erstes Sättigungsgefühl entstand, tauchte es Macro in eine Schale mit Suppe, die er sich nur dürftig gefüllt hatte.
    Trotz allem Hunger mussten sie aber ihren Auftrag im Auge behalten. Als erstes galt es herauszufinden, wie der junge Herr eingestellt war. Macro würde Linos die Entscheidung überlassen, wie weit er ihn einweihte und wann er den Brief übergeben sollte. Das Gespräch anstoßen konnte er ja aber schon einmal. Hoffentlich machte er dabei nichts falsch und druchkreuzte Linos‘ Pläne.


    "Unser Herr wünscht, dass wir vor allem von unseren Ohren Gebrauch machen, nicht so sehr von unserer Sprache." Macro fand den Anstoß gut, aber um zu sehen, wie Linos darüber dachte, blickte er ihn unverwandt an, während er ein Stück Brot abriss und kaute.

    Die Haut vom heißen Wasser und dem Abreiben noch gerötet, das Gesicht zwar blank, aber ebenfalls von roten Hautreizungen überdeckt, haste Macro vom Bad ins Triclinium. Einzig der frische Duft, der ihn umgab, tröstete ihn über den fehlenden Genuss bei der nach Tagen ersehnten Körperpflege hinweg.


    Als er zur Tür hereinkam, mäßigte er den Schritt. Er wechselte einen kurzen Blick mit Linos, stellte sich neben ihn und wartete ab. Er konnte vieles kontrollieren, nur seinen Magen nicht. Der knurrte, als ihm der Suppenduft in die Nase kroch. Dabei mochte er gar keine Suppe...

    Wie in alten Zeiten benutzte Macro das bad in der Nähe der Schlafräume und da sein Schlafraum immer unmittelbar an den seines Herrn grenzte, sah dieses Nobelbad nicht nur patrizische Badegäste, sondern auch regelmäßig den Leibwächter des Hausherrn. Wäre Mansuri oder Morrigan hier, würden sie ihn unterstützen, indem sie das Wasser einließen, so aber ging bereits wertvolle Zeit für das Einlassen der Badewanne verloren. Und nein, Macro wollte sich nicht mit einer Handwäsche zufriedengeben. Wenn er auf etwas Wert legte, dann war es Körperpflege.
    30 Minuten - alleine 10 vergeudete er, weil er das Wasser zunächst viel zu heiß wählte. Kaltes Wasser konnte nur begrenzt zugegeben werden, also musste er etwas warten, bis die Temperatur sank. In der Zwischenzeit suchte er sich eine frische Tunika und neue Sandalen. Die Handprobe verriet, dass das Einsteigen noch immer nicht ratsam war, wenn er für ihn wichtige Teile unversehrt belassen wollte. Macro seufzte und beschloss, die Füße schon einmal vorzuwaschen. Das barg den Vorteil, dass das Badewasser weniger schmutzig sein würde.


    Schließlich fing er an, sich die Bartstoppeln mit einem scharfen Messer abzuschaben. Für die Enthaarung des Körpers reichte die Zeit nicht. Endlich - die letzten 10 Minuten der zugestandenen Zeit konnte Macro für das Bad nutzen. Er beeilte sich so, dass die Bewegungen mehr Wasser als ihm lieb war über den Rand beförderten. dem Einseifen und Schrubben folgte ein flüchtiges Abtrocknen und anschließend das Einölen.


    Er ahnte bereits, dass er zu spät kommen würde, warf sich die Tunika über und rannte aus dem Bad, nachdem er in die Sandalen geschlüpft war.

    Wie von selbst klärte sich Macros ureigenstes Bedürfnis nach aktueller Sauberkeit: Eine Aussage von Linos, eine Antwort vom Herrn Felix und schon waren sie im Atrium alleine. Der verblüffte Ausdruck in Macros Gesicht wich einem Grinsen.


    "Ich kann es kaum erwarten, endlich diese Lappen loszuwerden." Abfällig schnippte er an der Kleidung. Er bekam erst jetzt eine Ahnung davon, wie gehoben er seit seiner Geburt gelebt hatte. Einfache Kleidung ansehen und sie tragen war zweierlei, so viel stand fest.
    Ein Problem sah er allerdings in der zeitspanne für die Körperpflege.


    "Ähm, also selbst wenn du das Bad im Erdgeschoss und ich das - wie früher - im oberen Bereich nehme, werde ich kaum in einer halben Stunde fertig sein", merkte er zerknirscht an. Waschen bzw. schrubben, einölen, Bartpflege, Haarpflege und frisieren, Körperhaare entfernen, Nägel saubermachen usw. Er wusste nicht, was er auslassen sollte, denn Minimum 2 Stunden würden für das Komplettprogramm draufgehen.


    "Einverstanden mit getrennten Bädern?" Macro blickte fragend zu Linos. Nicht, dass er den Freund zum gemeinsamen Bad einladen wollte, aber immerhin wären sie erstmalig getrennt nach ihrem Aufbruch, was Macro seltsam vorkam, weil sie sich nicht unterhalten konnten. Er wollte schon gerne den ersten Eindruck mit Linos teilen.

    Macro seufzte hörbar, aber ergaben, und schloss sich Linos an. Das Bad musste also warten, ebenso das Gefühl, saubere und gute Wäsche zu tragen.


    "Das Einzige, was mir bekannt vorkommt, sind die Anordnung der Zimmer und die Gänge dorthin", flüsterte Macro, als er bemerkte, dass sich Linos fortwährend umblickte, so als würden sie nicht die heimische Villa, sondern den Kaiserpalast betreten. Er blieb daher Linos hart auf den Fersen. Immerhin stellte er das einzig Vertraute im Augenblick dar.
    Macro fragte sich, ob wohl die Villa einmal auf den Kopf gestellt wurde, ob kaiserliche Soldaten ein und ausgingen oder ob es eingeschleuste Spitzel gab. All das würde er später mit Linos besprechen, nun jedoch trat er ebenfalls ins Atrium und stellte sich abwartend neben den Freund.

    Macro sah Linos verblüfft an, als kurz hintereinander das Guckloch in der Porta geöffnet und nach einigen unfreundlichen Kommentaren wieder geschlossen wurde.


    "Na das fängt ja gut an. Entweder ist die gesamte Stadt verrückt oder hier haben die Patrizier Angst ODER…“ Macro blickte vielsagend mit hochgezogenen Brauen. "… oder Menecrates wird sticksauer sein, falls doch in der Villa alles drüber und drunter geht."
    Ihre Spekulationen zeigten überraschender Weise Erfolg, denn plötzlich wurde die Porta geöffnet und der Ianitor trat heraus. Macro musterte ihn. Als sie noch in Rom wohnten, versah vornehmlich ein anderer Mann diesen Dienst.


    "Was meinst du, Linos? Sollen wir so dem jungen Herrn gegenübertreten?" Macro blickte an sich herab und musterte die staubigen Schuhe, die einfach Kleidung und nahm den erfrischungsbedürftigen Körpergeruch wahr. Eigentlich wollte er auch vielmehr sich selbst wieder sauber und gut gekleidet fühlen als sich ordentlich präsentieren. Andererseits war es unhöflich, von der Porta direkt ins Bad zu verschwinden, ohne vorher wenigstens gegrüßt zu haben.

    Obwohl sie bereits einen langen Fußmarsch hinter sich hatten, liefen Macro und Linos nach dem Passieren des Stadttors noch kreuz und quer durch Rom, damit sie eventuelle Beobachter irritieren und abschütteln konnten. Sie trennten sich sogar für kurze Zeit nach den Thermen, um sich in einem anderen Stadtviertel erneut zu treffen. Der ungewohnt lange Marsch steckte selbst Macro in den Knochen, als sie sich den Hang zur claudischen Villa hochquälten. An der Porta angekommen, klopfte Macro sichtlich ungeduldig, denn er wollte sich hinsetzen. Nichts lieber als das.


    "Heute erledige ich alles weitere Notwendige nur noch im Sitzen", kündigte er Linos an. Ein Gespräch mit Felix würde nicht zu umgehen sein.

    Während sie warteten, wurde Macro die Zeit lang. Er zog geräuschvoll die Nase hoch, sah von der Wache zu Linos und wieder zurück, und begann sogar die Augen zu rollen. Als ein Römer schließlich einfach so durch das Tor schritt, begriff er, warum hier nix losging: Einfache Leute wurden weder beim Einlass noch beim Verlassen der Stadt kontrolliert. Macro rammte Linos den Ellbogen in die Seite und brach ihre Absprache bezüglich des Sprechens.


    "Na komm. Gegrüßt haben wir, also lass uns gehen."


    Macro schlug wie selbstverständlich den Weg zu Thermen ein. Sicher war sicher. Woher sollte er wissen, ob sie beschattet werden würden.


    Macro fragte sich im Nachhinein, warum sie eigentlich gerastet hatten, denn mehr als die Namen tauschten sie nicht aus. Und weil ihm das Hinauszögern sehr viel schwerer fiel als das Voranschreiten, schritt er entsprechend forsch nach der Rast aus. Er bemerkte, dass Linos irgendwie langsamer wurde, tätschelte daher seine Schulter und nickte ihm aufmunternd zu. Immer, wenn sich Macro um andere kümmern konnte, blieb ihm keine Zeit, über die eigenen Empfindungen und Ängste nachzudenken, und das fühlte sich ausgesprochen gut an.
    Er wollte jetzt das Rad des Schicksals eher antreiben als verlangsamen, daher kam er einen Schritt vor Linos zum Stehen, als sie das Stadttor erreichten. Er nickte der Wache zum Gruß zu und sah zu seinem Vetter. Der würde alles erklären und Macro musste nur abwarten.


    Es musste eine Mischung aus Galgenhumor und tatsächlichem Spaß sein, der Macro lachen ließ, als die Variante Onkel/Tante als Vorschlag für die verwandtschaftliche Beziehung kam.


    "Aber eins ist klar, wenn, dann bin ich der Onkel." Er strich sich zweimal unter der Nasenspitze lang, als er überlegte, ob es nicht doch eine bessere Verwandtschaftsbeziehung als Vettern geben konnte. "Genau, wir klären das unterwegs", stimmte er Linos zu, weil ihm auf Anhieb nichts einfiel.
    Die nachfolgende Frage überhörte Macro. Wer mit wem Ähnlichkeit hatte, das würde er niemals feststellen, weil er sowas nicht beobachtete, und es interessierte ihn auch nicht. Stattdessen wartete er geduldig, bis Linos zurückkehrte und der Marsch Richtung Rom losging.


    Als Linos den ersten Hähnchenschenkel ausschlug, dachte sich Macro noch nichts dabei, aber als das Verhalten zur Methode wurde, ging ihm ein Licht auf. "Hm, lecker." Er schmatzte beim Abbeißen und kam Linos' Ohr so nahe wie möglich dabei. Leider verfehlte die Verführung ihr Ziel und Macro gab auf. "Jetzt sei nicht sauer", bat er. "Ich bin ein bisschen aufgeregt und muss mich mit Aktivitäten ablenken. Dir das Essen in Herberge wegzunehmen, zählte dazu. Und übrigens, mir ist nichts Besseres eingefallen, also lass uns Vettern sein." Nebenbei hörte er den Vorschlag, eine Sitzgelegenheit betreffend. "Bänke werden wir hier nicht finden." Er sah sich um und wies wenig später auf einen Findling neben zwei gehauenen Steinbalken, die sicherlich keinen dekorativen Zweck erfüllten, sondern von jemand achtlos abgeladen und zurückgelassen worden waren.


    "Wie wäre es damit? Besprochen haben wir ja alles. Ich bin stumm, du redest, ich bin dein Vetter, aber mir fehlt noch ein Name. Wie heißt du? Ähm, wie wäre es mit Manuel? Da verspreche ich mich wenigstens nicht." Kurz darauf schlug sich Macro an die Stirn. "Ich kann ja nicht sprechen…" Er rollte die Augen und wünschte sich in die Villa Claudia hinein.


    Die Bedienung hielt die Hand auf und sagte: "55 Sesterzen." Macro fand die Pension nicht sonderlich günstig und warf Linos einen Blick zu, der heißen sollte: Hier kehren wir nicht noch einmal ein. Er kramte die Geldstücke einzeln aus dem beutel und legte keinen zusätzlich hin.
    Für ihren Proviant würden sie einfach das übrig Gebliebene einpacken. Als Linos nach einem der Hähnchenschenkel greifen wollte, hielt Macro ihn am Handgelenk fest, nahm das Fleisch und wickelte es in Pergamentpapier. "Das nächste Essen bekommst du jeweils nach vier Kilometern auf der Strecke zwischen Ostia und Rom." Er lächelte freundlich, aber bestimmt. "Jemand muss ja aufs Geld und deine Motivation zum Laufen achten." Es sollte wie eine Entschuldigung klingen. Macro lächelte nochmals.


    "Deine Geschichte finde ich aber sehr gut", lenkte er sogleich mit einem Lob vom Thema ab. "Ich als Masseur, die armen Kunden." Sein Lächeln wuchs zu einem breiten Grinsen. Gut, das mit dem Mann für alles verstand er nicht so recht. Wollte Linos Böden putzen, Wannen schrubben, Handtücher holen usw.? Wo er doch niemals gerne lief. "Bist du sicher, dass du dich für alles eignest?", fragte Macro daher skeptisch, während er aufstand und den inzwischen fertig gepackten Proviant nahm.
    "Du zeigst den Weg, …Vetter." Macro grinste wieder. Inzwischen glaubte er, dass sie doch relativ ungeschoren nach Rom hineingelangten. "Nie im Leben hält uns jemand für Vettern." Dann holte er sein kleines Reisegepäck und wartete auf Linos.



    "Freie ziehen auch nichts anderes an als wir. Einfach eine Tunika, nicht so fein wie unsere sonst", antwortete Macro. "Diese Kittel von den Knechten sind gar nicht übel. Schuhe haben wir ja auch gebrauchte an, die Geldbörse ist auch abgegriffen, zumindest die, die ich einigermaßen sichtbar tragen werde. Einkaufen müssen wir also nicht, aber wir sollten selbstbewusst auftreten." Er legte den Kopf in Schieflage und betrachtete Linos, bevor er anfügte: "Du kannst so bleiben, denke ich."
    Er dachte eine Weile über die Stelle am Tiber nach, die Linos erwähnte, war aber froh, dass der Freund selbst den Gedanken verwarf. "Stadttor, ist besser", bestätigte Macro. "Wir brauchen notfalls einen Namen und eine Geschichte. Woher kommen wir? Was haben wir bisher gemacht? Ideen?"


    Endlich kam eine Bedienung und brachte dampfende Hähnchenschenkel mit. "Hm, lecker." Macro musste schlucken. Wenig später standen noch Honig, ein Wasserkrug und eine Schale mit Oliven auf dem Tisch. Macro tauchte ein abgerissenes Stück Brot in den golden glänzenden Honig und biss genüsslich ab, nachdem er seinen Teil der Hähnchen verspeist hatte.


    "Was kosten Übernachtung , Mahlzeit von gestern und Frühstück?", fragte er die Bedienung, als sie Wasser und Wein nachschenkte.

    Macro sah ein, dass Spekulationen sie nicht weiterbrachten. Er rutschte vom Bett, stand auf und streckte sich, während er herzhaft gähnte.
    "Vielleicht hast du Recht und ich mach mir zu viele Gedanken. Mal sehen, wo ich die Lockerheit von gestern wiederfinde." Er wusch sich in der kleinen Schüssel Gesicht und Nacken, prustete dabei und fühlte sich bereits besser. "Wir kleiden uns wie durchschnittliche Peregrini. Als Sklaven würden wir sicher ausgefragt werden", schlug er vor, dann rubbelte er sich ab. "Keiner kann uns was, wenn wir in Rom Arbeit suchen. Genau. Und zu befürchten gibt es tatsächlich nichts, wenn einfache Leute Einlass begehren. Wir essen jetzt was und dann gehen wir los."
    Macro nickte und strebte bereits zur Tür.


    Der Gastraum gähnte vor Leere, als er eintrat. Auf einem der Tische standen zwei Teller, zwei Becher und ein Korb mit Brot. Macro blickte zu Linos, dann zuckte er die Schultern und ging auf den Tisch zu. Er ließ sich nieder, griff nach einem Stück Brot und brach etwas ab. Bevor eine Bedienung kam, kaute er bereits. Das beruhigte ihn.


    "Etwas Käse oder Fleisch, was zu Trinken und vielleicht Obst oder Oliven könnten wir noch gebrauchen", rief er in Richtung der Tür, die zur Küche führten musste.


    "Wir melden uns am Stadttor, oder?" Fragend blickte er Linos an.

    Es mussten die schlafarmen Tage auf dem Schiff gewesen sein, die ihn in dieser Nacht wie einen Stein schlafen ließen, obwohl er wieder in einem fremden Bett lag. Macro mochte fremde Betten nicht, aber noch viel weniger mochte er geweckt werden.


    Ein unwilliges "hmh" erklang, dann drehte er sich noch einmal um und versuchte, wieder einzuschlafen. Doch das gelang nicht, denn der Spruch 'Rom wartet' kurbelte seine Gedanken an. Er machte sich prompt Sorgen - Gedanken, die er gestern durch Scherzen zu überdecken versuchte. Es half nichts, er konnte nicht mehr einschlafen, schlug die Decke zurück und blinzelte Linos an.


    "Ich brauche ein gutes Frühstück", kündigte er an, dann stemmte er sich hoch und setzte sich mittig ins Bett. "Mann, so richtig gut geht es mir mit unserem Auftrag nicht. Ich hab wirklich Sorge, dass wir auffliegen. Was meinst du, machen die dann mit uns?"