ZitatAlles anzeigenOriginal von Narrator Italiae*
In alter Zeit, als die Stadt Rom noch von Königen war regiert, folgte der Kreislauf des Jahres den Gegebenheiten, welche das Land den Menschen vor gab, so dass die tapferen Männer Roms im März – damals noch Beginn des Jahres - zu ihren Waffen griffen, Soldaten wurden und mit der Stärke und Kraft des Mars ausgestattet ihren Besitz verteidigten und mehrten, ihr Territorium beständig erweiterten. Im Oktober dann endete die Zeit des Kampfes, die Soldaten versammelten sich allesamt am armilustrium - einem heiligen Hain auf dem Aventin -, um die Waffen kultisch von Blut und Tot zu reinigen und hernach sie zu verwahren, sodann kehrten die Männer als Bauern zurück auf ihre Felder, um die Ernte unter dem Schutz des Fruchtbarkeit und Frieden gewährenden Quirinus einzuholen und sich vorzubereiten auf die Zeit des Winters.
Vieles hatte sich gewandelt seitdem, über die Zeiten von Krieg und Frieden hinaus herrschte Kontinuität von politischem und kultischem Leben, die Soldaten Roms waren Soldaten das gesamte Jahr hindurch, die Bauern stets Bauern, längst war die Bevölkerung des Imperium über jene Zahl gewachsen, dass alle Soldaten in Rom ihren Platz fanden, geschweige denn auf dem Aventin. Selbst die Götter waren nicht mehr die gleichen wie damals, Mars und Quirinus hatten ihre Plätze in der kapitolinische Trias aufgeben müssen zugunsten Iuno und Minerva – Krieg und Furchtbarkeit der Felder bestimmten in der Hauptstadt nunmehr weit weniger das Leben als Familie und Wissen, denn aus den Bauern waren Städter geworden, Weltenbürger – und während Mars sich noch als Stadtvater Roms, als Patron des gewaltigen imperialen Heeres und Gönner männlicher Kraft und Stärke konnte behaupten, so hatte Quirinus gänzlich an Einfluss verloren, hatte seine Macht über die Fruchtbarkeit der Äcker an Mars abtreten müssen und galt beinah nurmehr als genitur Quirinus, als veröttlichter Romulus.
Der engen kultischen Verbundenheit gegenüber alten Traditionen indes hatte wohl Quirinus zu verdanken, dass auch dieser Tage die Wandlung von mars belli zu mars tranquillus noch jedes Jahr im Oktober am Tage des Armilustrium wurde vollzogen, wiewohl auch das Gegenstück der Quinquatrus und des Tubilustrium im März, so dass zumindest an jenen Tagen ihm wurde gedacht, dass die alte Zeit nicht in Vergessenheit geriet. Dennoch war die Zeremonie, die Reinigung der Waffen und Schilde, das Einlagern eben jener nurmehr symbolisch, so dass die Teilnahme daran für die Soldaten nicht Notwendigkeit war, sondern Ehrensache, wie auch für die Sodalitäten der Salii, deren Lanzen und Schilde – jene, unter welchen auch die Lanze und das Schild des Mars sich befanden – stellvertretend für alle Waffen und Schilde aller Soldaten standen, welche irgendwo im weiten Erdkreis im Zeichen des Adlers für das Imperium Romanum kämpften.
Und so versammelten sich auch dieses Jahr die Soldaten am heiligen Hain auf dem Aventin: Prätorianer, Urbaner, Vigilen, Abgesandte der Legio Prima und der Classis von Misenum und Ravenna.
Es war ein klarer, etwas windiger Herbsttag. Nach einigem Warten und Sortieren der Einheiten in Marschformation, gab der hagere Prätorianerpräfekt Heius Vibulanus, kerzengerade auf seinem grauen Schlachtross, mit schnarrender Stimme den Befehl zum Aufbruch.
"Milites! Scuta sursum! Aequatis passibus! Pergite!"
Der Zug setzte sich in Bewegung, unter Tubageschmetter und Hörnerschall. Dieses Jahr marschierten vorneweg die Prätorianer, wie immer mit ungeheuer Präzision und dabei prachtvoll und düster zugleich anzusehen, in ihren archaischen schwarzen Paraderüstungen, wogenden Helmbüschen, ovale Schilde mit dem Zeichen des Skorpions tragend. Die Feldzeichen ragten hoch auf über die Köpfe der Soldaten, die der Garde waren neben den Imagines der kaiserlichen Familie (Augustus, Augusta und Caesar) geziert von Skorpionen, Kronen, Adlern und Torques, Kohorten-Abzeichen und Sieges-Emblemen. Die Signiferi und die Cornicen der Garde trugen stolz die Felle wilder Raubtiere.
Auch eine Abteilung der Equites Singulares paradierte schneidig hoch zu Roß. Zudem hatte die Garde Geschützmannschaften aufgeboten, die einige Carroballisten und mobile Onager mit sich führten – auch dies Waffen, die der Entsühnung bedurften.
Die Opfertiere wurden inmitten des Zuges geführt, Stier, Widder und Eber, prächtig geschmückt mit vergoldeten Hörnern oder Hauern.
Die Parade wand sich den Aventin hinunter. Nun stießen die Salier zu ihnen und führten die Prozession, das uralte Kriegslied singend, im Takt ihres Waffentanzes in Richtung des Forum Boarium. Von dort würde der Zug, gesäumt von den Massen der Schaulustigen, über das Forum Romanum den Weg zum Circus maximus nehmen. Die Fama der Stadt sagte, dass der Kaiser selbst dort als Opferherr der großen Entsühnung seiner Soldaten vorstehen würde.
*simoff: Gut geklaut ist halb gewonnen.
FDS