Beiträge von Faustus Decimus Serapio

    Hallo Scato!

    Sehr spät aber auch von mir ganz viele gute Wünsche für eine stetige Besserung und gute Genesung.

    Was für ein heftiger Schlag. Ich wünsche dir, wie so viele andere hier auch, dass du dir alle Zeit nimmst, die du brauchst, um Stück für Stück wieder zu Kräften zu kommen.

    Mir fehlt leider immer noch ganz klar die Zeit, mich dem IR zu widmen. Die Realität ist super =) , aber auch sehr raumgreifend. 8o
    Ich muß alle, mit denen ich hochfliegende Plotpläne geschmiedet habe, sehr zerknirscht um Entschuldigung bitten.

    Um nicht der Lectio zum Opfer zu fallen - bitte Serapio in Exil schicken bis ich irgendwann wieder mehr Schreibzeit habe. Simon ist er einmal mehr im Dienste der Garde fernab von Rom unterwegs... damit halte ich mir die Option offen, ihn unkompliziert wieder ins Spiel zu bringen. (Sein Präfekt, mit dem er gar nicht gut klarkommt, hat ihn wahrscheinlich auf eine besonders unglamouröse und langwierige Mission geschickt.)

    Quintilia Valentina darf, wenn sie das möchte natürlich, als leitende Matrone simon wie simoff über die Angelegenheiten der Gens Decima entscheiden.

    Bis dann!! :hallo:

    Cena mit den Liberti


    Meine Gemahlin war in Matronen-Angelegenheiten in der Stadt unterwegs, darum hatte ich mir heute zur Gesellschaft nicht nur Icarion eingeladen, sondern auch meine beiden besten Leibwächter mit an den Tisch gebeten. Alle drei gingen schon so lange mit mir durch dick und dünn, waren mir selbst in der Zeit der Verfemung nicht abtrünnig geworden, so dass ich sie mittlerweile durchaus auch als Freunde ansah… obgleich wenn der Umstand, dass ich sie einstmals käuflich erworben hatte, wahrscheinlich niemals bedeutungslos sein konnte.

    Meine Liberti und ich schmausten Muschelsuppe, vorzügliche Seeigel und gegrillte Doraden, tranken einen frischen Chier dazu, bedient von Philodemus, dem Unscheinbaren, und von Silas, dem Spröden. (Anscheinend hatte unsere Vilica dessen Strafe beendet – mir sollte es recht sein, optisch war es ein Gewinn.)


    Wir unterhielten uns eine Weile über das Stadtgeschehen, den Aquaeduktbau, das letzte Wagenrennen. Fernab der Castra versuchte ich, einmal nicht an die Machenschaften blasphemischer Verschwörer zu denken, nicht an die Unwägbarkeiten meiner Nabataea-Strategie, schon gar nicht an die Schwierigkeiten mit meinem Kommandanten. Es hieß, er habe beschlossen, das Archiv von Grund auf neu zu organisieren. Es hieß, er habe bereits einen hochrangigen Sonderbeauftragten dafür im Auge. Mars und Bellona und gütiger Serapis, steht mir bei, dass dieses Damoklesschwert an mir vorbei fällt und stattdessen jemand anderen erschlägt!
    Nun war ich doch abgeschweift, und als ich gedanklich zurückkehrte, hatte das Tischgespräch sich dem Thema Gemüse zugewandt.


    3348-pelias-jpg

    Pelias, der tatsächlich als einziger nur bei den Beilagen zugegriffen hatte, verkündete:
    „Seitdem ich nichts Beseeltes mehr esse, ist mein Kopf klarer und mein Leib noch ausdauernder. Auch fällt es mir viel leichter, die tierischen Leidenschaften der Seele zu bezwingen. Ich bin kein Philosoph, kein Platoniker, nur ein bescheidener Custos, und doch ich bin der festen Überzeugung, dass diese Welt eine bessere wäre, wenn alle Menschen sich von Gemüse ernähren würden. Ich habe gehört, dass Pythagoras von Samos gesagt hat: ‚Alles was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen wieder zurück.“


    3346-arkadios-jpg
    „Auch Pflanzen wachsen, wenden sich der Sonne zu, sterben. Wenn das mal nicht von Seele zeugt.“ Widersprach ihm Arkadios einsilbig, streute mehr Thymian auf den Fisch und steckte sich einen großen Bissen in den Mund. „Wenn du konsequent weiterdenkst, darfst du am Ende gar nichts mehr zu dir nehmen.“


    „Eine Welt ganz ohne animalische Leidenschaften erschiene mir dröge… vieler Reize beraubt“, warf ich ein, den Blick auf Icarion gerichtet.


    341-802a7903.jpg

    Der hatte nur mäßig gegessen, reinigte sich gerade penibel die Finger in Minzwasser, begann dann seine Kithara zu stimmen. Versonnen waren die bronzefarbenen Züge, als er horchte, weich gewölbt ruhten die Lippen aufeinander, geschmeidig war der Gang seiner Finger.

    Icarion war mir eine große Stütze, ein Trost, eine verlässliche Labsal, in dieser Zeit, in der ich mich unablässig nach dem fernen Kyriakos verzehrte, und mich zugleich gezwungen sah, meinen ehelichen Pflichten gegenüber meiner Gattin gerecht zu werden. Wieder und wieder hatte ich ihr beigewohnt, in den vergangenen Monaten, eine monotone Pflichterfüllung, doch noch immer war kein Erbe in Sicht.


    Das einzige, was mich ein Stück weit beruhigte, und mir die Furcht nahm, es könne an mir liegen, das war, dass Scybale, mit der ich vor der Hochzeit zum Üben geschlafen hatte, dadurch schwanger geworden war. Ich hatte sie dann nach Ostia auf unser Landgut geschickt, sie freigelassen, und der Obhut des treuen Verwalterehepaares anvertraut. Mittlerweile hatte sie glücklich einem kleinen Bastard das Leben geschenkt. Ich hatte ihn noch nicht gesehen, doch der Verwalter schrieb, er sei kräftig und wohlauf. Ich überlegte, das Kind, vorausgesetzt dass es überlebte, nach Rom zu holen, und hier im Haus erziehen zu lassen. Vielleicht auch zusammen mit Scybales älterem Sohn, der wohl von meinem Cousin Flavus stammte. Aber natürlich musste ich diese Angelegenheiten zuerst mit meiner Gattin besprechen, denn sie war mir sehr lieb und ich wollte sie weder traurig machen noch beschämen.


    „Und ein Fisch ist an Seele natürlich nicht mit einem treuen Reitpferd zu vergleichen…“ nahm ich den Faden wieder auf, „Doch selbst wenn wir nicht anzweifeln, was Pythagoras da postuliert hat, glaube ich nicht, dass die Tiere, die wir töten, ins Gewicht fallen, gegenüber den Menschen, die wir töten. Ich meine, Pelias, wenn du zurückschaust, wie viele waren es? Als Retiarius? Und später? Was macht da ein Filet oder Braten mehr oder weniger noch aus?“
    „Ich unterscheide zwischen notwendigem und mutwilligem Töten…“ begann Pelias, doch ich war schon wieder abgeschweift, bei dem Gedanken daran, wie viele Soldaten bereits unter meinem Kommando gefallen waren…

    Verhör der Flavia Philotima


    Die Macht des Schweigens war bei dieser Gefangenen nun wirklich zu Genüge ausgekostet worden. Das lag zum Teil auch daran, dass in der Zwischenzeit ein prätorianischer Bote die Reise in die Stadt Amastris angetreten hatte, eine gewaltige Wegstrecke, um dort zu überprüfen, ob die Delinquentin tatsächlich von dort kam, beziehungsweise was dort gegebenenfalls über sie bekannt war.
    Aus dem Nichts heraus ließ ich sie zum Verhör holen, erwartete sie auf die übliche Weise, die Fackeln in meinem Rücken, so dass das Licht ihr grell in die Augen stechen würde.
    Sachlich ließ der Miles sie auf dem Schemel vor meinem Tisch Platz nehmen.
    Mit entspanntem Gebaren auf meinem Stuhl zurückgelehnt betrachtete ich die hagere Frau, studierte in stummem Abscheu die Linien des Fanatismus in ihren Zügen.

    Die Jack-Aubrey-Reihe von Patrick O'Brian ist großartig. Ich habe sie verschlungen, allerdings nicht im Original, die Übersetzung ist aber sehr gelungen.

    Die Bücher sind atmosphärisch extrem dicht, spannend, sprachlich schön... die Figuren lebendig, mit feinem Humor gezeichnet. Sowohl als historische Romane in der napoleonischen Zeit, als auch als abenteuerliche Marinegeschichten finde ich die Bücher genial... dazu gibt es Spionage- und Naturforscher-Elemente die auch sehr interessant sind. Romantik fand ich darin eher wenig... von der innigen Liebe zur Seefahrt mal abgesehen :love: ^^ spielt die keine so große Rolle. Es gibt eine Amour fou, die aber auch sehr un-klischeehaft geschildert ist.

    „Dann beherzige primum: Jeder der Delinquenten hier hat einen Schwachpunkt – ein Wollen, ein Trachten, an dem du sie im Verhör packen und knacken kannst. Du kannst die Häftlinge einteilen, in die, die noch Hoffnung haben, hier mit heiler Haut oder zumindest lebendig herauszukommen, bei denen ist es einfach, Überleben ist der Hauptantrieb. Doch auch die anderen, die abgeklärt und fatalistisch erscheinen, auch irre Fanatiker wie die Christianer, auch die wollen doch immer noch irgendwas. Herauszufinden was es ist, das ist der Schlüssel, um sie zum Singen zu bringen. Und häufiger als man denkt, sind es banale Dinge. Die meisten wollen reden. Ausgedörrt von der Einsamkeit ihrer Zelle hungern sie nach anderen Menschen, nach Worten, sie gieren danach wie Hades-Schatten nach Widderblut.
    Secundum: Wir haben Zeit. Unterschätze nie die Macht des Schweigens. Früher oder später brechen sie fast alle. Wenn es eine Zeit lang nicht vorwärts geht, greif nicht voreilig zur Folter, du bekommst damit zwar schnell Ergebnisse, aber meist auch einen gigantischen Haufen Mist, sie produzieren dann die Aussagen von denen sie glauben, dass du sie hören willst, und das danach wieder auseinander zu sortieren ist langwierig und ineffizient. Sicher gibt es die harten Fälle, bei denen wir um die Methode nicht drum herumkommen, doch die sind selten. Faustregel ist auch dann, vorher erst mal das Potential der reinen Drohung mit der Folter auszureizen.“

    Übereifrige Neulinge hatte ich zu Genüge erlebt… Darum erwähnte ich noch, obgleich der Optio auf Zack wirkte:
    „Tote können im übrigen nichts mehr sagen. Ich hatte mal einen Optio, der einen Gefangenen totgeschlagen hat, weil der nicht geredet hat. Später stellte sich heraus, dass derjenige schon lange keine Zunge mehr besaß.“
    Ich lächelte süffisant, als ich an den wackeren Iunius Seneca zurückdachte. „Sieh zu, dergleichen zu vermeiden.“


    Tertium: Die Christianer pflegen sich in Herzen hinein zu nagen wie Würmer in rote Äpfel, darum kann man nicht jeden auf sie ansetzen. Du wurdest mir als standhaft und entschlossen empfohlen. Lass dich nicht von ihrem Gequatsche beirren, Optio Seius, auch wenn es hin und wieder sinnvoll sein mag, zum Schein auf sie einzugehen. Und du wirst deinem Centurio natürlich regelmäßig Bericht über dein Vorgehen und deine Ergebnisse erstatten.“
    Seitdem mein alter Kamerad Silio der Sekte auf den Leim gegangen war, war mir (und Musca) klar, wie gefährlich es war, diese Leute zu unterschätzen. Ich hatte ja selbst einmal, als junger Urbaner, den Sirenensang deren seltsamer Poesie vernommen. „Und nähme ich Flügel der Morgenröte…“ daran erinnerte ich mich noch, den Rest hatte ich zum Glück vergessen.
    Quartum: lass alles protokollieren, jedes Steinchen kann wichtig sein im großen Mosaik. Wenn du dem Delinquenten ein Gespräch unter vier Augen vorgaukeln willst, nimm eines der Verhörzimmer wo der Schreiber verborgen sitzt.
    Und merke dir genau, was der Delinquent als Allererstes sagt. Es ist im Nachhinein, wenn sich das Gesamtbild ergibt, dann oft von unvermuteter Bedeutung.“


    Im Anschluß zeigte ich Seius die Verhörräume und machte ihn mit den erfahrenen Gardesoldaten für Kerkerdienst, Vernehmungen und deren Protokoll bekannt. Den Rest würde der Optio im Laufe der Zeit sich aneignen, oder von seinem Centurio beigebracht bekommen.
    Es gab dann doch noch eine Planänderung, denn durch die nächste großangelegte Verhaftungswelle wurde Seius erst mal auf einige der neuen Gefangenen angesetzt. Und ich selbst sagte mir: unterschätzen war das eine, überschätzen war aber ebenso fatal. Ich würde mir die Brandrednerin "Philo von Amastris" selbst vorknöpfen. Was sollte schon passieren?! Ausquetschen wie eine reife Limone würde ich sie, das war ich dem Schatten meiner lieben kleinen Nichte mehr als schuldig.



    Sim-Off:

    Simoff: Von der Zeit schon lange weit überholt, darum nur noch ein Szenenabschluß.

    - Irgendwann vor einigen Wochen -



    335-custos-pelias
    Pelias, Custos


    Auf ein neues. Zum wiederholten Male lenkte Pelias seine Schritte nach Trans Tiberim. Der Grüne Genius lag inmitten des alten Zentrums des Viertels, ein uriges Amüsierlokal, die Fassade aus verwitterten Brettern, mit einer umlaufenden Balustrade, um die sich Weinlaub rankte, alte verholzte Triebe, einem Knäuel von Würgeschlangen gleichend.
    Sie erinnerten Pelias immer an die steinerne Laokoon-Gruppe auf dem Forum von Luca, jedesmal wenn er hier vorbeiging musste er an diese zurückdenken, in deren Schatten er damals die Fleischspieße verkauft hatte (bei denen nie so ganz klar gewesen war woraus sie bestanden) und jedesmal hatte er wieder den Geruch von ranzigem Fett in der Nase, und in den Ohren das schrille Keifen seiner Herrin, und dann war er – zwei Atemzüge lang – wieder der magere Junge mit den verschorften Knien, der im Fettdunst stand und davon träumte Gladiator zu werden. (Was später tatsächlich so geschehen war, mit den Träumen jedoch wenig übereingestimmt hatte.)


    Zwei Atemzüge später war Pelias wieder der routinierte Custos, nicht weniger lebensgegerbt als die Hauswand des Grünen Genius, unterwegs im Auftrag seines Patrons, zu dem er eine nicht geringe Loyalität hegte. Wenngleich diese Ergebenheit durch solch unsinnige Aufträge wie der heutige immer mal wieder hart auf die Probe gestellt wurde. Was tat man nicht alles für den, der einen freigelassen hatte.

    Eine klimpernde Tingeltangel-Melodie drang aus dem Lokal, kunstlos aber eingängig.
    Sie missfiel Pelias, und er verwarf den Gedanken, nach erledigtem Auftrag noch einen Moment in dem Lokal zu verweilen.


    Zu seinem Glück musste er den Mann, wegen dem er hier war, nicht lange suchen: der Türsteher mit den auffälligen Sommersprossen genoss eine Pause, er saß auf einer Bank neben dem Eingang, die Beine lang ausgestreckt, das Gesicht der Abendsonne zugewandt. Struppig stand sein rötliches Haar empor, ein schräger Sonnenstrahl ließ es aufflammen wie einen Feuerkranz.

    "Salve!" grüßte ihn Pelias.
    "Salve auch dir." erwiderte der Türhüter, Rufus geheißen.
    "Wie sieht es aus?"
    "Nichts neues, mein Freund, nichts neues."
    "Keine Nachricht von Kyriakos? Dem Hinkenden?"
    "Nein." antwortete der Rothaarige gleichmütig, "Nichts."
    "Nun ja. Für den Fall, dass er doch noch auftaucht – hier ist was für ihn. Verwahre es gut und übergib es ihm. Nur ihm."
    Pelias überreichte dem Rothaarigen einen Sack mit einem gut ellenlangen Holzkasten darin. Der war verschnürt und grob versiegelt und sah nach nichts besonderem aus, um keine Begehrlichkeiten zu wecken, doch Pelias wußte um den kostbaren Inhalt, der darin verborgen war, in ein geöltes Tuch eingeschlagen, sorgfältig gepolstert, damit nicht klapperte.
    Auch zählte er Rufus einige Sesterzen in die schaufelartige Handfläche. Der Mann hatte einen guten Ruf, doch Pelias hielt die ganze Aktion für haarsträubend. (Aber ihn fragte ja keiner. Nein, im Gegenteil, sein guter Rat wurde ihm noch übel genommen.)
    "Nochmal soviel wenn du es ihm übergeben hast."
    "Ist gut."
    "Auf bald."
    "Man sieht sich."
    Mit lässiger Abschiedsgeste erhob sich Rufus, ging eine Stiege hoch und verschwand im Obergeschoß des Grünen Genius.
    Pelias wandte sich zum Gehen. Die Lehren der Epikureer hatten ihm die Illusion ausgetrieben, dass die Götter sich um die alltäglichen Angelegenheiten der Menschen scherten. Sonst hätte er wohl die Unsterblichen um Beistand für einen glücklichen - oder zumindest glimpflichen - Ausgang der ganzen Affäre gebeten.





    ir-libertinus.png

    Während Serapio sim-on niemals nein zu einem gutaussehenden neuen Sklaven sagen würde, bin ich sim-off so sehr vom realen Leben vereinnahmt, dass mir gerade kaum Zeit und Muße für das IR bleibt und ich mir ständig Asche aufs Haupt streuen muß, weil ich mal wieder monatelang nicht geantwortet habe. 8o

    Quintilia Valentina, meine holde Gemahlin, ist auch eher sporadisch aktiv.

    Von daher - unter der Voraussetzung, dass Dameas sich selbstverantwortlich schönes Spiel verschafft, und nicht auf meine Aktivität angewiesen ist, ist er mir/dem Haushalt der Decimer sehr willkommen. Ansonsten würde ich empfehlen, einen anderen Besitzer auszuwählen, der zur Zeit rollenspielerisch mehr Action bieten kann.

    "Na und?!" erwiderte ich hitzig. "Ein Sklave, wohl, aber zugleich ein Mann!!"
    Doch die Erinnerung daran, wie Manius den Sciurus in die Tiefe gestoßen hatte, und die rechtschaffene Replik zum Seius – alles ganz harmlos, aha - die ich mit verkniffener Miene hörte... nahmen mir den Wind aus den Segeln. Nobel und selbstgerecht, und dazu noch im Recht stand mein Meditrinalien-Aton vor mir, und meine eigene Nichtswürdigkeit sickerte lähmend aus jedem Winkel des Raume, aus jeder Fuge des erlesenen Bodenmosaikes auf dem ich stand, wie der Rauch auf den phlegraeischen Feldern.

    "Ich habe es nicht darauf angelegt. Aber ich bin das Einerlei so leid! Wir drehen uns umeinander, Manius, wie Pantomimen, die das immergleiche Stück aufführen, eine Erinnerung hochhaltend, immer die Erinnerung zelebrierend, eine Meditrinaliennacht in Bernstein gefangen, perfekt und leblos, aber wir haben es verpasst, unser Leben zusammen zu führen, wir hätten zusammen fortgehen können, haben es nicht getan, haben es beide nicht gewagt, jetzt ist es zu spät und wir sind... nicht mehr jung... und erstarrt in Routinen, Dienst, Familie, Ansehen... - Ich habe es satt. Mein Dienst, dem ich so viel geopfert habe – was ist er überhaupt nütze, Kaiser kommen und gehen, und gegen Ränke und Giftmord kann alle Wachsamkeit der Welt nicht bestehen. Früher... da war ich immer der jüngste, der jüngste Tesserarius der Prima, der jüngste Centurio der Stadtkohorten, der jüngste Praefectus Praetorio den Rom gesehen hat... aber das ist lange her, nun bin ich nur noch ein Relikt aus martialischeren Zeiten, altes Eisen, für unseren 'Friedenskaiser' nur noch störend, eine lästige Erinnerung daran, dass er einst mit Hilfe meiner Gens an die Macht kam, meiner Gens, die längst nur noch ein Schatten ihres einstiges Ruhmes ist, ich bin ein alternder Tribun im Abseits, es fließt mir wie Sand durch die Finger. Ich bin es leid. Ich habe es nicht darauf angelegt. Ich wollte nur Ablenkung, auf dem Bacchanal, nur flüchtigen Rausch, aber als ich... ihm begegnet bin, war es als ob ein Blitz die dunkle Nacht erhellt." Trotzig, weil dies so abgeschmackt klang, und doch wahr war, reckte ich das Kinn, hob wieder den Blick und blickte Manius direkt an.
    "Ich kann nichts dafür, jeder der Augen im Kopf hat, oder auch nur eine Spur von ästhetischem Empfinden, muss ihm verfallen. Er ist umwerfend, wie ein Held aus alter Sage, als wäre Orion vom Firmament herab gestiegen. Ich wette, ja, ich würde meinen Streitwagen darauf verwetten, dass es dir ganz genauso ergehen würde, wenn du ihm entgegen treten würdest."

    Meine Valentina! Niemand konnte so gut zuhören wie sie. Ich hatte Lust, ihr etwas zu schenken... ach was, sie mit Geschenken zu überschütten... aber mit was nur... sie war so genügsam... - Am besten ich setzte Icarion darauf an, gleich morgen, der hatte immer gute Ideen.

    "Ach... Borkan..." Ich seufzte seelenvoll. "Es war meine Schuld. Ich war ihm nicht treu." Glasig schweifte mein Blick ins Leere. "Mein Meditrinalienfreund kam wieder, und dem konnte ich noch nie wiederstehen. Borkan ist besser dran ohne mich, hat das Weite gesucht, einen Schlußstrich gezogen... Es endet immer im Desaster. Er ist vorher gegangen, der Kluge. Ich hoffe er hat irgendwo... sein Glück gemacht, besitzt einen schönen Handelskontor, irgendwo an der Purpurküste, voll exotischer Waren, Spezereien, golddurchwirkte Stoffe und erlesene Kunstwerke und hat einen... - " Nein, selbst über die Zeit und Entfernung hinweg vermochte ich es nicht, ihm gnädig einen neuen Liebhaber zu wünschen. Sollte Borkan sich doch endlos nach mir verzehren – einfach zu verschwinden, ohne Nachricht! Zumindest eine Wachstafel hätte er mir hinterlassen können.
    "Alles vergeht, aber wir beide, Carissima, du und ich, wir bleiben einander. - Und ich dachte, dachte damals, ich könnte nicht ohne ihn sein. Weißt du, -" Ein kluger Gedanke hatte mich ereilt, ein funkelnder Geistesblitz, eine vorzügliche Metapher! " - das Herz ist wie eine Eidechse. Das Herz ist ein Eidechsenschwanz." schloss ich bedeutungsschwer.
    Und müde legte ich meine Wange an ihr seidiges Haupt. Über den Dächern von Rom verblasste der Morgenstern.
    "Ich habe wieder jemanden kennengelernt..." vertraute ich Valentina, schon im Halbschlaf, an, "einen wunderschönen Spartaner.... ein bisschen morbide, ein bisschen sehr asketisch, aber wahrhaft schön... ungeheuer intensiv... ein kühner Denker... und seelenerhebend schön..."
    Die rosenfingrige Eos erhob sich über den Horizont, während ich, an meine liebe Frau geschmiegt, endlich einschlummerte.

    Eine zitternde Hand, dann das schreckensbleiche Gesicht einer jungen Frau erschienen im Türrahmen.
    "Im Namen des Kaisers," sprach ich zu ihr, laut aber dabei routiniert und sachlich im Ton, "Dieses Haus und seine Bewohner stehen im Verdacht staatsfeindlicher Umtriebe. Wehrt euch und es fließt Blut - oder kooperiert und es geht glimpflich für euch aus!"
    Einer der Soldaten griff sie am Arm und schob sie einfach beiseite, riss die Türe weit auf, ging hinein, gefolgt von drei Kameraden. Ich hörte von draußen, wie sie Raum für Raum sicherten (man wusste ja nie ob die sanften Lämmchen nicht doch einen Dolch im Gewande führten.)
    Ich hieß einen der mit mir draußen verbliebenen Soldaten, die Frau zu durchsuchen. Er begann damit, rasch und professionell.
    "Name? Stand? Herkunft?" befragte ich sie derweil Schlag auf Schlag. "Was führt dich in dieses Haus?"

    Ein tadelloser Salut, ein stattlicher Optio. Musca hatte ihn mir empfohlen, und auf dessen Rat hielt ich große Stücke.
    "Optio Seius. Rühren. Ich habe dich angefordert für die fünfte Centurie der dritten Cohorte. Melde dich später bei deinem Centurio, Paeonius Durus, er wird dich einweisen."
    (Dass sein Vorgänger auf höchst unglückliche Weise verschieden war, das würde Seius noch früh genug erfahren. Der Tesserarius hatte seitdem Optiostelle vertreten und sich wohl Hoffnung auf Beförderung gemacht, doch der war mir nicht kampferprobt genug.)
    "Neben Training, Wachdienst und Drill werde ich dich in einer besonderen Angelegenheit einsetzen. Sicher ist dir bereits zu Ohren gekommen, wie fatal der Christianerwahn sich in dieser Stadt ausgebreitet hat. Den gilt es einzudämmen und die Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen. - Wie sieht es mit deiner Erfahrung mit Verhören aus?"

    - Irgendwann vor einigen Monaten -


    Eine der ersten Adressen der Stadt, wenn man sich eine hochwertige und dazu noch wirklich schöne Klinge gönnen wollte, das war der etruskische Schmied Curtunus Laris. Am Fuße des Quirinal unterhielt er ein elegantes Geschäft, direkt neben seiner Schmiede. Er präsentierte dort Messer und Dolche, Klingen größeren Formates gab es nur unter dem Ladentisch.

    Auf samtigem Leder gebettet lagen die schimmernden Schätze. Ich schlenderte durch den Laden und musterte sie, halb suchend, halb müßig. Es waren herrliche Stücke darunter. (Natürlich hätte ich auch in der Schmiede der Castra praetoria etwas in Auftrag geben können, doch ich suchte etwas besonderes, und herumsprechen sollte es sich auch nicht.)
    Curtunus hatte mir bereits die ein oder andere hervorragende Klinge angefertigt, unter anderem mein Prunk-Gladius, das ich nur bei Paraden trug. Er war sündhaft teuer, aber als Soldat sollte man doch wirklich nicht an der Qualität der Waffe sparen.


    Mein Blick blieb an einem raffinierten Konstrukt hängen: ein Messer zum Aufklappen, das zudem noch einen Zahnstocher und einen Ohrreiniger integriert hatte, und der Griff ließ sich zum Löffel verlängern. Faszinierend, doch nicht das was ich suchte.

    Ein aufmerksamer Sklave fragte nach meinen Wünschen, und ich ließ mir die Jagdmesser zeigen, nahm das ein oder andere in die Hand, zögerte bei einem gut ausgewogenen Dolch mit kunstvoll als Pantherkopf gestaltetem Knauf. Aber nein, doch noch immer zu gewöhnlich... Er hingegen war alles andere als gewöhnlich, und die Gabe sollte seiner würdig sein!


    Ich verlangte den Schmiedemeister Curtunus selbst zu sprechen. Er kam, von einem starken Geruch nach Rauch begleitet, ein knorriger Mann, stets mit Filzkappe.
    Nach kurzem Austausch von Höflichkeiten erklärte ich ihm was mir vorschwebte:
    "Ein Jagddolch, etwa eine Elle lang, gerade, beidseitig geschliffen, hochwertigster Stahl. Der Griff..."
    Ich ließ mir von meinem Custos Pelias einen Kasten reichen und öffnete ihn, zeigte Curtunus das imposante Hirschgeweih, das darin lag.
    "Für den Griff, nimm Material von diesem Geweih."
    Er besah es sich, nahm es und prüfte es kundig.
    "Ja, das ist machbar."
    "Der Knauf als Pantherkopf. Und eine Einlegearbeit im Griff, und zwar ...-"
    "Dafür ist das Horn zu spröde." unterbrach er mich bedauernd. "Die Klinge hingegen kann ich mit einem geätzten Motiv gestalten."
    "Gut... als Motiv zwei Satyren auf Hirschjagd. Wohlgestalte Satyren, keine plattnasigen Silenen... einer soeben den Speer schleudernd, einer den Pfeil abschießend, der Hirsch sich aufbäumend.."

    Curtunus nahm eine Tabula und begann zu skizzieren.
    "Ja, so etwa. Der Speerwerfer ruhig noch etwas athletischer... Und auf der Rückseite das Motiv eines Labyrinthes..."


    Es war Hybris, den Augenblick unseres Frevels festzuhalten, ihn zur Schau zu stellen... doch Kyriakos - nicht allein seine Anwesenheit, auch der Gedanke an ihn, ja, allein das Wissen um seine Existenz - erfüllte mich mit leichtsinniger Kühnheit. Jedwede Reue war vertane Zeit in einer Welt, in der der exquisite Spartaner mir zugetan war.


    Curtunus strichelte und zeichnete, so lange bis ich zufrieden war und ich gab vertrauensvoll den Dolch in Auftrag, machte eine beträchtliche Anzahlung. Die Anfertigung würde eine ganze Weile dauern, doch da mein Satyr auf Reisen war... wohin und wie lange, das wusste ich nicht... musste ich mich wohl oder übel sowieso in Geduld üben.
    Wenn der Dolch fertig ist, dann wird er bestimmt zurück sein... dachte ich bei mir, als könne ich es Kraft meiner Gedanken erzwingen.

    Spezialeinsatz

    <<
    <<


    "Militeeees!"
    Hatte ich vor dem Abmarsch aus der Castra zu den Männern gesprochen. Zwei Contubernia waren es, die dafür angetreten waren, zusammengestellt aus den in letzter Zeit neu zu uns abkommandierten Soldaten. Zwei von ihnen trugen eine große lederbezogene Kiste, mit Tragestangen.
    "Wir heben ein Christianernest am Aventin aus. Lasst euch nicht täuschen von der harmlosen Fassade: es ist ein Waisenhaus. Doch Verbindungen bestehen von dort zu..." Ich ballte die Faust und benannte finster: "...ruchlosen Verschwörern, Tempelschändern und Kaiser-Lästerern!"
    Und vielleicht sogar zu Messalinas Mördern. Der blanke Zorn über ihren Tod schob all meine Rest-Skrupel, wieder einmal die Zuflucht der armen kleinen Waisen zu stürmen, weit in den Hintergrund.
    "Wir marschieren direkt hin. Legt die Mäntel über Harnisch und Waffen, es geht durchs Pomerium. Vor Ort legt sie ab, es ist eng dort. Ihr vier..." - ich fasste die bezeichneten Männer jeweils nacheinander fest an der Schulter, damit alles glasklar war – "geht in das Haus von vorne rein. Ihr vier sichert die Gasse." Darunter waren auch die zwei Kisten-Träger.
    "Miles Sempronius, du führst dein halben Contubernium durch den Hinterhof. Ihr beide geht über den Hinterhof rein. Ihr beide sichert die Hintertür. Ihr zwei postiert euch oberhalb in der Gasse, ihr zwei da wo sie von der Via abgeht und haltet Gaffer fern.
    Gegen die Kinder keine unnötige Gewalt. Gegen die Erwachsenen Konsequenz und Härte. Alle, die wir da drin vorfinden, werden durchsucht. Und zwar geht es darum, ob sie einen Anhänger in Form eines Fisches tragen. Erwachsene mit Fischanhänger werden verhaftet. Und jeder der sich verdächtig verhält, versteht sich.
    Abmarsch!"


    Und so marschierten wir durch das abendliche Rom. Ein Lied drang durch die Gasse uns entgegen, klar und rein über Gossendreck und Müll... bis der Hall der Caligae es übertönte.
    "Agite!"
    Die Männer verteilten sich wie instruiert. Einer hämmerte gegen die Vordertür.
    "Aufmachen! Garde!!"

    _____________________________________________

    Christianos ad leonem – Verhöre

    Ein unterirdisches Gewölbe, direkt neben dem Zellentrakt. Durch zwei schmale Schlitze ganz oben unter der Decke fällt nur wenig Tageslicht. Fackeln in schweren Eisenhaltern tauchen den Raum in düsterrotes Flackern. Im vorderen Bereich befinden sich Tisch und Stühle, im hinteren eine Streckbank, ein Stuhl mit Eisenschellen, ein Kohlebecken, Haken und Ketten die von der Decke herunterhängen, und ein Arsenal von Folterwerkzeugen, eines unappetitlicher als das andere.


    <<

    Wieder hier. Die klamme Kühle der Mauern, das abgestandene Licht, der muffige Geruch... Mir war als griffen kalte Geisterhände nach mir, als hörte ich die toten Seelen wispern, derer, die hier unten verreckt waren, im Laufe der fast hundert Jahre, die die Castra schon stand. Und auch die Geister meiner eigenen Vergangenheit waren hier unten bedrückend präsent.
    Mühsam konzentrierte mich auf meine Aufgabe, versuchte alles vergangene auszublenden, spürte genau auf das Gewicht meines Harnisches, der mich fest umgab, schwer und ehern. Manchmal war mir, als wäre es nur diese Rüstung, die mich zusammenhielt, die mir Form gab, und wenn ich die Schnallen lockerte, wenn ich den Harnisch ablegte, dann würde ich in mich zusammenfallen, würde in alle Richtungen davongetrieben, vom Wind, so wie ein flüchtig zusammengesteckter Mann aus Stroh.
    Reiß dich zusammen, Faustus.
    Ein Gardetribun, dem es vor den eigenen Kerkern graute. Wie albern war denn das?!
    Ich reckte das Kinn und betrat den Verhörraum, ließ einige Unterlagen auf den Tisch fallen.


    An der Schuld der beiden inhaftierten Kultisten bestand natürlich kein Zweifel. Und der Centurio Octavius Maro hatte, während ich in Ravenna gewesen war, den Didier bereits tüchtig verhört. Didius hatte nichts geleugnet, aber keine Mitverschwörer außer den bekannten genannt. Auch ein Urbaner hatte sich schon mit ihm unterhalten, wobei natürlich ein Mann der Garde in der Nachbarzelle gelauscht hatte und eine Zusammenfassung zu Papyrus gebracht hatte. (Der Urbaner hatte geschickt Sympathie geheuchelt und den Gefangenen mit Essen geködert. Ansonsten nichts neues.) Einige wichtige Fragen waren weiterhin offen.
    An der Flavia hingegen, die behauptete, Patrizierin zu sein, da hatte sich wohl bisher noch niemand die Finger verbrennen wollen. Zeit das zu ändern. Jedoch wollte ich niemanden meiner guten, verdienten Leute damit betrauen – ich brauchte jemanden, der im Fall des Falles entbehrlich war! Darum hatte ich mir einen der Neuzugänge herrufen lassen: den Optio Seius Stilo, zuvor bei der Legio XV in Cappadocia.
    Das wenige Licht, das durch die schmalen Fensterschlitze fiel, bildete zwei Balken auf dem Boden, scharf abgegrenzt.

    Noch immer rückte Präfekt Claudius die Unterlagen nicht heraus. Meine wachsende Ungeduld verbergend, schüttelte ich zustimmend knapp den Kopf, nein, er musste mir die Brisanz nicht erklären. Dieses Verbrechen war potentiell reichserschütternd.
    Sein Plan war ungewöhnlich. Obgleich ich als Ex-Urbaner mich ja auch immer wieder für mehr Kooperation unserer Einheiten stark machte, so war doch auch in mich der Habitus der Garde eingesickert. (Aber nicht im Sinne von Konkurrenzdenken, nein. Denn die Urbaner waren ja keine Konkurrenz für uns, weder an Schlagkraft noch rein zahlenmäßig.)


    "Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen."
    Ich schluckte meinen Stolz herunter. Es ging hier um viel mehr.
    "Ich stehe zu deiner Verfügung, Präfekt. Und sehe die Notwendigkeit strengster Geheimhaltung. Du kannst versichert sein, dass ich diese wahren werde. Aber nur wenn du mir sagst worum es geht, kann ich unter unseren neuen Gardesoldaten diejenigen auswählen, die am besten geeignet sind."