Beiträge von Lucius Albius Decius

    Jetzt schien es erst richtig hart zu werden. Etwas gehetzt sah Lucius über die linke Schulter um sich zu vergewissern dass sein Nebenmann auf dieser Seite den Schwenk ebenfalls gut genug vollzogen hatte um die Formation nicht zu zerstören. Zum Glück war das der Fall, aber nicht alle die er da erblickte hatten es geschafft, genau auf ihrer Position zu bleiben. Lucius sah kurz dankbar auf den Nacken seines Tieres, dann hob er den Blick wieder und konzentrierte sich erneut. Mal sehn was der Decurio noch so im Sinn hat...

    Lucius beäugte neugierig wenn auch unauffällig die Neuankömmlinge, die sich so eifrig mit den Offizieren unterhielten. Irgendwie unterschieden sie sich optisch von den anderen Männern auf dem Platz, hatten andere Haare und wirkten neben dem einen oder andren Soldaten germanischer Abstammung eher etwas zierlich. Doch ihre Muskeln deuteten auf etwas Anderes hin. Fremdländer...interessant. Na mal sehen wie die sich schlagen würden!

    Lucius hatte keine Fragen, vor seinem geistigen Auge sah er sich schon gemeinsam mit den anderen auf eine gröhlende Horde wütender Barbaren zugalloppieren und in sie hinein...er schüttelte sich kurz und konzentrierte sich dann auf ein anderes Bild. Das eines feindlichen Reiters, der mit erhobenem Schwert auf ihn zuraste während Lucius krampfhaft versuchte, sein Tier zu beruhigen und es auf den Gegner zu zu lenken. Nein, auch nicht gut. Vielleicht sollte er daran wieder denken wenn ein paar mehr Wochen ins Land gegangen waren...

    Lucius und sein Gescheckter meisterten die meisten der Übungen recht gut, wenn man auch ab und an deutlich erkennen konnte, dass sie noch kein wirklich eingespieltes Team waren und dass der junge Mann noch nicht lange mit Waffen hantierte. Dass der Praefectus zusah erzeugte unter den Probati eine angespanntere Stimmung als sonst, was ihre Tiere natürlich merkten und was sich auf diese übertrug. So war es noch etwas schwieriger als sonst - vor Allem für die Männer ohne große Reiterfahrung - die Tiere zu lenken...

    Lucius rümpfte entnervt die Nase und zog seine Sandalen aus um zu vermeiden, dass immer wieder Schlamm zwischen deren Leder und seine Füße kam. Es gab kein Schuhwerk das bei diesem Wetter nicht schon völlig durchnässt gewesen wäre und der Rest seiner Kleidung war es ebenfalls schon eine ganze Weile. Trotzdem schippte er weiter, Schaufel für Schaufel nasse Erde auf den Wall, der an vielen Stellen schon wieder zerlief weil die Kameraden eben mehr Wasser darauf schippten als er vertrug... Überall hörte man angestrengte Männer fluchen als der Regen ihre Arbeit wieder zunichte zu machen drohte.

    Lucius betrat den Raum und wurde sich gleich der Anwesenheit der Offiziere bewusst. Wieso waren die denn alle auch hier ?! Naja, das bedeutete ja nur wieder neuen Ärger. Lucius setzte sich rasch irgendwo hin und versuchte unauffällig und klein zu wirken.

    Natürlich ging beim Befehl die volle Ausrüstung anzulegen ein Murren durch die Reihen, andererseits gab es auch das eine der andere erfreute Gesicht unter den Männern, denn jetzt ging es endlich mal los. Man war hier zum Lernen, nicht um eine schöne Zeit zu haben. Immerin würde man alles erworbene Wissen später einmal dringend brauchen. Natürlich gab es Einige, die das nicht so sehen wollten und die lieber einen weiteren Tag frei gehabt hätten, aber die Mehrheit hatte selbst angesichts der offensichtlich außergewöhnlich schlechten Laune des Decurios kein Problem. Lucius führte dies auf das langsam immer stärker werdende Gruppengefühl zurück, denn die Männer waren nun nicht länger nur Gesichter die einen umgaben, sie hatten Namen und man hatte in den letzten Wochen schon Einiges Seite an Seite durchstanden. Auch Lucius stellte sich mit seinem Tier in die erste Reihe. Er fand die Ausrüstung garnicht so schwer...allerdings würd sie das im Laufe des Tages wohl noch werden!

    Lucius und seine Nebenmänner realisierten auch, dass bei dem Wetter nicht mehr viel zu wollen war. Wenn der Regen noch etwas mehr zunahm musste man statt Erde Wasser schaufeln damit der Graben nicht volllief. Lucius wandte sich an seinen Vorgesetzten. Duplicarius! Ich habe eine Frage! Was machen erfahrene Legionäre wenn sie beim Graben solch ein Wetter bekommen, vielleicht sogar im Sommer, wenn der Boden nicht gefroren ist und entsprechend mehr Wasser aufnehmen kann? Und halten professionell errichtete Wälle einem solchen Wetter längere Zeit stand ?!

    Und die Männer traten an, der eine oder andere noch die letzten Reste eines eilig heruntergeschlungenen Kanten Brotes am Kauen, andere mit knurrenden Mägen oder verschlafenen Gesichtsausdrücken. Lucius stellte sich in die erste Reihe der Formation und schluckte seinen letzten Bissen Brot herunter. So richtig wac war hier heute wohl fast keiner, da die meisten den gestrigen Abend genutzt hatten, um sich in diversen Bordellen oder Tavernen herum zu treiben. Die Pferde sahen da schon wesentlich ausgeruhter aus...

    Vielleicht haben sie schon die Taverne unterwandert und wir werden gleich dort am Tisch ermordet! entgegnete Lucius, vielleicht etwas zu dick auftragend, allerdings ohne irgendwie verdächtig zu klingen. Es ist keine beruhigende Vorstellung, den Feind nur einen Pfeilschuss weit weg zu wissen...

    Hm...du wirst mich für verrückt erklären...aber ich habe den gesamten morgigen Tag schon verplant. Ich werde früh morgens schon zum Übungsplatz aufbrechen...Er zwinkerte Scaevola zu als Tranquilius kurz zur Seite sah. Danach werde ich mein Pferd in den Stallungen besuchen...aber ich denke für die Taverne bleibt heute wirklich noch Zeit!Ein leichtes Grinsen - wieder unbemerkt von Tranquilius signalisierte, dass es ab jetzt etwas phanthastischer wurde.Wer weiss...vielleicht fallen wir ja morgen schon durch die Hand der Germanen. Ich habe gehört dass sie einen Angriff planen...sie sammeln sich in den Wäldern...Er stieß Scaevola leicht in die Rippen um ihn zum Mitmachen zu animieren.

    Lucius lag auf seiner Pritsche und lauschte Scaevolas Worten. Latrinendienst, achja, da war ja was...armer Scaevola. Irgendwie tat er Lusius leid, aber tauschen wollte er wirklich nicht mit ihm. Dienst in der Latrine war die verhassteste Arbeit im ganzen Castellum. Der Neue sah ja irgendwie grün hinter den Ohren aus...konnte man das mit etwas mehr als einem Monat 'Vorsprung' schon denken? Lucius grinste...

    Wie jetzt, ein freier Tag? Was sollte das denn? Jetzt wo es gerade anfing, Spass zu machen! Lucius hatte sich in den vergangenen Wochen oft gewünscht, mal einen Tag einfach nur auf seiner Pritsche liegen zu können, aber mittlerweile war er sehr motiviert, vor Allem jetzt, wo mit Pferden gearbeitet wurde, den Tieren, mit denen er groß geworden war. Ein freier Tag...naja gut, dann würde er sein Ausdauertraining auf dem Übungsplatz fortsetzen, den Mittag über ausruhen und am Nachmittag bei seinem Pferd vorbeischauen um etwas Zeit mit ihm zu verbringen. Eine Beziehung zu einem solchen Tier aufzubauen war nichts was man mal eben neben einem anstrengenden Training tat das Konzentration erforderte. Aber es war wichtig, damit Reiter und Reittier wirklich eins werden konnten. Gedankenversunken führte Lucius den Gescheckten in Richtung der Ställe, den Neuling kaum bemerkend der da gerade mit dem Decurio sprach. Der Schatten eines Lächelns huschte über sein Gesicht als er an seinen ersten Tag zurückdachte, 'damals',vor wenig mehr als einem Monat...

    Lucius hatte sich wieder neben den Männern aufgestellt mit denen er schon früher am Tag gegraben hatte. Ein großer breitschultriger Kerl namens Pontius und ein untersetzter, schlecht rasierter namens Titus. Auch deren Nebenmänner warteten ruhig bis einer den Takt vorgab, dann fielen sie ein und so arbeitete etwa ein Viertel der Leute in der Abteilung im selben Takt und war dadurch leicht schneller als die andren. Obwohl der Wind kalt und die Erde nach wie vor gefroren war lächelte so mancher...

    Es war allerdings KEIN schöner Tag dachte sich Lucius als er an Scaevola, dem Duplicarius und einem ihm unbekannten Dritten vorrüberging um gemeinsam mit den übrigen Probati in die Wärme der Unterkünfte zu flüchten. Ein schöner Tag in Germanien war einer an dem die Sonne schien und wo der Wind langsam die Gräser auf den Hügeln bewegte...darüber blauer Himmel und singende Vögel in den Bäumen. Sommer eben, das Gegenteil von einem kalten Winter, in dem man zu allem Überfluss noch dazu gezwungen war, sinnlos in der Erde herum zu schaufeln. Lucius schnappte das Wort Latrinendienst im Vorbeigehen auf und verzog ein wenig das Gesicht beim Gedanken daran. Als ob es einem nicht ohnehin schon oft so vor kam als würde einem die...na eben die Stoffwechselendprodukte bis zum Hals...aber egal, auf in die Unterkünfte!

    Lucius stellte sich mit den anderen entlang der Markierungen auf. Er nahm den Spaten fest in die Hände und rammte ihn in den Boden. Zumindest dachte er er würde das tun. Aber anstatt ins Erdreich einzudringen prallte der Spaten nur mit einem metallischen *klonk* von einem Stein ab. Lucius fluchte und stieß wieder zu, diesmal fester. Und es klappte - der Spaten versank zu einem guten Dritten im Boden. Lucius hebelte das Erdreich heraus und stach wieder zu. Wenig später war die ganze Mannschaft ächzend und keuchend dabei zu graben, aber viele hatten Probleme einen richtigen Rhythmus zu finden und stolperten vielmehr um den Spaten herum als dass sie wirklich gruben. Lucius stützte sich kurz auf seinem Arbeitsgerät ab und nahm dann die Hacke zur Hand. Er seufzte, dann hatte er eine Idee. Als er die Hacke über den Kopf hob rief er laut ,,UND!'' und als er sie gen Erde sausen ließ rief er ,,EINS!'' Die nebenstehenden Männer sahen ihn einen Moment lang verwirrt an, dann fielen sie ein und schlugen auf das Erdreich ein während sie immer wieder die Worte riefen. Nach wenigen Augenblicken grub und hackte die ganze Reihe der Probati im selben Takt - und gleich ging es etwas schneller.

    Lucius stand mit Schild und Speer einen Moment lang etwas ratlos neben dem Pferd, dann legte er den Kopf schief, atmete einmal tief ein und setzte sich mit Schwung auf den Rücken des Gescheckten. Fast ein Wenig zu viel Schwung, aber er blieb oben. Ein Ausdruck der Zufriedenheit huschte über sein Gesicht, dann trieb er das Tier in Richtung der Puppe an. Er nahm den Schild vor den Torso und lehnte sich ein wenig nach rechts um dann rasch zuzustoßen und wieder zurückzuziehen als er links an der Puppe vorbeiritt. Die Hasta verrutschte beim Auftreffen auf die Brust der Puppe ein Stück in seiner Hand und er schüttelte leicht den Kopf. Nächstes Mal sollte er sie fester halten...aber da war dieser stechende Schmerz in seinem Unterarm immer wenn er zupackte...

    Lucius stieß die Luft zwischen den Zähnen heraus und wartete bis er an der Reihe war. Dass es zunehmend schwieriger wurde war logisch, dass der Decurio nun, da der Praefectus anwesend war, noch schneller durch die Lektionen ging wahrscheinlich. Abermals spornte er sein Pferd an, galoppierte auf die Puppe zu, zog, lenkte das Tier nach links und schlug zu. Die Puppe hätte sein Knie gestreift wäre das Tier nicht schnell gefolgt. Begleitet vom grimmigen Gesichtsausdruck des Probatus knallte die Holzklinge des Übungsgladius auf Mundhöhe gegen den Kopf der Puppe...