"Dass es dir gut geht, ist das Wichtigste. Freut mich, dass du es hier aushalten kannst, auch wenn hier alles recht provinziell zugeht. Ich merke das vor allem beim Essen, manche Dinge sind für die Sklaven schwer zu bekommen, aber ich bin nicht mäklig, abgesehen davon, dass ich kein Vogelfleisch esse."
Niedlich sah sie aus, wie sie dort saß und ihre Händchen verschränkte. Sie war zweifelsohne die schönste Blume des verwilderten Gartens.
"Das Sumpffieber ist eine Erkrankung, die sich sehr lang hinziehen kann und oft tödlich verläuft", begann er in jenem ruhigen, gleichmäßigen Tonfall, den Ärzte anzuschlagen pflegen, wenn sie einen langen Vortrag begannen und bei dem es sich vortrefflich schlafen lässt, doch je weiter er fortfuhr, umso schneller und aufgeregter sprach er. "Vielleicht sind es sogar mehrere verschiedene Krankheiten, die unter diesem Begriff bekannt sind, da die Symtome sich zum Teil unterscheiden. Die Patienten leiden entsetzlich, bis sie im fortgeschrittenen Stadium in einen langen Dämmerschlaf verfallen, aus dem viele nicht mehr erwachen. Es begann in der Classis und hat sich von dort aus in der Ala ausgebreitet und für zahlreiche Todesopfer gesorgt. Auch unter meinen Bekannten."
Scato ließ keine Pause, um die aufkommenden Gedanken zu unterdrücken, die aus seiner Erinnerung aufstiegen, die Gesichter der Menschen, von denen ihm einige sehr nahegestanden hatten und die er trotz aller Fürsorge nicht hatte retten können. "Inzwischen sind die Zahlen jedoch rückläufig, da wir Ärzte einheitenübergreifend zusammegearbeitet haben, um eine Therapie zu entwickeln. Darüber bin ich froh und es macht mich auch ein bisschen stolz, da ich federführend dabei sein durfte. Es hat sehr lange gedauert, zu lange für viele der Patienten, doch heute können wir die meisten Erkrankten retten, auch wenn der Heilungsprozess sich nach wie vor über Wochen in die Länge zieht. Du kannst gern Fragen dazu stellen, aber da ich zum Monologisieren neige, wenn es um medizinische Themen geht, komme ich jetzt erstmal zu Tacitus."
Er ließ eine Pause und holte Luft, da er recht schnell gesprochen hatte. Ihm ging das Thema nach wie vor nahe.
"Zunächst ist mir die tadellose Rechtschreibung wie auch Rhetorik deines Bruders aufgefallen. Er ist also entweder ein Naturtalent oder hatte hervorragende Lehrer. Da er von Studien in Alexandria schrieb, vermute ich sogar beides, da sie dort am Museion wohl auch nicht jeden nehmen. Inzwischen wohnt er allerdings in der Domus Iunia in Rom, was hervorragend ist. Es hat mich geschmerzt, die Domus verwaist zu hinterlassen. Es ist gut, wenn er dort jetzt wohnt und Leben einzieht."
Die Sklavenschar zählte er nicht dazu, auch wenn er ein halbwegs gutes Verhältnis zu den meisten von ihnen gepflegt hatte. Er rechnete einzig die Mitglieder der Gens. "Tacitus verdingt sich jetzt als Jurist, wie euer Vater, und ist damit anscheinend erfolgreich. Außerdem hat er gebeten, dich von ihm zu grüßen, was ich hiermit erledige." Er blinzelte freundlich. "So, du hast also interessante Leute getroffen."
Scato vermutete, sie spielte auf das Fest der Gens Duccia an, zu dem er selbst leider nicht hatte erscheinen können, weil sein Dienst es nicht zuließ. Der - vielleicht absichtliche - Versprecher war ihm nicht entgangen und er deutete ihn korrekt, doch das war für ihn in Ordnung. Matidia war schließlich in dem Alter, da man sich in der Regel füreinander zu interessieren begann. "Wer sind diese Leute denn?" Jetzt grinste er verschmitzt. Mal sehen, ob sie bereit war, ein wenig zu plaudern, oder ob sie ihre neue Bekanntschaft vorerst für sich behalten wollte. Ihren Geschmack würde er zu gern wissen, rein aus Neugier.