Beiträge von Gaius Iulius Sabinus

    HA! Das nannte ich doch mal eine günstige Gelegenheit! Eine ganze Villa nur für mich alleine und niemand da der hier auf das Personal aufpasste! "Hmmm...während der Abwesenheit von Senator Centho und meines Cousins übernehme ich hier die Haushaltsführung." "Sei bitte so gut und sage dem Aufseher das die Sklaven gleich ein passendes Zimmer für mich herrichten." Die Frage nach dem Würzwein beantwortete ich nur mit einem freundlichen Nicken. In der Tat hatte ich erstmal das Verlangen mich von der langen Reise zu erholen. In meiner Börse befanden sich 250 Sesterzen, Geld welches ich mir im Schweiße meines Angesichts auch redlich verdient hatte. Der Leiter der Arsenalswerft war sehr zufrieden mit meiner Arbeit gewesen und hätte mich am liebsten noch den ganzen Winter über in Misenum gehalten aber mein Verlangen nach der Heimat war stärker. Immerhin ließ sich während der Saison gutes Geld verdienen. Zehn Triremen und sechs Liburnen hatte ich geholfen zu reparieren, dazu noch drei Neubauten. Die Monate in Misenum steckten mir tief in den Knochen. "Wenn du mir den Würzwein gebracht hast schicke nach einem Masseur und einem Bader...und lass das Bad anheizen...ich brauche dringend etwas Entspannung!"

    Um dem Chaos und einer eventuellen Verhaftung durch die Truppen des siegreichen Senators Palma zu entgehen, war ich im Sommer dieses Jahres in den Süden an den Golf von Neapolis geflohen.
    In Misenum bewarb ich mich als Faber Navalis und arbeitete dort einige Zeit lang auf der Werft, ohne das es irgendwelche besonderen Ereignisse gegeben hätte. Misenum war ein verschlafenes Nest und nach der Verlegung des Flottenoberkommandos nach Alexandria wurde es dort noch einsamer. Obwohl es keinen Mangel an Arbeit gab, plagte mich doch die Langeweile und so quittierte ich schon bald meinen Dienst und wanderte nordwärts zurück nach Ostia. Inzwischen war der Senator Palma zum Kaiser avanciert und so nach und nach kehrte wieder Ruhe und Ordnung ein im Reich.


    Nach einigen Tagesmärschen erreichte ich die Villa Rustica meines Vetters Dives. So stand ich vor dem Tor, gekleidet in eine blaue Tunika und einen ebensolchen Mantel. Das Haar nach traditioneller römischer Art frisiert, so wie es die Soldaten trugen. Ich hatte mich etwas verändert, war ein klein wenig älter geworden, aber was sind schon 19 Jahre? Das Leben lag doch noch vor mir und ich zerbrach mir schon andauernd den Kopf darüber, wie ich es wohl am sinnvollsten gestalten sollte.
    Mittlerweile war es Dezember geworden. Ein kalter Wind wehte aus Nordost. Ich hatte Glück gehabt. Bisher blieb die Westküste von Schneestürmen und ähnlichem verschont, so das man ungehindert Reisen konnte. "Salve!" "Ich bin Gaius Iulius Sabinus, Vetter des Marcus Iulius Dives!" Mit diesen Worten kündigte ich mich beim Torwächter an.

    Massas Gedanken waren bei dem neuen Flaggschiff und er schien sich schon auf die Jungfernfahrt zu freuen. Allerdings würden wohl kaum so weit entfernte Provinzen wie Syria oder Aegyptus als Reiseziele in Frage kommen. Kurze Abstecher nach Sizilia oder Hellas kämen da wohl schon eher in Frage. Das genügte vollkommen um die Seetüchtigkeit von Schiff und Crew zu erproben. Ich grübelte grade noch etwas über die Konstruktion der Trireme und Massas nacktem Körper als der Centurio das Thema plötzlich in eine völlig andere Richtung lenkte. "Hmmm...den Tempeln in Rom geht es gut, aber es sind derer so viele, das man hier und dort immer etwas restaurieren oder ergänzen muss." "Irgendwo stehen da immer irgendwelche Baugerüste." "Rom wird nie vollkommen fertig gebaut werden." Damit wandte ich mich wieder verstohlen dem Studium seiner Anatomie zu um gleich darauf nochmal unterbrochen zu werden. Ahhh...jetzt kam es gleich Faustdick, er wollte eine kleine Statuette für sein Lararium. Spöttelnd entgegnete ich...."Klar wenn du irgendwoher Bronze, Silber, Gold oder Elfenbein auftreibst...und...du musst mir als Neptun Modell stehen!" Mit diesen Worten und einem frechen Grinsen tauchte ich erstmal ab und schwamm noch eine Runde.

    Ohne langes Zögern hechtete ich Massa hinterher."Buahhh...schön kalt!!!" Jetzt galt es erstmal eine Runde zu drehen. Gleich einem Delfin glitt ich durch das Wasser, tauchte ab, schlängelte mich wie ein Aal an den einen oder anderen Badegast vorbei. Massa war kurz abgetaucht, kam aber gleich wieder prustend und schnaubend an die Oberfläche. Ein schöner Mann, ohne Zweifel einer der attraktivsten Centurionen welche die Classis vorzuweisen hatte. Während er noch sein nasses Haar bändigte, begutachtete ich verstohlen das Spiel seiner Muskeln. Alles war gut durchproportioniert, meinem eigenen Körper nicht unähnlich. Er gäbe ein gutes Modell für ein Standbild des jungen Mars ab, dachte ich noch so bei mir, als Massa mich mit seiner Frage unterbrach. "Uhhh...??!!! Trireme? Welche Trireme?...Ach so ja dieses große Prachtstück!"

    So da waren wir endlich, Massa voraus und ich hinterher fluchs in den Umkleideraum. Die Atmosphäre war etwas schwül, aber dennoch ausgesprochen luxuriös und einladend. Die hiesige Badeanlage stand in Ausstattung und Service vergleichbaren stadtrömischen Anlagen kaum nach. Schweißperlen bedeckten mein Gesicht. Offengestanden war ich froh mich endlich dieser verdreckten Tunika entledigen zu können. Gemächlich löste ich den Gürtel und streifte das lästige Ding dann langsam über meinen Kopf und warf es verächtlich in eine der Kleidernischen. Nun waren die Sandalen an der Reihe. In wenigen Augenblicken stand ich vollkommen nackt da, tiefgebräunt und durchtrainiert wie ein griechischer Athlet. Der Dampf und die Hitze ließen sofort den Schweiß aus all meinen Poren hervorbrechen. Ich verwandelte mich in soetwas wie eine lebende, auf Hochglanz polierte Marmorstatue. Für einen kurzen Moment senkte ich den Kopf und blickte etwas verstohlen auf meinen Intimbereich, ja die Götter hatten es gut mit meinem Körper gemeint und zugegeben ich war auch ziemlich stolz darauf. Mit einem sinnlich, spöttelnden Lächeln in Richtung meines Gegenübers bemerkte ich: "So ich wäre dann soweit, auf in die Schlacht!"

    Auf dem Weg zur stützpunkteigenen Wellnessoase erläuterte mir Massa lang und breit die saisonal eingeschrenkte Nutzung der hier stationierten Kriegsschiffe. Die Triremen und Liburnen der Classis waren in erster Linie "Schönwetterfahrzeuge" und konnten nur bei ruhiger See und milden Temperaturen adequat gehandhabt werden. Mit ihren 40 Metern Länge und 6 Metern Breite sowie eines Tiefgangs von maximal 1,80 Meter waren sie im Gegensatz zu den rundlichen Frachtschiffen vergleichsweise labile und instabile Fahrzeuge, aber dennoch hatten sie sich als Kriegsschiffe in den letzten 600 Jahren gut bewährt und waren seit den Tagen der ersten griechischen Trieren auch kaum nennenswert weiterentwickelt worden. Die neuerbaute Trireme, welche mir beim gemeinsamen Gang zur Therme so überaus schön ins Auge stach machte da keine Ausnahme. Mittlerweile waren wir an der Porta der Therme angekommen. Der Eingang war dekorativ ausgeführt, mit Säulen und zwei Nischen für Statuen welche Meeresgottheiten zeigten. Mit einem spöttischen Grinsen wandte ich mich an meinen Begleiter: "So da wären wir, gehst du zuerst in die Höhle des Löwen oder brauchst du mich als Vorhut um die Lage auszukundschaften?"

    Natürlich hatte ich die neue Trireme schon beim Gang über das Werftgelände hin zur Therme bemerkt.
    Da ich aber keine Zeit hatte und auch kein Mitglied der Classis war, blieb nur eine sekundenschnelle Begutachtung aus dem Augenwinkel. Jaaa...die war wirklich hübsch und elegant, fast wie zum Prätorialschiff geboren!


    8o

    So war es also um die Classis bestellt, der Praefectus Dragonum war vom neuen Kaiser in allen Ehren entlassen worden und nun wartete ganz Misenum auf die Ernennung eines neuen Oberbefehlshabers.
    Die Hitze hier in Campanien war wirklich erdrückend, sogar im Quartier des Centurio war es warm und stickig, dazu noch überall Mücken! Der schwüle Wind wehte aus südlicher Richtung von Afrika herüber und durchdrang jede Ritze und Fuge des Arsenals. Sabinus war wirklich erschöpft, dankbar nahm er den Becher Wein entgegen. Zugegeben eine wirkliche Erfrischung war er nicht, da kam Massas Angebot
    auf einen Besuch in der Therme schon eher gelegen, vom Schwitzen hatte Sabinus allerdings genug!
    Das erste was er dringend benötigte, war ein Sprung in das Kaltwasserbecken. Der Centurio entledigte sich seines Panzers und aller anderen Waffenteile und stand bald nur noch in der Tunika da. Zugegeben er war ein durchtrainierter, sehr gut aussehender Mann, hatte warscheinlich schon zahlreiche Liebschaften hinter sich gebracht. Sabinus schätzte ihn auf 25 - 30 Jahre, er hingegen hatte im Juli grade erst seinen 19 Geburtstag begangen. Mit einem, etwas verlegen wirkenden Lächeln, erhob sich der gescheiterte Künstler ebenfalls und räumte seine Reisetasche und den Chlamis in eine Ecke. "Na dann mal los!" "Das hier bei der Classis erst zwischen Winter und Frühling neue Schiffe gebaut werden wusste ich nicht, ich dachte das geht das ganze Jahr über, unabhängig von den Jahreszeiten."

    Misenum war ein wunderschön gelegener, aber im Vergleich zu Rom oder Ostia doch ziemlich verschlafener Ort. Mittlerweile wurde es Abend, die sinkende Sonne tauchte die Gebäude von Stadt und Arsenal in ein wunderschönes, goldgelbes Licht. An der Porta zum Stützpunkt empfing mich der herbeigerufene Centurio. Er war offensichtlich erfreut mich zu sehen. Persönlicher Besuch bildete hier immer etwas willkommene Abwechslung in der täglichen Routine. Appius Decimus Massa führte mich gleich direkt in sein Quartier, auf dem Weg dorthin konnte ich mir schonmal einen ersten kleinen Eindruck vom Arsenal verschaffen. Die Stabsgebäude, Kasernen und Wohnquartiere waren sehr großzügig angelegt, was bei der Stationierung einer Legion plus schiffsbautechnischen Personal auch nicht weiter verwunderte. "Salve Centurio" erwiederte ich seinen Gruß. "Ich habe den weiten Weg von Ostia nach Misenum unternommen um deinen Rat einzuholen, denn ich habe vor mich bei der Classis als Faber Navalis zu bewerben." "Ich bin gelernter Schiffsbauer und Steinmetz und habe während des Bürgerkrieges meine beiden Arbeitgeber verloren und nun bin ich auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung." "Finanziell geht es mir ziemlich dreckig, ich musste sogar mein Pferd und meine beiden Sklaven verkaufen um Geld für diese Reise zu haben." Ich war tatsächlich in einer verzweifelten Lage und hoffte innbrünstig das Massa mir da irgendwie heraushelfen konnte. Das Marcus Iulius Dives und noch einige meiner Verwandten im Kerker saßen verschwieg ich lieber und auch meine vormalige Tätigkeit als Bildhauer für Potitus Vescularius Salinator war ein Ruhmesblatt mit welchem man sich besser nicht brüstete.

    Da dem Sabinus der direkte Zutritt zur Siedlung aufgrund der Schläfrigkeit des Wachpostens verwehrt blieb und er es selber nicht wagte die Ortschaft ohne Genehmigung zu betreten, blieb nur der Ausweg es doch mal an einer der Pforten des großflächig angelegten Marinestützpunktes zu versuchen. Er wollte ja sowieso diesen Centurio sprechen welcher Ihm vor ein paar Monaten in Ostia begegnet war. Soweit sich Gaius erinnern konnte war der sogar die rechte Hand des Flottenpräfekten. Der Stützpunkt mit seinem riesigen Arsenalsbecken und den darum gruppierten 150 - 200 Schiffshäusern (Sabinus hatte sie nicht gezählt) bot aus der Ferne einen großartigen Anblick, aber aus der Nähe schüchterte diese Anlage regelrecht ein. Man fühlte sich klein angesichts dieser Größe. Schiffshäuser, langestreckte Magazine, Werkstätten und Kasernen, ein Prätorium und eine große Thermenanlage bildeten das architektonische Hauptensemble, alles umgeben von einer hohen Mauer, welche das Arsenal systematisch vor den Blicken all zu neugieriger Zivilisten abschottete. Ein Kanal beiderseits gesäumt von Mauern, Leuchtfeuern und Wachtürmen, verband das Arsenalsbecken mit dem misenischen Vorhafen. Über diese Einfahrt führte eine hölzerne Brück nach Baiae, welche beim Passieren einer Trireme oder Liburne von den Flottensoldaten oder Matrosen hochgeklappt werden konnte.


    Sabinus stand eine Weile erfurchtsvoll vor diesem Meisterwerk römischer Militärbaukunst, ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Er brauchte eine Weile um diese ersten Eindrücke zu verarbeiten.
    Als er sich wieder gefasst hatte, begab er sich zum diensthabenen Wachposten.


    "Salve Legionär, ich bin der Bürger Gaius Iulius Sabinus, Schiffsbauer aus Ostia und suche den Flottencenturionen Appius Decimus Massa".

    http://www.imperium-romanum.in…thread.php?threadid=30512


    Misenum stöhnte unter der Glut der Mittagshitze, die meisten Bürger hatten sich in ihre Häuser verkrochen und hielten Siesta. Die Straßen waren menschenleer, nur hier und da streunte ein einsamer Köter oder irgendwelche Katzen umher. Der Wachposten am Stadttor dämmerte schläfrig geworden und auf seine Lanze gestützt friedlich vor sich hin, ohne das er den jungen Mann welcher ihn so überaus freundlich begrüßt hatte überhaupt noch warnahm. Sabinus geriet etwas in Verlegenheit. Der Kerl hatte gar nicht mitbekommen, das hier jemand Einlass begehrte.


    "Ähhh...Hallo?" "Hey!" "Aufwachen!"


    Aber der Soldat schlummerte unbekümmert weiter und da Sabinus ein ausgesprochen höflicher Mensch
    war (zumindest dachte er das von sich) und ganz Misenum in tiefer, hochsommerlicher Agonie lag, kehrte er um und wanderte zu einem nahegelegenen Hügel welcher zwischen Baiae und Misenum gelegen war und von welchem aus sich ein prachtvoller Blick auf die Stadt und das Flottenarsenal bot.
    Hier hockte er sich unter einen Baum, nahm seinen Reisebeutel und packte in aller Ruhe Pergament, Pinsel und Farben aus. Wenige Stunden später hatte er mit groben Pinselstrichen ein Porträt von Misenum verfertigt. "Gut!" "Das schicke ich Marcus Iulius Dives nach Ostia, irgendwann wird er ja wohl aus dem Kerker entlassen."
    Nachdem er noch ein paar Verbesserungen vorgenommen hatte und die Farbe getrocknet war, rollte er das Pergament vorsichtig zusammen und steckte es in seinen Beutel, zusammen mit den anderen Malutensilien. Wieder an der Porta angekommen fand er zu seinem Ärger den Wächter noch immer schlafend vor.


    "Bei Neptuns Dreizack!!!" "Was ist das für ein verschlafener Ort!" "Hey du...WACH AUF!!!"

    An einem glühendheißen Sommernachmittag näherte sich ein einsamer junger Wanderer aus nordöstlicher Richtung auf der Straße von Baiae nach Misenum kommend dem malerischen Golf von Neapel. Tief gebräunt war sein Gesicht, die Tunika verschmutzt und durchtränkt von Schweiß. Er machte einen erschöpften Eindruck und in der Tat hatte er erst einen mehr als einwöchigen Gewaltmarsch hinter sich gebracht, welcher ihn direkt von der Tibermündung bis vor die Tore der größten Werftanlage des Imperium Romanum führte. Gaius Iulius Sabinus, so der Name des jungen Mannes war ein gelernter Schiffsbauer und Steinmetz, welcher in Ostia die Bekanntschaft des Flottencenturionen Appius Decimus Massa gemacht hatte und diesen nun seinerseits einen Besuch abstatten wollte. Um die Reisekosten bestreiten zu können, hatte Gaius zuerst sein Pferd und dann noch seine beiden Sklaven verkaufen müssen, denn Geld war immer knapp, ganz besonders nach dem gewaltsamen Tod seines Lorbeerbekränzten Gönners und Auftraggebers für den Gaius als Bildhauer tätig sein durfte. Der dicke Vescularier fand aber sein rasches Ende während eines kurzen Bürgerkrieges, noch bevor überhaupt auch nur eines seiner großformatigen Standbilder fertiggestellt werden konnte. Das war allergrößtes Pech, hatte er doch auf eine großartige Künstlerkarriere am Kaiserhofe gehofft! Dem neuen Kaiser Cornelius Palma trat Gaius besser nicht unter die Augen, denn seine Familie, die Gens Iulia, hatte bis zum bitteren Ende die Sache des plebejischen "Emporkömmlings" und "Ursurpators" unterstützt. Soviel er wusste schmachteten nun einige seiner Verwandten im Kerker, darunter sein Vetter Marcus Iulius Dives und der gute Proximus, vormaliger Befehlshaber der römischen Stadtkohorten. Aber das waren andere Schicksale. Gaius hingegen war auf freihen Fuß und politisch unbedeutend genug um seine Lebensverhältnisse neu ordnen zu können. Eine seiner neuen beruflichen Optionen war der Dienst als Faber Navalis bei der Classis und genau deswegen hatter er den weiten Weg von Ostia nach Misenum unternommen. Er wollte diese Dinge wenn möglich persönlich mit dem Centurionen besprechen, aber dazu musste er erstmal die Wache an der Porta passieren. Zwischen Baiae und Misenum ergab sich noch die Gelegenheit für eine Ganzkörperreinigung im azurblauen Meer, umgeben von einer der reizvollsten Landschaften Italiens. So gereinigt und erfrischt begab er sich dann nach der schmalen Halbinsel, auf welcher sich die Colonia und der Marinestützpunkt mit seinem (von der Natur geformten) riesigen Arsenalsbecken befanden. Alles in allem ein atemberaubend schöner Anblick! "Salve Miles!" "Ich bin der Bürger Gaius Iulius Sabinus, komme aus Ostia und habe den langen Weg unternommen um hier einen befreundeten Centurionen der Classis zu besuchen!" Mit diesen Worten und einem freundlichen Lächeln begrüßte er die Wache an der Porta.

    Während also Caldus dem Charmis voller Stolz seine Studentenbude zeigte, begab ich mich hin zu den Latrinen um meiner Blase Erleichterung zu verschaffen. "Buäähh!" Sie waren fürchterlich, gemessen an dem was man von der Villa Iulia her gewöhnt war. Danach begab ich mich, die Treppe hoch, zügig in die zweite Etage."Ach...du hast das aber gemütlich hier!" In der Tat war mir Caldus Behausung doch recht vertraut, hatte ich doch bis vor kurzem im aventinischen Viertel eine ähnliches Quartier bewohnt. "Charmis, hier sind ein paar Sesterzen, geh zur nächsten Garküche und besorge uns was zum Abendessen!" Der Bursche fackelte auch nicht lange sondern machte sich gleich auf die Socken."Aber nimm nicht gleich das billigste Gericht, sondern treffe deine Wahl sorgfältig!" "Ja Dominus, wie steht es mit Wein?" "Hmmm...nicht den teuersten, aber bitte auch kein mit Essig vermengtes Spülwasser." Kaum hatte Charmis seine Instruktionen, wetzte er auch schon die Treppe hinunter und ich sah ihm wohlwollend hinterher, Charmis wäre ein guter Sportler geworden und irgendwie machte mich sein Anblick glücklich. Selbstzufrieden lächelnd wandte ich mich an unseren Gastgeber. "Ein guter Mann, besitzt sehr viel Einfühlungsvermögen, der wird uns schon das richtige besorgen, oder hattest du vor selber deinen Kochlöffel zu schwingen?"Caldus sah nicht aus wie jemand der sich mit guter Küche auskannte, ich hingegen schon, wenn der Typ wüsste, dass ich sogar schon mit dem Kaiser zusammen auf dem Palatin gespeist hatte.

    "Salve Caius, mein Charmis hier wurde in Illyrien oder Griechenland geboren wenn ich mich nicht irre!" "Meine Wenigkeit hingegen erblickte in Paestum südlich von Neapolis zum erstenmal das Licht der Welt." Mit solchen Halbwahrheiten und anderwärtigen kurzweiligen Gesprächsstoff auf den Lippen schländerten wir gemütlich die Straßen entlang bis direkt vor die Tür von Caldus Wohnung. Dort angekommen erkundigte ich mich erstmal nach einer sanitären Einrichtung, denn ich stand schon seit geraumer Zeit unter Druck. "Meine Blase fühlt sich an wie ein praller Weinschlauch!" "Habt Ihr hier eine Latrine im Haus oder muss ich erst nochmal ins Gebüsch?"

    Ich hatte wohl verstanden was der Bursche mit seinem Kratzen am Kopf meinte, aber das war bei ihm auch nicht schwer zu erraten, seine gepflegtes Äußeres, ein zarter Duft von Rosenwasser, sowie der blumige Akzent, aber vor allem die neugierig-musternden Blicke und sein Körper sprachen eine deutliche Sprache. Mein Gegenüber besuchte wohl sehr häufig die Bäder und Gymnasien und hatte wohl hier und dort den einen oder anderen Knaben unter seinem Bett versteckt. Will sagen unser blondschopfiger Archivschreiber war ein bekennender Liebhaber von Knaben oder Männern, so jedenfalls würde ich ihn einschätzen, nicht das ich in dieser Sache ein unschuldiges Lamm wäre, denn auch ein naives Landei aus dem Sabinerland kannte solche Gelüste, allerdings musste der Partner schon überdurchschnittlich attraktiv sein und es optisch mit den Reizen des weiblichen Geschlechtes aufnehmen können. Bei Charmis war das seltenerweise der Fall, deswegen hatte ich ihn mir auch gekauft. Mit bedauernswerter Mine nahm ich die Einwände meines Gegenübers zur Kenntniss. "Ja hier herrscht zur Zeit ein ziemliches Chaos." Überall Menschen, viele davon auf der Flucht vor der Fackel des Krieges." "Da verwundert es nicht das die ganzen Herbergen und Tavernen überfüllt sind, aber wenn du dich wirklich dazu durchringen könntest uns für zwei...oder drei Tage in deinem Heim aufzunehmen wären wir dir beide sehr verbunden und es wird dein Schaden nicht sein!"

    Alle Götter! Da hatten wir ja den richtigen angesprochen! Der blonde Schnösel von Archivschreiber war nicht nur in seiner äußeren Erscheinung ein zur Wohlpflege und Eitelkeit neigender Zeitgenosse, sondern nebenbei auch noch ein sensibler, hellenisierter Schöngeist mit einer Vorliebe für alles Griechische! "Tja...ich bin der Marcus und das da ist mein Sklave Charmis." "Wir sind Seeleute aus Campanien und suchen hier wie gesagt eine passende Unterkunft bis wir ein neues Schiff gefunden haben auf dem wir anheuern können."Mit einem charmanten Lächeln musterte ich erstmal mein Gegenüber und mir gefiel eigentlich was ich sah, mein Sklave hingegen war wohl weniger entzückt. Seine Gesichtszüge spielten den Gleichmütigen, aber hinter der Maske des gehorsamen Dieners regten sich schon Eifersucht und Unwillen und das alles nur weil ich mit dem fremden
    Schönling ein paar harmlose Worte bezüglich einer passenden Unterkunft wechselte. Tatsache war wir brauchten unbedingt ein preisgünstiges Dach über dem Kopf, denn unsere-bzw. meine Geldmittel waren im Moment nicht unbedingt reich bemessen.

    Rom war also gefallen! Praktisch kampflos. Nach meinem kurzen und auch unrühmlich verlaufenden Abenteuer bei den Cohortes Urbanae streiften ich und mein Sklave Charmis nun auf einmal ziellos durch die Straßen und Gassen Ostias, nachdem wir der Hauptstadt auf die denkbar schnellste Art und Weise den Rücken gekehrt hatten. Wie sollte es nun weitergehen? Eines war klar, als Mitglied der Gens Iulia wäre es erstmal das beste für eine Weile unterzutauchen. Dazu war es notwendig Rom und Latium zu verlassen, am besten per Schiff. Charmis und ich schlenderten also durch die Stadt, in neu gekauften Kleidern und machten Pläne für die Zukunft. Wir beschlossen Seeleute zu werden, da kümmerte sich keiner drum, segelndes Volk gab es in Ostia wie Sand am Meer. Alles was wir brauchten war eine Heuer auf einem Segler nach Süditalien oder Griechenland...ja Griechenland, dort wollte ich schon immer mal hin! Hier und dort sah man noch vereinzelte Patroullien der Classis Misenensis stolz an einem vorbeimarschieren, so als ob in Rom nicht grade der Machtwechsel vollzogen würde! An einer der Straßenzüge gewahrten wir plötzlich eine kleine Menschenmenge welche grade die Verhaftung eines Störenfriedes tratschend begaffte. Einer der Wortführer war so ein sportlicher- etwas schnöselig wirkender Typ mit blonden Haaren und graublauen Augen. Der Bursche outete sich als Archivschreiber, grade so als ob das ein sonderlich überragender Posten wäre. Jedenfalls war er eitel und hielt augenscheinlich sehr auf sein Äußeres. Noch während der Schnösel mit seinem Nachbarn tratschte, trat ich von hinten an den Burschen heran, räusperte mich, so das er meiner gewahr wurde und begrüßte Ihn dann mit einem lauten "Salve Bürger!" "Wir sind zwei junge Seebären aus Campanien und suchen hier eine preiswerte Unterkunft in der wir für ein paar Tage unterkommen können!"

    Unsere beiden Kettenhemden und Gürtel verramschten wir in unmittelbarer Nähe des Marktes an einen zwielichtigen Gebrauchtwarenhändler und beschafften uns stattdessen neue Tuniken und Mäntel. Was war nun zu tun? Die Villa Iulia sowie die Bildhauerwerkstatt gab ich gezwungenermaßen ihrem Schicksal preis, was mich beides besonders schmerzte. Sollte ich nun doch zur Curie gehen, oder mischte ich mich unter das anonyme Hafenvolk?
    Zurück in die Anonymität wäre für mich das denkbar beste und so begab ich mich in Richtung Hafen um ein Boot oder Schiff zu finden, welches mich und meinen Sklaven von Ostia forttrug. Wohin? Sizilien oder Griechenland wären akzeptable Optionen. Letzten Endes entschied ich mich für Süditalien und das großartige Tarentum. Dort konnte man unerkannt als Schiffsbauer oder Bildhauer arbeiten.