[Exedra Aedilium] Der Sprechsaal der Aedile

  • "Er gehörte meinem Vater und vor ihm dessen Vater. Ein Familienerbstück!""
    , erwiderte der Aedil nicht ohne Stolz, selbst wenn er aus dem Stande nicht vermochte zu ästimieren, seit wie vielen Generationen eben jenes Exemplar in Umlauf war. Da seine Augen ihn in der Nähe im Stich ließen, war ihm auch leider verwehrt, die kunstvollen Schnitzereien im Elfenbein zu inspizieren, deren teils figürliche Darstellungen womöglich einen stilistischen Hinweis hätten gegeben, zu welcher Zeit sie waren geschaffen worden. Indessen zählte die genaue Provenienz wohl wenig, da doch das wichtigste war, dass er von einer langen und ehrenvollen Tradition im Hause Flavia kündete.


    Deplorablerweise stellte Manius Minor, kaum hatte er Platz genommen, fest, dass das Sitzmöbel keineswegs bequem war: Das purpurne Polster (das selbstredend nicht so alt war wie das Gestell, sondern frisch aufgepolstert worden war) war äußerst hart, der Stuhl selbst für den mäßig mit Körpergröße gesegneten Flavius ein wenig hoch, sodass er lediglich am Rande konnte hocken, wollte er nicht das ridikulöse Bild eines Magistraten abgeben, dessen Beine von seinem Richterstuhle baumelten. Dass die Sella dazu der Tradition gemäß Rücken- und Armlehne entbehrte, machte es nicht eben besser. Tapfer lächelte er dennoch in die Runde, als er endlich saß.

    "Dann lasst uns beginnen! Gibt es bereits erste Bittsteller?"


    Diese Frage mochte selbstredend rhetorisch sein, denn das Marktgeschehen ruhte kaum während der Tage der Amtsübergabe, in welchen die scheidenden Aedilen nicht selten ein geringeres Pensum zu bearbeiten pflegten, während viele Kläger und Prozessparteien, deren Verfahren schwebten, verhofften, beim neuen Amtsträger mehr Glück zu haben als beim alten.

  • Nun folgte ein Moment, in welchem Ravilla sich etwas hilflos wähnte, da er gern beginnen wollte mit seiner Arbeit, jedoch keine konkreten Handlungsoptionen sah. Diese temporäre Unsicherheit spiegelte sich wohl auch in seinem Antlitz, als er sich umblickte, was die anderen nun tun würden und hernach Blickkontakt mit seinem Magistrat suchte, der sich inzwischen auf dem prunkvollen Möbelstück niedergelassen hatte. Ravilla nahm er an, er solle warten und sich in gutaussehender Manier bereithalten, bis Gracchus Minor ihm Instruktionen erteilte, doch womöglich lag er damit auch falsch und es wurde erwartet, dass er einen Stapel Wachstafeln und etliche Rollen Papyri aus einem der Offici holen mochte, um sich deren Abarbeitung zu widmen.

  • Auch Manius Minor war neu auf seinem erhobeneren Posten und similär zu Seius Ravilla, der zusammen mit den beiden Juristen aus der flavischen Klientel, dem übrigen privaten Consilium, und seinem Accensus auf einer Bank zu seiner Rechten platziert wurde, voller Erwartung, wie der aedilicische Alltag sich gerierte. Tatsächlich erschienen jedoch zunächst ordinäre Kaufleute, Händler und Handwerker in einer schier endlosen Reihe, welche Klagen wegen Verstößen ihrer Konkurrenten gegen die Lex Mercatus vorbrachten, sodass die Fälle zunächst sorgfältig aufgenommen und sodann zur Entscheidung archiviert wurden. Der Aedil hatte nichts zu unternehmen, als stets jovial zu nicken und die Parteien mit einer Salutation zu verabschieden, das Consilium hingegen nur dabei zu sitzen und gelehrt dreinzublicken.


    Erst als der Praeco eine kleine Pause verkündete, ergab sich Raum für eine interne Beratung auf dem Tribunal.

    "Flavius, es wäre nun an der Zeit, die Klagen zu prüfen, um jeweils ein Edictum wegen Strafverhängung erlassen zu können."

    , erklärte Sabinius Maro, der erfahrene Advocatus neben Ravilla auf der Consilium-Bank, der eben aus jenem Grund zu den Begleitern Gracchus Minors war erkoren worden, weil er als ehemaliger Scriba in staatlichen Diensten über eine exzellente Verfahrenskenntnis in öffentlichen Verwaltungsakten wie der Strafpraxis der Aedile verfügte.

    Die Erklärung erweckte bei Minor indessen gleich die Furcht, nun höchstselbst sich ins Getümmel stürzen zu müssen und er fragte nicht ohne Irritation:

    "Wem obliegt jene Prüfung? Ich hoffe, ich habe nicht alleinig die Marktstände abzuschreiten?"

    "Nein, nein. Normalerweise übernehmen das abgeordnete Milites der Cohortes Urbanae. Hast du diesbezüglich bereits mit dem Praefectus Urbi gesprochen?"

    Selbstredend war dies eine rhetorische Frage, denn Sabinius Maro war in jedwede Aktionen hinsichtlich des flavischen Aedilats involviert gewesen und hätte diesbezüglich zweifelsohne Kenntnis gehabt.

    "Dies scheint mir entfallen zu sein."

    , erwiderte Minor nachdenklich und legte die Stirn in Falten. Einen Augenblick schien er still nachzusinnen, dann fiel sein Blick auf den Seius:

    "Seius, wie wäre es, wenn du dich zur Praefectura Urbis... oder gleich der Castra Praetoria aufmachst und dort einige Soldaten zu unserer Verfügung organisierst? Ich sende dir gern ein offiziöses Schreiben mit, welches dich legitimiert. Sodann könntest du direkt die Soldaten bei der Überprüfung der Klagen eskortieren. Was denkst du?"

    Dies mochte keine sonderlich staatstragende Aktion darstellen, doch gehörten Kontrollen zu den wichtigsten Aufgaben der öffentlichen Administration, mit welcher Ravilla einst als Magistrat auch befasst würde sein. Dessenungeachtet erfüllte er dem Aedil damit eine wenig geliebte Obliegenheit, sodass auch schlicht praktische Überlegungen den Senator dazu motivierten.

  • "Sehr wohl, Ädil. Ich werde mich sogleich auf den Weg machen. Sollen wir hernach dich abholen oder allein losziehen? In letzterem Fall benötige ich bitte ergänzend zum offiziösen Legitimationsschreiben eine Kopie der Liste jener zu überprüfenden Geschäfte respektive Personen."

  • "Wenn sich die Option ergibt, werde ich auch einmal mich beteiligen, doch ich muss sehen, was mir heute noch obliegt."

    , erklärte der Aedil, der ohnehin nur mäßig Neigung verspürte, sich in die engen und wenig ansprechenden Läden der Plebs zu begeben, um selbst ein Auge auf Maße und Gewichte zu haben, nachdem selbst er den Einkauf persönlicher Gegenstände für gewöhnlich seiner Dienerschaft überließ.

    "Grundsätzlich gilt es, die Maße und Gewichte aller Gewerbe zu kontrollieren, sodass primär es um Stichproben geht. Gibt es dafür eine festgelegte Reihenfolge?"

    Er blickte fragend in die Runde seiner Berater, welche den Kopf schüttelten.

    "Für heute könntest du nach Gusto beginnen. Du solltest jedoch systematisch vorgehen und die vermerken, wo wir bereits waren."

    Der Scriba hatte sich bereits daran gemacht, eine Bescheinigung auszustellen, welche er nun mit dem offiziellen Amtssiegel des Flavius siegelte und dem Seius reichte:

    TESTIMONIUM AEDILIS CURULIS

    KAL MAR DCCCLXXI A.U.C.

    (1.3.2021/118 n.Chr.)


    Hiermit verleihe ich dem Civis Galeo Seius Ravilla die Vollmacht, in meinem Namen mit den Cohortes Urbanae über die Abordnung von Milites für den Vollzug seiner Amtspflichten zu verhandeln.


    Ihm ist wie dem Aedilis Curulis selbst Gehorsam zu leisten und Achtung entgegenzubringen.


    Manius Flavius Gracchus Minor


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    "Für die Kontrollen selbst werden die Milites dir dann die erforderliche Autorität verleihen, dafür wird keine separate Vollmacht vonnöten sein."
    , warf Sabinius Maro ein und Minor nickte. Mit einem Lächeln auf den Lippen fügte er an:

    "Gleich am ersten Tag trittst du in meinem Namen auf: Bereite mir keine Schande!"

  • Ein Bote brachte das Schreiben mit der Anweisung vorbei, eine Antwort mitzubringen, falls das die Zeit des Aedils erlaubt.



    Ad

    Aedilis Curulis

    Manius Flavius Gracchus Minor

    Basilica Iulia
    Roma



    Die Factio Praesina meldet hiermit ihre Teilnahme an den Wagenrennen zu den Ludi Megalenses. Wir bedanken uns für die Einladung, haben aber noch eine Rückfrage. In welcher Größenordnung werden die Waagenrennen sein bzw. wie viele Aurigae dürfen maximal pro Factio an den Start gehen?


    H. Claudius Menecrates  



    363-d488bc15.png



    ANTE DIEM III ID MAR DCCCLXXI A.U.C. (13.3.2021/118 n.Chr.)


     




  • Aedilis Curulis

    Manius Flavius Gracchus Minor

    Basilica Iulia

    Roma



    Manius Octavius Gracchus M. Flavio Graccho M. Aedilis Curulis s.p.d.



    Wir nehmen die Einladung als führende Factio dankend an und freuen uns am Ludi Megalenses teilnehmen zu dürfen.


    Weitere Details werden erwartet.


    Vale bene,


    M. Octavius Gracchus

    Dominus Factionis - Factio Russata


  • Aedilis Curulis

    Manius Flavius Gracchus Minor

    Basilica Iulia

    Roma


    Die Factio Aurata gibt hiermit ihre Teilnahme zu den geplanten Waagenrennen kund.


    Vicarius Domini Factionis

    Galeo Claudius Gallus

  • Ehe der Seius davoneilen konnte, fiel dem Aedil noch eine weitere Anweisung ein:

    "Bei dieser Gelegenheit könntest du im übrigen gleich einen Termin mit dem Praefectus Urbi anberaumen, um die Sicherheit bei den Ludi zu erörtern! Ich komme gern hinüber zu ihm in die Praefectura Urbis, wenn ihm dies beliebt!"
    Auch wenn heute der erste Tag seines Amtes war, so würde die Zeit allzu schnell verrinnen, ehe die ersten Spiele würden kommen!

  • Aedilis Curulis

    Manius Flavius Gracchus Minor

    Basilica Iulia

    Roma


    Die Factio Aurata meldet Sotion und Tanco zu den geplanten Waagenrennen.


    Vicarius Domini Factionis

    Galeo Claudius Gallus


  • Aedilis Curulis

    Manius Flavius Gracchus Minor

    Basilica Iulia

    Roma



    Manius Octavius Gracchus M. Flavio Graccho M. Aedilis Curulis s.p.d.



    Danke für deine sehr schnelle Antwort.

    Unsere Wagenlenker werden zum einen aus dem fünfmaligen Sieger Proteneas und unserem Neuling Tamos bestehen.


    Vale bene,


    M. Octavius Gracchus

    Dominus Factionis - Factio Russata


  • Ravilla nahm das Schreiben zusammen mit den Anweisungen entgegen. "Selbstredend werde ich deinem Namen die ihm gebührende Ehre machen! Wir sehen uns in einigen Stunden. Gehab dich wohl."


    Wie lange Ravilla benötigen würde, musste sich zeigen, doch allein für die Wegstrecken würde er seine Zeit benötigen. So beschloss er, zum Zwecke der Bequemlichkeit und Repräsentation seine Sänfte zu nehmen, welche mit ihren falschen Seidenkissen ausstaffiert noch in der Casa Leonis parkte.


    RE: [Porta Praetoria] Haupttor (Vor dem Betreten des Lagers hier melden!) -->

  • Absicherung der Ludi Megalenses


    Die Milites Manius Purgitius Lurco und Sisenna Iunius Scato begeben sich zum Aedilis Curilis Flavius, um den Bedarf für die Absicherung der Ludi Megalenses zu eruieren.

    Die Verantwortung trägt der Miles Purgitius... so hatte der Aushang des Praefectus urbi Herius Claudius Mencrates gelautet. Und so hatte sich Lurco in Begleitung von Scato wie gewünscht und befohlen bei den Aedilis eingefunden.


    Die Aedile fanden sich zu gewissen Zeiten in der Exedrae der Basilica Iulia ein und dort konnte man als Bürger sein Anliegen vortragen. Allerdings war es heute umgekehrt, denn Aedilis Curilis Flavis hatte ein Anliegen an die Cohortes. In voller Pracht und Montur betraten die beiden Urbaner das Gebäude und schauten sich um. Das Stimmengewirr war gewaltig, die Schreiber versuchten für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Erstes war ein schier aussichtsloses Unterfangen, Letzteres gelang ihnen erstaunlich gut.


    Lurco trat an den nächstbesten Schreiber heran.

    "Salve, Aedilis Curilis Flavius erwartet uns - Sisenna Iunius Scato und Manius Purgitius Lurco, beide Cohortes Urbanae, zwölfte Kohorte, dritte Zenturie, siebtes Contubernium", erklärte Lurco freundlich.






  • Der Schreiber erkannte natürlich sofort, dass die beiden Soldaten in offizieller Mission unterwegs waren. Entsprechend führte er die beiden an der Schlange der Bittsteller vorbei direkt vor den Aedil. Dieser saß wie üblich auf seiner Sella Curulis und ging seines Amtes nach. Als der Scriba Lurco und Scato meldete, schenkte der Flavius den beiden ein höfliches, doch distanziertes Lächeln.

    "Salvete! Der Praefectus Urbi schickt euch, nehme ich an?"

  • Lurco schaute auf den Mann herab, der so freundlich und berufsmäßig lächelte wie ein Pfandleiher. Vermutlich bemerkte der Mann schon gar nicht mehr, wenn er beim Gruß die Lippen zu diesem Berufslächelen verzog. Genauso wenig wie sie die wachsame Zornesfalte auf der Stirn als Zeichen "bin im Dienst" nicht bewusst trugen. Deshalb nickte Purgitius geflissentlich, denn genau so wie es Aedil vermutete, war es auch.


    "Absolut korrekt, wir sind auf Geheiß des Praefectus Urbi hier. Die Milites Manius Purgitius Lurco und Sisenna Iunius Scato begeben sich zum Aedilis Curilis Flavius, um den Bedarf für die Absicherung der Ludi Megalenses zu eruieren. Die Verantwortung trägt der Miles Purgitius... so lautet der direkte Befehl des werten Praefectus urbi Herius Claudius Mencrates. Wir sind hier, wo erwartet uns Aedilis Curillis Flavius? Ich vermute er möchte in ruhiger Runde mit uns sprechen", antwortete Lurco höflich.


    Immerhin ging es um die Sicherheit einer Veranstaltung, möglicherweise sogar einer Großveranstaltung. Da musste alles seine Ordnung haben.

  • Scato überließ Lurco das Wort. Zum einen, weil sein Kamerad die Verantwortung obliegen hatte, doch es ergab sich auch ganz natürlich aus ihren unterschiedlichen Spezialisierungen, dass Lurco in dieser Sache führte. Scato seinerseits freute sich, dass sie aus der Castra herauskamen. Dies waren seine ersten Megalesia aus der Perspektive des Urbaners!

  • Dem Flavius echappierte ein vergnügtes Lachen, als der Miles sich nach seinem Verbleib erkundigte, da doch so augenscheinlich er die gesuchte Person war, wie nicht allein sein extravagantes Sitzmöbel, auf dem zu sitzen den curulischen Magistraten sowie diversen kaiserlichen Amtsträgern vorbehalten war, sondern ebenso seine Position inmitten der Exedra der Basilica und umgeben von einer Schar an dienstbaren Geistern recht deutlich anzeigte.

    "Ich bin es höchstselbst. Meinen Scriba würde ich kaum auf der Sella Curulis Platz nehmen lassen."

    , erklärte er daher mit sichtlichem Amusement und deutete auf seine Brust. Da der Sprechende, dem augenscheinlich sämtliche Insignien seines hohen Amtes waren entgangen, in der dritten Person von einem Miles Purgitius sprach, hielt Minor dafür, dass es sich bei dem schweigenden Miles um jenen Purgitius handelte, sodass er sich diesem zuwandte.

    "Nun, Miles Purgitius: Ich danke euch, dass ihr gekommen seid, um mit mir die offenen Fragen zu erörtern. Wie umfangreich nimmt sich der Klärungsbedarf denn eurerseits aus?"

    Je nach dem würde er dies rasch in persona klären oder an einen seiner Berater delegieren.

  • Lurco musste sich ein Grinsen verkneifen, so etwas konnte im Eifer des Gefechts geschehen oder in der ersten Aufregung. Immerhin war dies sein erster Auftrag dieser Größe. Zum Glück nahm des der Mann mit Humor.


    "Mein Fehler Verzeihung. Dann grüße ich Dich erneut mit allem gebotenen Respekt Aedilis Curillis Flavius. Das ist Sisenna Iunius Scato, ich bin Manius Purgitius Lurco. Zur Aufklärung wer wir beide sind habe ich den Befehl unseres Praefectus Urbi rezitiert. Du hast Recht, wir sind hier um mit Dir die offenen Fragen für die Absicherung der Ludi Megalenses zu erörtern. Bitte teile mir die Eckdaten der Veranstaltung mit, soweit sie Dir schon geläufig sind sowie Deine Wünsche", bat Lurco und zückte eine seiner Wachstafeln.

  • Scato wollte gerade den Mund aufmachen, schloss ihn jedoch wieder, als Lurco sich verbal Raum schuf. Der sehr viel zierlichere Scato schaute kurz perplex, dann wieder vollkommen neutral, fand seine Gefühlswelt jedoch schwankend zwischen Amusement und der Sorge, alles zu vermasseln. Er schloss einen Moment die Augen und atmete langsam durch die Nase aus, nickte höflich, als Lurco ihn vorstellte.


    Er meint es ja nur gut, dachte Scato mit einem Anflug von Verzweiflung.


    Das letzte Mal, als er es gut gemeint hatte, war Lurco halb tot von oben bis unten aufgeschlitzt zurück in die Castra gekrochen.

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