Beiträge von Marcus Annaeus Conservator

    Sachbücher :Habe zum Geburtstag von Catherine Nixey :Heiliger Zorn - Wie die frühen Christen die Antike zerstörten, München 2017, geschenkt bekommen. Bin gespannt.

    Sozusagen die Gegenthese zu Frank Thiess"Das Reich der Dämonen " von 1941, der [...]

    Soll nicht schlecht sein, nur nichts für Monotheisten.

    Steht bei mir auf der Kauf-Liste.

    Da ich nun pappsatt und in versöhnlicher Stimmung war, lenkte ich die Konservation wieder in privatere und hoffentlich friedlichere Bereiche:

    „ Aber nun sprachen wir ausführlich über meine Jugend, wie steht es mit der deinen, werter Annaeus Conservator? An welchem Ort des Imperiums bist du aufgewachsen und was oder wer prägte dich, als du ein Jüngling warst?“

    Kurz tippte ich auf Tusculum******als Geburtsort. Was den Charakter des Annaeus geformt hatte, interessierte mich jedoch aufrichtig.


    Er lauschte den Worten und Ansichten Sāturnīnus und als dieser dann sich zu einem gelungenen Scherz hat hinreisen lassen mit der Alexandrīa ad Caucasum mußte Mārcus lachen. Es gab so viele von diesen Städten, wer weiß schon wieviele Anekdoten und Scherze es darüber gab. Das Angebot, weniger schreckhafte Sklaven kommen zu lassen, lehnte er lachend ab, sich nochmals bei Sāturnīnus entschuldigend, diesen hier in innere Unruhe versetzt zu haben. Bei den Göttern, nicht das er noch Brustkrämpfe bekommt und umkippt.

    Während Sāturnīnus, augenscheinlich gut gelaunt und entspannt, das Gespräch führte, genoß Mārcus die dargereichten Speißen. In Gedanken notierte es sich, dass er bei sich zu Hause dringend in der Küche mit den Sklaven reden mußte. Das Gespräch wurde von Sāturnīnus, was das Thema dieser jüdischen Sekte anging, auch für Mārcus gut abgeschlossen und verlagerte sich hin zu Fragen nach Mārcus selber. 'Was hat mich in meiner Jugend geprägt', wiederholte er in Gedanken die Frage.


    "Ich bin in Gādēs, Baetica, geboren. Ein schmuckes Fleckchen Land im Süden und die Säulen des Herculēs liegen nur 54 mīlliārium entfernt. Du kannst fast schon in die Tingitāna auf der gegenüberliegenden Seite spucken. Im Sommer wird es sehr warm, im Winter mild.

    Meine Familie entstammt dem italo-hispanischem Zweig der Gēns Annaea, und mein Großvater stammt aus Pompēī, wo auch mein Vater geboren wurde. Meine Mutter selber, Servīlia Decula, kommt aus Gādēs und ihre Familie kommt aus einer Veteranenansiedlung aus der goldenen Zeit des Imperator Caesar Divi filius Augustus.

    Mein Vater, gebildet, willensstark, streng, konservativ, sittsam und Götter gefällig, doch zu mir immer gerecht.
    Meine Mutter, auch gebildet und willensstark, sehr belesen und eine so römisch-traditionelle Hausfrau und Mutter, da könnten die Vestalien rot vor Neid werden.

    Ich hatte zwei Brüder, die jedoch beide schon tot sind. Sie waren im Dienst des Imperator. Der eine in Germanien, der andere hier in Rōma.


    Mein Vater beginnt jeden Tag mit der täglichen Ehrung der Larēs Praestitēs bevor er seine Geschäfte und Tätigkeiten als mercātor ac argentārius (*1) beginnt. Das habe ich nun eindeutig von ihm, da ich es auch so halte.", grinste er. Er hat mich früh in alle Notwendigkeiten der Ordnung eingeführt und unterwiesen.


    Meine Mutter hat mir das Tor zur Welt geöffnet – sie sammelt viele Schriftrollen, aus denen sie mir als Kind immer vorgelesen hat. Und sie konnte das wirklich sehr gut. Ganze Welten entstanden bei mir so. Daher gehe ich davon aus, daß meine Wissensneugierde von ihr kommt.

    Durch die Kundschaft und Tätigkeit meines Vaters hatten wir auch häufig Fremde aus anderen Provinzen bei uns. Und ich sage dir mein Freund, es gibt eine Vielzahl an Sprachen und Gewohnheiten. Manche davon versetzen einen in Verwunderung – jedenfalls mich damals als Kind.


    Schon früh hat mich mein Vater unter seine Hand genommen, und mich ausgebildet und schulen lassen. Ich vermute, daß ihn das einen großen Beutel Dēnāriī gekostet hat - vor allem mein doctor gladiōrum (*2), Mānius Ligārius Celer. Er war ein optiō mit missiō honesta aus dem Zweiten Dacer-Krieg. Er hatte mich vom 12ten bis 17ten Lebensjahr unterrichtet und ausgebildet und ist leider zu früh von mir zu den Göttern gegangen."

    Mārcus Augen änderten sich bei der Erinnerung an und dem Sprechen über Celer. Sie nahmen einen Fernblick an, ganz so, als ob er hunderte von Schritten in die Ferne sehen könnte, wobei die periphere Sicht begann zu verschwimmen.


    "Er hat mir den Adler geschenkt. Einen schönen, mächtigen und stolzen Adler.", seine Stimme wurde dabei immer leiser und begann fast schon in ein Flüstern abzugleiten. Ja er hatte viele Erinnerungen an Celer. Erinnerungen an Schmerzen, die ganz zu Anfang seine Tage prägten und die erst im Nachhinein sinnig wurden. Und stolze Erinnerungen an seine Entwicklung und wie Celer so stolz auf ihn wurde.
    "Celer hat mir alles beigebracht, was mein Vater nicht konnte, aber als wichtig erachtete. Härte gegen sich selber und andere, Brüderschaft, Kampfgeist, einen festen Willen und das man sich nicht selber bemitleiden sollte und die Entscheidungen der Götter anzunehmen hat wie ein Mann."
    Mārcus schluckte kurz und trank danach einen größeren Schluck. "Er und Vater hatten recht, ich war mit 12 wie ein Kinderbrei. Weich, schlapp, willenlos – das alles liegt aber zum Glück hinter mir. Ich habe mich um ihn in seiner schwersten Zeit gekümmert, er hat nicht geklagt in der Zeit. Auch um seine Beerdigung habe ich mich gekümmert und ihn ehrenvoll bestattet, so das er hinübergehen kann, ohne Sorge."


    Mārcus rechte Hand hatte sich derweilen halb geschlossen, so als ob er gerade noch den Adler hineingelegt bekommen hatte. Er starrte immer noch in Leere gegenüber. Dann schüttelte er sich kurz, sammelte seine Stimme und wandte sich wieder seinem Gastgeber zu und fuhr, diesmal mit wesentlich deutlicherer Lautstärke, fort:

    "Ja, im Grunde hat meine Mutter für meine Bildung und mein Wissen über andere Regionen und Menschen gesorgt, mein Vater mich geschäftlich ausgebildet und in den göttlichen Bereichen unterwiesen, sowie mich schulisch ausbilden lassen. Celer hat dafür gesorgt, daß ich all dies auch begreife und verinnerliche und mir und meinem Körper den Kinderbrei heraustrainiert. Wir waren Brüder, weißt du Sāturnīnus. Nicht familiär, doch Brüder. Ich habe ihm, neben meinen Eltern, alles zu verdanken. Und ich dank meinem Vater sehr, für seine Entscheidung Celer zu holen. Mein Vater ist ein stolzer Mann und ein Vorbild an unseren Tugenden."


    Mārcus nahm sich etwas von den Süßspeisen und begann diese zu genießen. Es war eine wirklich vorzüglilche Cēna. Sein Gesichtsausdruck hatte wieder jene Züge angenommen, wie vor der Erwähnung von Celer, so als ob nichts gewesen war.



    Sim-Off:

    *1) mercātor ac argentārius - Kaufmann und Händler
    *2) doctor gladiōrum - Fechtmeister

    Ich müßte noch etwas davon ergänzen, doch soweit fast vollständig:


    (Wiki Link)

    Marcus Didius Falco


    Die Bücher der Reihe bauen lose aufeinander auf, vor allem was die privaten Beziehungen betrifft. Sehr gut lesbar, viel Witz und Humor, in sich stimmig.

    Bei jedem Band eine kurze Übersicht der vorkommenden Charaktere, die sehr (schwarz-)humorig ist.

    Die Zeit ist soweit stimmig dargestellt, ebenfalls die sozialen Problematiken. Die Charaktere machen auch keine abrupten Wechsel von Buch zu Buch, sondern folgen einer nachvollziehbaren Entwicklung.


    Kann ich immer wieder lesen, sind auch keine so dicken Bücher, so ca 450/550 Seiten. So 2, 3 Tage gute Unterhaltung je Buch.


    Aktuell "de bello iudaico" von Fl' Iosephus an der einen Hand und "Die Reiter Roms", Junkelmann an der anderen. Ansonsten halt mal etwas zwischendurch, wie die Metamorphoses.

    Und wie gefallen euch diese Bücher? Gut oder ein Griff ins Klo?


    Ich höre zum Einschlafen mal wieder die Tintenwelt-Trilogie als Hörbuch. Keins meiner Lieblingswerke, aber auch frei von Dingen, die mich aufregen und ich kann davon wunderbar schlafen.


    Das könnte ich so nicht. Ich brauche etwas, dass mich im Kopf fesselt. Unabhängig davon, ob es profane Unterhaltungsliteratur ist, Sachthematiken oder klassische Philo.


    Werde ich oben nicht angesprochen, kann ich es gleich sein lassen, denn da rege ich mich auf. :no:


    Ich nehme dies meistens noch mit in den Schlaf - quasi Beeinflussung womit ich anfangen will zu träumen. Für mich herrlich entspannend.:lesen:


    Meine Frau sagt, dass ich im Schlaf manchmal gar mit wem auch immer darüber Rede in laut. Letztens gar laut gelacht. Hmm :hmm:

    (pars fīnis)


    "Die Nachlässigkeit und die Verlotterung sind es, die ein Grundübel sind. Es scheint, mancher in Geld schwimmend, gibt sich eher dem Müßiggang hin, denn seiner Verantwortung gegenüber Familie und Staat. Und hier liegt doch das heuchlerische dieser Sekte, dieser singulär ausgerichteten Religion. Sie verspricht dir ungestraftes Handeln, fördert also das Schlechte, welches in jedem von uns inne wohnt und durch beständigen Kampf gezähmt werden muß. Ferner versprechen sie dir das Elysium, unabhängig davon, was du getan hast. Du mußt nur ganz zum Schluß dich für alles entschuldigen und schon bist du frei von Strafe. Wie soll damit Staat gemacht werden, wenn keiner mehr Verantwortung zu tragen braucht, auch nicht vor den Göttern?


    Das die verschiedenen Wanderprediger sich auf das heftigste widersprechen, ist da schon fast eine Randbemerkung.

    Und dennoch besteht hier eine Gefahr. Sāturnīnus, du kennst die Menschen, hast schon das eine oder andere Lebensjahr gesehen und so auch den menschlichen Hang, verantwortungslos leben zu wollen, gerade so, wie es einem beliebt. Und da kommt ein Verurteilter Sohn eines Zimmermann und behauptet ein Sohn eines Gottes zu sein und verspricht dir das Tollste und Beste und du mußt nur sagen, ok halt nur einen Gott, am Lebensende einmal sich entschuldigen und sagen es tue dir leid und du bist im Elysium. Es spricht das Schlechteste im Menschen an, anstatt das Beste zu fördern. Und genau hier liegt die Gefahr. Der Mensch sucht sich viel zu häufig den bequemsten Weg.


    (Wie kann ein Gott die eine und die andere Seite gleichzeitig beschützen?)

    Nun, dieser eine Gott steht ja nur auf der Seite der Juden, da die anderen sich diesem ja nicht angeschlossen haben. In sofern mußte er sich ja nicht wirklich entscheiden. Die vielleicht interessantere Frage ist: haben die Juden sich nur einen bestimmten Gott ausgesucht, ihn mit weiteren Aufgaben versehen und die anderen einfach ausgeblendet. Gar noch schlimmer, handelt es sich um einen Titanen, die schon einmal die Welt in den Abgrund reißen wollten und sich diesmal die menschliche Schwäche zu Nutze machen wollen, im zweiten Anlauf."


    Mārcus trank einen weiteren Schluck Wein und nahm sich etwas Brot dazu. "Dieser Iēsus ist so menschlich wie du und ich, oder kannst du einen der Götter töten, als Mensch? Nun, ich denke wir beide wissen, daß dies unmöglich ist. Eine Zimmermann und seine Frau bekommen Kinder und der eine beginnt ein Leben als Wanderprediger, weil ihm seine Arbeit keinen Spaß mehr macht. Nichts Neues an sich, doch kommt einer von uns auf den irrsinnigen Gedanken, nur weil wir etwas anderes ausprobieren wollen, gleich alles in Aufruhr zu versetzten und auf einen tumultus hinzu arbeiten?

    Eben! Natürlich nicht. Ich denke, es handelt sich dabei um ein schreckliches Beispiel und Versagen väterlicher Erziehung und mütterliche Verziehung in einer religiös-fanatischen Gesellschaft und in einer Region, die, seit es Aufzeichnungen gibt, beständig im Krieg und Zerwürfnis liegt. Wir hätten wesentlich früher und viel strenge mit hartem Besen den Saustall auskehren sollen, von Anfang an. Es wären uns die beiden Kriege erspart geblieben.


    Von der Eselskopfgeschichte haben wir auch in Gādēs gehört, doch scheint die Fischgeschicht logischer zu sein, wenn auch nicht als Kopf. War er dort doch zeitweise Fischer. Man hätte ihm mehr Erfolg wünschen sollen, vielleicht wäre er einer geblieben.


    Ja, von der Schändung habe ich erzählt bekommen. Eine sehr schreckliche Sache und es bleibt wirklich zu hoffen, daß die Priester ein entsprechendes Sühne und Reinigungsopfer darbieten. Erinnere dich doch bitte an die Wahrsagung, wenn einst der Friedensaltar aus der Stadt gebracht wird, wird Rom untergehen. All jene, die gegen die Gesetze verstoßen sind auf das härteste zu bestrafen und wenn wir die viā Appiā von Rōma bis Brundisium mit Kreuzen bestücken müßten."


    Sāturnīnus schien richtig in Empörung geraten zu sein, und als Mārcus das Beispiel mit Caesar Ausgustus brachte, schien es kurz so, als zucke er zusammen. Mit einem wohlgefälligen Trinkspruch auf das Kaiserhaus durch Sāturnīnus löste sich diese Verspannung jedoch schnell und Mārcus ergänzt den Trinkspruch mit: "Rōma!"

    (pars prima)


    "Ah, daher deine Verbundenheit, geschätzter Freund. Auch wenn sie manchmal wie eine Verteidigung und Huldigung der Danaer klingt.", ging Mārcus auf Sāturnīnus Geburtsortangabe ein. Den Bildungsaufenthalt in Achāia, welchen viele Römer antraten, nahm er interessiert zur Kenntnis, dabei den Kopf leicht schräg links haltend und an seinem Wein nippend.
    "Ja, Athēnae scheint mir immer von vielen als Ziel zu dienen, wobei es doch weit mehr als nur eben diese gibt. Rōma selber hat bekanntlich gute Schulen in Philosophie und Rhetorik. Es wäre vielleicht der bessere Weg gewesen in Rōma zu beginnen und in der Achāia den Extraschliff und deiner Neigung nachzugehen.


    Ja warme dösige Sommernachmittage können einen schon vom Ziel abbringen. Sie sind wie die Sīrēnēs (*1) mit mädchenhaften schönen Stimmen, die einen dazu verleiten, sich hinzugeben dem Nichtstun, ihrer Verführung zu erliegen und so zu Grunde zu gehen. Es hat Gründe, dass vor ihnen gewarnt wird. Bei den Göttern, du hast widerstanden, und das zeichnet dich aus.


    Bei Alexandrīa gehe ich davon aus, du meinst die Stadt in unserer prōvinciā Aegyptus und nicht Alexandrīa in der prōvinciā Syria oder jenes in der prōvinciā Asia.", bemerkte Mārcus schmunzelnd mit einer rhetorischen Frage. Sāturnīnus hatte den Osten, er eher den Westen gesehen. Zumindest zu Hause hatte er die Welt bereist, durch die zahlreichen Geschichten, die seine Mutter ihm vorgelesen hatte, die Besucher und Kunden des Vater, jeder mit einer anderen Geschichte im Gepäck.


    Sāturnīnus glitt mit seiner Stimme etwas ins melancholische, jedenfalls bemerkte Mārcus eine leichte Veränderung der Stimmfarbe, als sein Gastgeber über Götter und Wahrnehmung sprach.

    "Sāturnīnus, ich höre Zweifel in deiner Stimme, Zweifel daran, ob Regeln nicht überholt sind und angepasst werden müßten, weil einem ein Gefühl beschleicht es würde nicht ausreichend sein." Mārcus winkte den ministrātor vīnī zu seiner Seite und wies ihn an genau da stehen zu beiben.
    "Mein Freund, ich erbitte deine Nachsicht, und du", an den ministrātor vīnī gewandt, "bleibst hier still stehen, …. bitte.
    Sieh Sāturnīnus, dieser hier ist dein
    ", sein Finger zeigte auf den Sklaven "und die Regeln besagen, wenn ich ihn hier beschädige", Mārcus nahm sein Tischmesser in die rechte Hand und setzte die Klinge an den Unterarm des Sklaven ohne diese zu bewegen "hast du das Recht, mich zu verklagen und Entschädigung zu verlangen." Er sah Sāturnīnus direkt an, als er fortfuhr, "Nun, jetzt habe ich aber das Gefühl, diese Regeln reichen nicht aus, sprechen mich nicht so an wie ich mir erhoffe. Ich will mehr Freiheiten haben, warum also nicht eine Sache schmucker gestalten, sagen wir mit Verzierungen, die sehen doch immer so toll aus.", und mit einer blitzschnellen Bewegung drehte er die Messerklingen von der scharfen auf ihre stumpfe Seite und zog sie mit Druck über den Unterarm des Sklaven herunter. Ein zutiefst überrraschter, dann geschockter und beim Ausbleiben von Schmerz und Blut erleichteter Ausdruck war auf dem Gesicht des Sklaven sichtbar. Eine kleine Schweißperle lief über seine Stirn des Sklaven, der Nase zu, über den Nasenrücken zur Spitze, verharrte dort und begann sich in Zeitlupentempo zu lösen und herunter zu tropfen.
    Mārcus legte das Messer zurück auf den Tisch, während der fortfuh. "Und genau dafür gibt es Regeln, Gesetze, daß Ordnung und Übersicht herrscht und nicht durch Wirrheiten und Vergesslichkeiten jemand zu Schaden kommt oder beleidigt wird. So auch mit den Göttern, es hat alles seinen Grund, weshalb es vielfach zu Formalitäten kommt. Sie dienen dem eigenen Schutz vor Verfehlungen. Auch deine angeführten Mysterien folgen einem festgesetzten Regular. Es hindert dich doch keiner mit den Göttern in deiner Art zu reden nach dem formalen Intro."
    An den ministrātor vīnī gewandt sagte Mārcus "Schenke mir bitte nach. Diesmal bitte im Verhältnis 1zu2. Und um dir zu zeigen, daß deine Dienst zu schätzen ich weiß, hebe für dich später Wein auf, sofern dein Herr dem nicht widerspricht.


    Vielleicht sollten wir alle deine Sklaven auch augenblicklich freilassen, Sāturnīnus. Einfach jetzt, auf der Stelle, ohne die Steuer, die Namen, die Verpflichtungen, einfach so, weil es sonst so herkömmlich, formalistisch und überliefert ist.", sah er Sāturnīnus bei dem Gesagten an.

    "Was ich dir versuche mit diesen beiden Beispielen zu erläutern, auch wenn das erste etwas, nunja, derb war, ist, daß tradiertes sinnstiftend ist und vor eignen Fehlern schützen soll, die man so nicht mehr rückgängig machen kann, da der Schaden schon ausgeführt wurde. Würdest du nun anfangen, diese Regeln anzuzweifeln, nur weil ich gerade das so will, mein Freund?"


    Er unterbrach seine Ausführungen und begann von den weiteren Speisen zu kosten, die vorzüglich schmeckten. Mittlerweile hatte er auch seinen gefüllte Becher zurück, der ihm durch eine noch leicht zitternde Hand gereicht wurde. "Dein Arm ist noch dran, mein Bester. Du kannst das Zittern einstellen, hinterher versaust du mir noch meine tunica.", bemerkte Mārcus mit einem sarkastischen Unterton.



    Sim-Off:

    *1) Sīrēnēs - (Seirenes) Sirenen

    Nārbō Ōstiam - pars secunda


    Das Schiff neigte sich sanft abwechselnd zu seinen Seiten und glitt seinem Ziel entgegen. Der Rudergänger stand an seinem Platz und sorgte dafür, daß das Schiff auf Kurs blieb. Die Nacht hüllte beide in das Gewand der Dunkelheit, nur durchbrochen von dem Licht der am Firmament stehenden Sterne und dem Mond. Nur das Geräusch des Wasser, das vom Bug geteilt wurde und entlang der Bordwände glitt, verhinderte Stille. Es wirkte friedliche und unaufgeregt, und barg doch so viel Gefahr in sich, dieses monotone Geräusch des Wasser, die Dunkelheit bei sanften Himmelslicht, frei von Geschäftigkeit eines Tages.


    Wenn man sich umsah, und versuchte eine Gefahr wahrzunehmen, kam man schnell an seine Grenzen. Was konnte schon drohen zu solchen Stunden? Seeräuberei? Nun, diese war in fernen Tagen, als die Republik sich dem Ende zuneigte und mächtige Parteien um Einfluß und Macht sich stritten, eine Gefahr. Und auch da eher im östlichen, denn im westlichen Teile des großen Sees, den man Mare Nostrum nannte. Doch diese Tage lagen weit, weit zurück. Es gab zwar immer noch vereinzelt einen Vorfall, doch Roms Flottillen und Flotten sorgten für eine noch nie zuvor gekannte Sicherheit.


    Was jedoch nicht beseitigt werden konnte waren Untiefen und Felsen, dicht unter der Wasseroberfläche, eher in küstennahen Bereichen vorkommend. Und wenn sich die Besatzung eines Schiffes nicht auskannte oder schluderte, konnten diese zu tragischen Folgen beitragen. Und dann gab es da noch die Jahreszeiten mit ihren Wetterlagen. Auch hier mußte man sich gut auskennen und abwägen wann denn die Fahrt losgehen kann. Eine frische, grade erst zusammengestellte Mannschaft, die das Meer nur vom Strand aus kannte, würde eher mit Neptūnus um die Wette schwimmen – in seinem Metier. Nun denn, wenn nun weder Piraten noch Unerfahrenheit als Gefahr einzubeziehen waren, was blieb?


    Genau!, die Dunkelheit mit ihrem Sternenlicht, die leichten Wassergeräusche, das sanfte Schaukeln des Schiffes. Und der Rudergänger, der zur besten Schlafenszeit in den möglichen Schlaf gewogen und gesummt wurde, dessen Augen schwer werden könnten, den Halt am Ruder lockernd und so dem willenlosen Treiben des Schiffs Raum gebend. Jede Schiffsbesatzung, die etwas auf sich hielt, jeder Schiffsbesitzer, der sein Eigentum erhalten wollte, sorgten daher vor, um dieses Risiko zu minimieren.


    Mārcus stand, nach einem erholsamen Nickerchen, zur zweiten Nachtwache auf und begann seinen überprüfenden Rundgang durch den Laderaum. Er kontrollierte die Ladungssicherung ebenso, wie die Siegel und Verschlüsse der Amphoren und begab sich im Anschluß daran zum gubernātor, der seinen ureigensten Kampf mit seinem Schlafbedürfnis hatte.

    "Salvē gubernātor. Ut valēs? Languēs, amīce?"
    "Ō cōnservātor. Bene me habeō, grātiās tibi. Nox sīderibus illūstris ac quiēta."
    "Optimē gubernātor." (*1)

    Mārcus sah geradeaus, in die Ferne, zur Seite des Steuermann stehend. Das Schiff glitt sanft durch das Wasser und versuchte durch die Monotonie des Augenblicks den Sieg über die Besatzung zu erringen. Mārcus begann ein Gespräch, zum Einen, um dem Steuermann zu helfen, nicht eingelullt zu werden, zum Anderen, um seine eigene Zeit zu vertreiben.



    Sim-Off:

    *1)
    "Salvē gubernātor. Ut valēs? Languēs, amīce?"
    "Ō cōnservātor. Bene me habeō, grātiās tibi. Nox sīderibus illūstris ac quiēta."
    "Optimē gubernātor."

    Grüß dich Steuermann . Wie geht es dir? Bist du erschöpft, Freund?
    Oh, Cōnservātor. Mir geht's gut, danke dir. Die Nacht ist sternenhell und ruhig
    Bestens Steuermann

    "Bei Res Mancipi wie Land und Vieh könnte ich noch verstehen, dass sie wertvolle Kerngüter waren, die in der Familie bleiben sollten, doch weshalb erstreckte sich das auf Sklaven? Auch dem frömmsten Landwirt kann man es doch nicht verdenken, wenn er einen faulen Nichtsnutz verkaufen will."

    "Was ist denn faul, geschätzer Sāturnīnus? Gedenkst du uns zu sagen, dur prüfst nicht, welch Eigenschaften ein Sklave hat?", fragte Mārcus schmunzelnd und ging dann auf die Frage ein: "Ein Sklave wird ja erworben, um sich Arbeitskraft, hier eher Feldarbeitskraft zusätzlich in die familia zu holen. Der Sklave kostet ja nicht den Preis eines Brotes oder eines Huhns. Man erwirbt also auf dem Markt für viel Geld eine Arbeitskraft. Sie wird Teil der Familie, ist also familiaris quirites. Meine Einlassung in Bezug auf die göttliche Verknüpfung ist rein faktisch logischer, als eine vermutete Gelehrtenmeinung." Ein kleiner Widerspruch zu Valerius Flacccus Aussage. "Ein Sklave ist per se ja kein familiäres Grundeigntum, welches dauerhaft vererbar wäre. Irgendwann ist auch diese Sache einfach tot. Dafür sorgt schon das Leben. Er verliert auch an Wert, je älter er wird, zumal als Feldarbeiter und entweder wird er dann Haussklave oder muß verkauft werden, sonst zahlt der Eigentümer drauf. Und dies ist wirtschaftlich sehr sinnbefreit."

    hunc ego hominem ex iure quiritium meum esse aio isque mihi emptus esto hoc aere aeneaque libra.


    Ich erkläre, dass dieser Sklave oder der jeweilige Kaufgegenstand nach dem Recht der Quiriten der römischen Bürger mir gehört und er soll von mir gekauft sein durch dieses Kupferstück und diese bronzene Waage

    "Meintest du mich mit dem Griechen? Da wäre ich in guter Gesellschaft, denn auch unsere Urväter haben sich vor der Verfassung der Zwölftafelgesetze erstmal die Solonsche Verfassung aus Athen kommen lassen und die studiert. Ein Beweis: Das Wort „Poena“, das Maß der Strafe, das es vorher nicht gab, ein nettes Wortgeschenk der Achäer wie so vieles.

    Warum das Rad zweimal erfinden, wenn man es schon in Hellas erfunden hat?

    Unsere Stärke ist es gerade, von den Nachbarn abzuschauen, was gut ist, jedoch - da gebe ich Cato Maior sehr recht- nicht alles kritiklos aufzuschlabbern, was aus dem Osten kommt.

    Wir nehmen es, wir prüfen es, wir passen es an unsere althergebrachten Werte an.

    Und wenn wir einen parthischen Reiter dazu bringen, uns den gefürchteten Rückwärtsschuss zu lehren, so hätten wir in drei Monaten Hilfstruppen an den Grenzen, die ihn genauso gut beherrschen wie die Parther selbst – ohne jemals zu Parthern zu werden, was ich doch sehr hoffe.“

    "Ja, Sāturnīnus. Du bist der Krónos, gestatte mir das Wortspiel.", grinste er ihn an. "Ich weiß, du verweist gerne dahin und ich streite gewiß nicht ab, daß manch Anregung daraus gezogen wurde. Doch vertrete ich eine andere Ansicht. Es ging hier eher um die Katalogisierung, also die Art und Weise, wie es präsentiert werden soll, zugegeben mit weiteren Anregungen. Doch die Komplexität findet sich nicht bei den Griechen. Vieles ist originär unser. Ja, mit Einflüssen." Es folgte ein schelmisches Grinsen in die Richtung seines Gastgebers. "Man könnte meinen, du hast da deine Jugendjahre verbracht. Die sollen ja recht einflußreich sein. Sag, wo wir doch unter uns sind. Was ist es, daß dich so an jenen interessiert?"


    „Hier scheint nämlich ein ganz oder gar nicht und kein weises Abwägen oder Übernehmen vorzuherrschen. Damit meine ich nicht das Handeln der Obrigkeit, sondern die Anhänger, die sich fanatisieren. In beiden Fällen kam das Verbot in der Tat keine Minute zu früh. Dein Bild von der „grauen Zensur“, in der sich Licht und Schatten mischen, das trifft es.

    Alexandria – du erwähntest die Bibliothek – ist ein trauriges Beispiel, werter Conservator.: Zwei hochbegabte Völker schlugen sich dort kürzlich gegenseitig die Köpfe ein

    Mārcus blieb einen Augenblick stumm und trank etwas. Sāturnīnus erwähnte den Tumultus Iūdaicus und verknüpfte diesen mit Hochbegabung von zwei Völkern. Mārcus mußte erst seine Gedanken sammeln.

    "Nun, du sprichst von Hochbegabung, doch verzeih mir, Sāturnīnus, daß dem zuzustimmen ich nicht bereit bin. Auch wenn ich von manchem Verhalten und Ansichten der Danaer nicht sonderlich angetan bin, anerkenne ich deren kulturellen Leistungen und Wissen. Ich hechel ihnen nur nicht nach, wie eine läufige Hündin dem Rüden."


    Mārcus unterbrach kurz und nahm sich etwas zu essen, die Zeit für eine gedankliche Sortierung nutzend. Dann fuhr er fort:

    "Das Problem der anderen ist doch ein selbst verursachtes. Seit Anbeginn liegen sie im Streit mit ihren Nachbarn und mit sich selber. Keine Zeitspanne, ohne sich gegenseitig zu morden und dabei immer vor sich hertragend, jede Seite wäre gottesfürchtiger. Es mag daher nicht wirklich verwundern, daß sie anscheinend immer einer Aufsicht bedürfen. Und dann dieser Fanatismus, ein Verhalten, frei jedweder ratiō. Der neuerliche Tumultus, in der Cȳrēnaïca begonnen, forderte zu viele Leben und hätte schneller und viel härter niedergeschlagen werden müssen. Zurecht ist es jenen verboten worde, manch andere Provinz zu betreten, und sei es bei Schiffbruch. Die Zerstörung von Heiligtümern widerspricht unseren Prinzipien und läßt nur den Schluß zu, daß monotheistische Religionen, zu unsäglichem Leid führen, sollten sie jemals Einfluß und Macht erlangen. Die vergangene Geschichte der Regionen im Proximus Oriēns (*1) zeigt eindeutig auf, daß sie beständig in Unruhe und Aufstand ist - und wenn es gegen sich selber ist. (*2)"


    Er hielt für kurze Zeit inne, um seine Gedanken für die eigentliche Frage des Sāturnīnus zu ordnen:

    "Hm … , ja, ich habe von dieser jüdischen Sekte schon gehört. Eine dieser vielen Untergruppen, die wie die Pharisaei (*3), die Σαδδουκαῖοι (*4) und das Hellenistisches Judentum um die wahre Bedeutung ihrer Anbetung streiten und wie ihre religiösen Gesetzt am ehesten umzusetzen seien. Spaltet sich diese Sekte nicht mittlerweile auch schon in zahlreiche Untergruppen?
    Die Unterscheidung beinhaltet, so man den Berichten Glauben schenken mag, ja auch die Anerkennung von diversen Personen, die sich als reisende Propheten verstehen und mal mehr, mal weniger große Grüppchen an Anhänger um sich scharren.
    "


    Mārcus trank noch einen Schluck und reichte den nun leeren Becher an den ministrātor vīnī, damit dieser nachfüllen konnte.

    "Nun, ein wohl in seiner Ausprägung zu beachtendes Merkmal bei all den Glaubensgruppen dieser Religion ist ja, daß jene, die du, geschätzter Freund, anführst, sich auf den verurteilten Straftäter Iesus Nazarenus beziehen und ihn, der Recht und Gesetz mehrfach in einer Art und Weise brach, daß mit Unruhen zu rechnen gewesen ist, nicht nur vergöttlichten – was uns ja nicht unbekannt ist – sondern gar gleich zum Gott erhoben. Welch irre Handlung, welch Wahnsinn, einen Verbrecher anzubeten. Wer gegen Gesetze verstößt ist und bleibt nun einmal ein Straftäter und wer gar Marktgesetze mißachtet wird leicht zum Verbrecher."


    "Tja, was mich hin und wieder in Erstaunen versetzt, ist die belustigende Art, wie sich manch einer über den Mangel an Bildung belustigt. Und das leichtgläubige Volk dort glaubt den Aussagen auch noch. Haben seine Anhänger dem Iēsus (*5) nicht gar den Beinahmen Χριστός (*6) gegeben, was an sich schon gegen Gesetze verstößt. Auch wenn wir einen König ablehnen, wissen wir doch, daß zahlreiche andere Länder und Staaten einen haben. Gar die Juden selber hatten mehrere. Allen ist gemein, saß sie durch die Anwendung von Ritualen in Position, ihre Funktion, ihre Autorität – mal von den familiären Linien abgesehen – eingesetzt und so dem Volk präsentiert werden. Bei den Juden war es immer die Salbung, also Ölung. Nun daher zu kommen, einen Zimmermannssohn, so jedenfalls die Fallakten, zu einem König auszurufen, obwohl es schon aus dem Hordischen Geschlecht drei (*7) gab, ist nicht nur vermessen sondern auch ein Verbrechen. Da gibt es nichts zu belustigen. Man stelle sich nur einmal vor, ich erkläre dich, Sāturnīnus, zum Caesar Augustus, nur weil wir eine cēna haben."

    Nach einer künstlichen Pause von ein zwei Atmenzügen.

    "Genau, wir beide verschwinden schneller, als wir hier einen Becher Wein trinken könnten. Daher halte ich von der Belustigung nichts. Sie ist gefährlich und verkennt die Gefahr, die von Usurpatoren ausgeht."


    Marcus nahm die Gerüche der Speisen wahr, und sein Mund begann sich auf die kommenden Speisen zu freuen. Es roch sehr köstlich und sah äußerst delikat aus. Eine Mitteilung aus seiner Bauchregion gab ihm die Information, daß auch dort eine Vorfreude vorhanden war. Er trank seinen Becher aus und reichte ihn nochmals zum Nachschenken. Er empfand den bisherigen Verlauf des Abend als angenehm, zumal die sonst typischen Gespräche und Klatsch über wen auch immer in der Gesellschaft bisher nicht geführt wurden.




    Sim-Off:

    *1) Proximus Oriēns - Naher Osten
    *2) Titus Flāvius Iosephus
    *3) Pharisaei – Pharisäer
    *4) Σαδδουκαῖοι (Saddoukaîoi) – Sadduzäer
    *5)Iēsus Nazarenus - Jesus von Nazaret
    *6) Χριστός (Christos) - Gesalbte
    *7)
    Ἡρῴδης Ἀρχέλαος (Hērōidēs Archelaos) - Hērōdēs Archelāus
    Ἡρῴδης Ἀντίπατρος ( Hērōidēs Antipatros) - Hērōdēs Antipas
    Ἡρῴδης Φίλιππος (Hērōidēs Philippos) - Hērǭdēs Philippus


    'Κρόνος * wird zu Sāturnīnus - oder wie er entdeckt, seine Ahnen zu ehren.', schmunzelte Mārcus mit diebischer Freude in seinen Augen. "Nun, geschätzter Freund und Anwalt der Achāia. Hier möchte ich dir unvoreingenommen beistimmern.", wandte er sich an Sāturnīnus. "Doch einer Ergänzung sei noch Platz eingeräumt. Die so übergebenen Güter, die agrarischen und in direktem Zusammenhang dazu stehenden, sind ja quirinisch, also göttlich. Man kann daher rein logisch dem Quirīnus gehörende Objekte sowie Subjekte nicht schnöde verkaufen, ohne sich seines Zorns sicher zu sein."


    Er legte eine kurze Pause ein, eher er forfuhr:
    "Wir sind Quirītēs, also zum Gott gehörende und von daher kann auch die Eigentumsübertragung nur zwische Quirītēs stattfinden. Es ist dabei bedeutsam zu wissen das dies ein Ausdruck für ein friedliches Zusammenleben der Vollbürger ist. Stehen wir unter Waffen sind wir Rōmānī. Aus den oben angeführten Gründen bedarf es einer korrekten Formel, um Quirīnus nicht zu erzürnen. Und die Übertragung zwischen Quirītēs durch die korrekte Formulierung gewährt dies. Überspitzt ausgedrückt neige ich zur Aussage: Es bleibt in der göttlichen Familie."

    Mārcus beendete seine Ausführungen und wartete, ob es noch andere Ansichten zu diesem Thema gab.



    Sim-Off:

    *Κρόνος - Krónos

    Das Gespräch mit Sāturnīnus war von Heiterkeit und kleinen Frotzeleien geprägt, die trotz des Zustandes seitens Mārcus, von angenehmer Leichtigkeit waren. Und die Einladung zu einer cēna mit Sāturnīnus verprach interessant zu werden, daher nahm er sie auch an.


    Seine Cousina Crispina, die in der Zwischenzeit mit ihren Gedanken in einem Zwiegespräch zu sein schien wandte sich da mit einer Frage an ihn:

    [...] und wandte mich an meinen Verwandten: "Was hast du denn dem glücklichen Paar als Geschenk mitgebracht, Conservator?"

    "Eine Iūnō, Crispina.", wandte er sich ihr zu, während ihre Frage beantwortet wurde.


    "Ich habe im Tempel der Iūnō um Führung und Hilfe bei der Pflichterfüllung und Erfüllung der Ehe gebeten und im Anschluß eine massive und vergoldete Statuette erworben, die im larārium dann aufgestellt wurde. So sind die Pflichten des Hauses nicht vergessen und das frisch vermählte Paar von Unglück frei."


    Eine weitere gesalzene Olive fand ihren Weg in Mārcus Mund. Langsam und recht unsicher, kam die in seinem Kopf stattfindende pompa ihrem Ende entgegen. Bei allen Göttern, daß wird auch langsam Zeit.

    disciplīnae Mārci Annaei Cōnservātoris - pars quārta
    Die Lehren des Mārcus Annaeus Cōnservātor - vierter Teil


    Als Mārcus zwölf Jahre alt wurde, war es ein Jahr nach dem Tode seines zweitjüngsten Bruder Faustus Annaeus Milō. Er saß gerade im ātrium und war mit den Übungen beschäftigt, die ihm sein Lehrer aufgegeben hatte, da trat sein Vater Paulus Annaeus Camillus hinzu. Im Schlepptau einen ernst dreinschauenden Mann, in dessen Gesicht ein gepflegter kurzer Bart schon durchzogen war von grauen Haaren. Seine Augen waren leicht zusammengekniffen, kaum merklich, so als wenn man sich auf etwas besonders konzentrieren will. Sein Haupthaar war kurz geschnitten, so ein digitus, vielleicht auch zwei , lang. Seine Stirn hatte die typischen Falten des Lebens, eines Lebens, das auch die Abgründe gesehen hatte, doch um seinen Mund waren, zwar gut versteckt, die Falten lachender Menschen gezeichnet. Er hatte also schon mal Freude gekannt und lachen können.
    An seinem Hals war eine längere Narbe zu sehen, die sich vom hinteren rechten Ohr, so auf Höhe des Ohrläppchens, runter zog bis sie auf die Höhe des Schlüsselbeins. Die Haut dort war wesentlich heller als die gebräunte der nicht vernarbten Haut.
    Seine Arme, die aus seiner Tunica ragten, waren mit deutlich wahrnehmbaren Muskeln versehen. Nicht diejenigen, die nur Männer bekommen, die stupide irgendwelche Gewichte stemmten und heben, um dann zu ungelenk zu werde, diese auch nutzen zu können. Es waren vielmehr Muskeln, die sichtbar waren, weil es kaum einen Fettüberschuß gab. Sie waren deutlich an ihren Plätzen zu erkennen, doch flexibel, Kraft in Bewegung.
    Unten schaute ein Paar Beine aus der Tunica, die ebenfalls das Wort Fett nicht zu kennen schienen. Die Waden waren sehr muskulös und stramm. Sie schienen ihr Leben lang in Bewegung gehalten worden zu sein. Die Füße steckten in calceī (*1), aus denen kurze Strümpfe herauslugten. Seine gesamte Haltung war straff und gerade, die Beine breitbeinig, die Last seines Körpers tragend. Gekleidet war er in einer leicht rostfarbenen Tunica, die in bewährtem Fischgratmuster gewebt war und über mittellange Ärmel verfügte, die zwei, drei Finger über dem Ellbogen aufhörten. Gegürtet war er mit einem cingulum mīlitāre, an dem eine kleine Ledertasche aufgegurtet war, so daß sie vorne auf Höhe seiner linken Hüfte zu liegen kam. Auf seiner Linken hing ein pugiō, an seiner Rechten, an einem balteus hängend und durch das cingulum am Platz gehalten ein gladius.
    Ein sagum, bräunlich - ockerfarben, hing über seiner linken Schulter, mit einer fibulā über der Rechte geschlossen und zusammengehalten. Das sagum war zu einem Drittel in seinem Längsverlauf gefaltet, daß man bei Bedarf auch seinen Kopf bedecken konnte. Doch was am auffälligsten war, daß waren seine Augen. Augen wie scharfe Klingen, musternd, schätzend, beobachtend, geschult in Wahrnehmung und eben diese Augen musterten erst das ātrium, nahmen jede Einzelheit auf und ruhten schlußendlich auf Mārcus, die zwölfjährige Hoffnung der Familie. Sie durchdrangen ihn, bohrten sich in ihn hinein, schätzten seinen Wert, seine Veranlagung, seine virtūs (*2). Er krempelte mit ihnen Mārcus Innerstes einmal um, so daß Mārcus eine leichtes Frieren fühlte.


    "Mein Sohn, dies ist Mānius Ligārius Celer. Er hat kürzlich seine missiō honesta als optiō erhalten und war im Zweiten Dacer Krieg. Ich habe ihn für unsere Familie gewonnen und angestellt. Ligārius Celer wird cūstōs corporis (*3) der Familie und dein doctor gladiōrum (*4) sein. Sein 26-jähriger Dienst unter dem Adler wird dazu betragen, dich wenigstens in soweit auszubilden und zu schulen, daß diese Familie nicht auch noch dich frühzeitig verlieren wird. Anscheinend gehen meine Söhne wohl lieber zur Armee, denn ins väterliche Geschäft. Nun denn, wenn dem also so ist, und wenn ich ferner annehme, daß sich dies bei dir ebenfalls abzeichnen wird, bist du zumindest rechtzeitig vorbereitet und vermagst gar dort Erfolge zu verzeichnen."


    Mārcus hörte seinem Vater schweigend zu, während er die Musterung des Celer über sich erduldete. Er sah Celer direkt in die Augen, jene beiden ihn fixierenden Punkte im Gesicht, die den Begriff Wärme wohl nur aus einer Schriftrolle kannten.


    "Du wirst ab sofort täglich mit Ligārius Celer üben, neben deiner schulischen Ausbildung natürlich.", sagte sein Vater und legte ihm seine rechte Hand auf die linke Schulter. "Ich erwarte von dir, daß du dein Bestes gibst und dich wirklich bemühst. Celer wird dir nun deinen Übungsplan vorstellen, der ab morgen angegangen wird." Damit übergab sein Vater das Wort an den Mann, den optiō veterāna.


    Dieser schien festgewachsen an seinem eingenommenen Platz zu verharren. Es trat ein Augenblick der Stille ein, da sein Vater schwieg und Celer noch nichts gesagt hatte. Die Stille wiegte schwer für Mārcus, da es für ihn eine ungewohnte Situation war. Er konnte sein Herz schlagen hören … bum … bum bum … bum … bum bum … und es schien immer lauter zu werden. Sein Atem gesellte sich hinzu und gab die Begleitmusik zum Klang der Herzschläge. Er hatte das Gefühl, der Raum versinkt in den rhythmischen Tönen, so laut waren sie für ihn.


    "Dein Vater hat mich schon vorgestellt, Conservator. Du wirst von mir geschult und ausgebildet werden, und zwar so, als ob du eben als tīrō zur legiō gekommen wärst. Da du noch andere Verpflichtungen hast, und deine Mutter, die Götter wissen warum, dich anscheinend auch noch braucht, wird die Ausbildung für dich nicht leichter. Ganz im Gegenteil, da unsere gemeinsame Tageszeit begrenzt ist, leider. Höre gut zu. Vor allem merke dir, was ich dir jetzt sagen werde."

    Die Stimmer von Celer erscholl durch das ātrium, wie auf dem Übungsplatz einer castra. Sie war bestimmt noch in den Nachbarhäusern zu hören gewesen. Er sprach langsam, aber sehr deutlich. Dabei fixierte er Mārcus mit seinen Augen, durchdrang ihn und rang sein Inneres nieder.


    "Du wirst in wenigen Jahren zum Mann, also werde ich dir die noch vorhandene weibische Art nehmen und zeigen, was auf dich zukommen wird. Du wirst bluten, schwitzen, schreien und vielleicht gar sterben wollen. Dieser Wunsch, dieses weibische Nachgeben des sterben wollens, dies wird dein Tod sein, sei gewiss. Tausche ihn aus durch Biss, Willen, Fähigkeiten Dinge abzuschätzen, zu analysieren und rechtzeitig zu erkennen. Und lerne endlich, mit offenen Armen dein Schicksal anzunehmen, und wenn morta klopft wirst du dies frohen Herzens annehmen. Und zwar weil du pietās, virtūs und animus besitzt und du recht gehandelt hast, indem du deine Pflicht erfülltest."


    Die Worte waren noch nicht ganz verhallen da traf Mārcus ein donnernder Schlag gegen den Brustkorb, daß er einige Schritte nach hinten taumelte und fast gefallen wäre. Er rieb sich seinen Brustkorb und verzog sein Gesicht schmerzerfüllt. Seine Augen waren weit aufgerissen und noch eher er sich versah folgte ein neuer Schlag auf den Brustkorb, so daß er nach hinten auf den Boden fiel.

    "Du siehst, Jüngling, was deine Zukunft sein wird – Schmerz. Lerne damit zu leben und fange an zu lernen.

    Ab morgen werden wir gemeinsam dich zum Stolz deines Vaters machen. Wir fangen jeden Morgen mit Laufen an. Und zwar eine mille passūs (*5) schnelles Laufen und ein stadium (*6) Sprint. Danach wirst du 10 amphorae (*7) Wasser in ein Badebecken füllen, so daß du dich waschen kannst. Danach erfolgt die Waffenausbildung am Pfahl mit Übungsschwert. Wir beenden unsere gemeinsame Tageszeit wieder mir einer mille passūs schnelles Laufen und ein stadium Sprint beenden."


    So lernte Mārcus Mānius Ligārius Celer kennen – im ātrium, auf dem Boden liegend. Und es folgten noch viele Tage, an denen er am Boden lag, sich die Glieder rieb vor Schmerzen und er blaue Flecken sammelte, wie andere Blumen oder Knochenwürfel. Zu Beginn litt er sehr, da alles ungewohnt und neu für ihn war. Das Laufen strengte ihn ebenso an, wie der Sprint und da er noch nicht in einem eine amphora tragen konnte, mußte er sie unterteilen, was erneut laufen, laufen, laufen bedeutete. Doch aus Tagen wurden Wochen und Monate, in denen er täglich den Übungen und dem Drill des Ligārius Celer unterworfen war und mit jedem Tag, der verging, wuchs seine Ausdauer, wuchsen seine Kräfte und vor allem sein Wille zu zeigen das er kein Weib war. Das er ertragen konnte, das er, wenn nötig, leiden konnte und vor allem das er nicht klagen wollte. Er wurde schneller und besser und Celer ging mit der Zeit dazu über, ihn auch in der Wahrnehmung zu unterweisen, Dinge wahrzunehmen, die wichtig waren, die etwas andeuten konnten, Bewegungen zu antizipieren und darauf zu reagieren. Und mit den Fortschritten, die Mārcus machte, wurde Celer weniger herrisch. Zwar immer noch bestimmt und fordernd, aber eben weniger herrisch.


    Im zweiten Jahr der Ausbildung gingen sie täglich nach dem Laufen im Meer schwimmen und der Übungspfahl für die Fechtausbildung war da schon so abgenutzt, daß sie gemeinsam einen neuen einsetzten. Er hatte gelernt, wie er seinen Oberkörper in einer Linie mit seinem Oberschenkel des hinteren Standbeines zu bringen hatte, um den Stößen des Celer etwas entgegensetzen zu können. Und er sammelte immer noch blau Flecken und Schrammen, aber der Schmerz war verschwunden. Der Körper und er hatten sich an das Training und die Anforderungen so gewöhnt, daß Mārcus auch dann alleine seine Übungen machte, wenn Celer mit seinem Vater unterwegs war.


    Es war an einem Herbstmorgen, der Wind kam von See kälter als gewohnt heran, da saßen sie beide im ātrium. Es gab puls mit Speck. Seit Wochen nun schon aß Mārcus wie ein Soldat, wenn er mit Celer zusammen war. Es hat sich einfach so ergeben und es war nahrhaft und sättigend. Sein Körper war mittlerweile so geformt und gestählt, als hätte er schon immer sub aquila gestanden. Celer legte Mārcus einen Adler aus Ton in die Hand. Seine Schwingen breiteten sich erhaben aus und seine Krallen hielten die Blitzbündel des Iupiter Optimus Maximus.
    "Dies, Mārcus, ist Rōma. Hier war für lange Zeit mein Leben und ist es noch. Meine Brüder sind hier und starben hier. Wir sind viele, die das Licht vor der Dunkelheit schützen. Wenn du also eines Tages dich entschließen solltest mein Bruder zu werden, dann wird mich das sehr freuen. Ich weiß, unser Anfang war für dich hart. Doch du warst weich, du warst wie Kinderbrei in einer Welt, die von Dunkelheit umgeben ist. Nun sieh dich an. Du bist klug und gebildet, deine Familie hat dich gut unterrichten lassen. Du ehrst die Götter und die larēs praestitēs (*8), und du bist körperlich gestählt und bestens trainiert. Unsere gemeinsame Zeit hat aus dir einen Mann gemacht. Keine weibische Liederlichkeit und Jammerei, sondern einen, der einsteckt und austeilt, der ertragen kann, ohne zu jammern. Deine Muskeln sind wohl geformt doch dir nicht hinderlich. Du, Mārcus, hast nun alles, um mein Bruder sein zu können, wenn du es willst. Darum biete ich dir an, hier und jetzt, eben meine Bruder zu werden. Wir werden um so eifriger am Willen und Könne arbeiten, um auch weiterhin Roms Bestimmung zu erfüllen und die Dunkelheit der Barbarei zu verdrängen."

    Mārcus vernahm die Wort mit innerem Stolz und Freude. Er hatte all die Jahre seinen Geist und Körper trainiert, hatte Wettkämpfe gewonnen und den Respekt der städtischen Jugend sich erarbeitet, manchmal mit Worten, manchmal mit Taten. Hier nun bot ihm seine Ausbilder, sein Bruder zu werden, seine Waffenbruder. Er merkte wie stolz Celer auf sein Werk, auf Mārcus, war. Er hatte aus ihm einen idealen mīles geformt, so wie er idealerweise zu sein hätte – hart im Nehmen, hart im Geben und gebildet. An diesem Tag wurden sie Brüder, sie teilten Essen und Getränke, sie waren wie eine kleine eingeschworene Gruppe.

    Als Mārcus siebzehn wurde, waren sie seit 5 Jahren zusammen. An diesem Morgen wollte er gemeinsam mit Celer am Strand seinen Morgenlauf absolvieren, doch Celer kam nicht ins ātrium. Er ging zum Schlafgemach seines Waffenbruder und öffnete die Tür. Er fand Celer in seinem Bett liegend vor, die Decke bis zum Kinn hochgezogen. Mārcus näherte sich ihm, sprach ihn an, doch Celer stand der Schweiß auf der Stirn, die Augen fiebrig. Er murrte nicht, er klagte nicht, doch Mārcus merkte, daß es Celer sehr schlecht ging. Er holte einen Krug Wasser, Obst und Nüsse und begann sich um Celer zu kümmern. Zwischendurch laß er ihm aus iosephus vor und den Jüdischen Krieg, sprach über die Daker-Kriege, über Brüder und Freundschaft. Zwei Wochen lang war Mārcus an der Seite des Celer, eine Zeit in der er seinen Übungen nicht nachkam und sich nur um seinen Bruder kümmerte.
    Zur beginnenden dritten Woche holte morta Celer von hier und seine Augen schlossen sich für immer. Mārcus kümmerte sich um eine angemessene Bestattung und begann seinen Bart als Zeichen der Trauer lang wachsen zu lassen. Und er nahm seine Übungen wieder auf, verbissener und mit sich selbst noch strenger als zuvor. Celer hatte selbst im Augenblick des nahen Todes nicht geklagt, sondern es angenommen, was decima ihm bemessen und nona gesponnen hatte.


    Als Mārcus nach drei Monaten seine Trauer beendete und den Bart sich abnehmen ließ, war seine Ausbildung hier abgeschlossen. Nicht die körperliche. Er hatte gelernt Leid zu ertragen und beständig an sich zu arbeiten, seinen Körper zu straffen und wenn notwendig Leid zu erteilen, ohne Groll und ohne Mitleid. Er hatte gelernt, daß alle sub aquila und jene sub vēxillum seine Brüder werden, wenn er ebenfalls ihren Weg geht und daß das Licht vor der Dunkelheit geschützt werden muß und er der Beschützer werden kann. Und das alles bemessen und gesponnen wird, das nicht klagen hilft, nur die Tat zählt. Mārcus hatte von Celer gut gelernt und Celer hatte ihn zum Ideal geformt, daß häufig besungen und nur selten gefunden wurde. Doch er war nur Mācus und ob er den Vorstellung gerecht werden würde, lag in ferner Zukunft.



    Sim-Off:

    *1) calceus – Halbstiefel, Schuh

    *2) virtūs – Mannhaftigkeit, Stärke, Tugend

    *3) cūstōs corporis - Leibwächter

    *4) doctor gladiōrum – Fechtmeister

    *5) mille passūs – 1.000 passūs ~ 1,48 km

    *6) stadium ~ 185 Meter

    *7) amphora ~ 25,93 L

    *8) Larēs praestitēs - die schützenden Hausgötter