Iulia (gens)

Aus Theoria Romana
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Die gens Iulia (dt. Julia) war ein angesehenes Patriziergeschlecht mit Wurzeln in Alba Longa, der Mutterstadt Roms. Der entsprechende Familienname (nomen gentile) ihrer Gensmitglieder lautet Iulius (dt. Julius) für männliche beziehungsweise Iulia (dt. Julia) für weibliche Iulier (lat. Iulii, dt. Julier). Darüber hinaus geht vermutlich auch der recht seltene Vorname (praenomen) Iullus auf einen früheren typischen Cognomen dieser gens zurück. So gab der spätere triumvir Marcus Antonius 45 v. Chr. seinem jüngsten Sohn Iullus Antonius diesen Namen wohl, um damit noch näher an die gens Iulia und den dictator Gaius Iulius Caesar zu rücken, als dessen Nachfolger er sich vermutlich bereits sah.

Obwohl die Iulier ein sehr altes und angesehenes Geschlecht waren und Angehörige dieser gens bereits für das 5. Jahrhundert v. Chr. in den Consularlisten (fasti consulares) auftauchen, erreichten sie erst mit zuvor erwähntem Caesar den Zenit ihrer Bedeutung und taten sich politisch besonders hervor. Während mit ebenjenem Caesar an den Iden des März 44 v. Chr. die direkte Linie der Iulier ausstarb, dauerte es weitere 111 Jahre bis mit Neros Tod im Juni 68 n. Chr. auch das letzte Mitglied der iulisch-claudischen Dynastie sein Ende fand. Fortan wurde das Gentilnomen Iulius wohl hauptsächlich von den zahlreichen von Caesar und den iulischen Kaisern Freigelassenen und den unter iulischer Herrschaft Eingebürgerten getragen - und von ihnen und ihren Nachkommen am Leben gehalten.


Göttlich-mythologische Herleitung der Iulier

Die Iulier betrachteten die mythologische Figur Iulus (gr. Askanios), den Sohn des Aeneas und der Creusa (gr. Krëusa), einer Tochter des letzten troianischen Königs Priamus (gr. Priamos), als ihren Stammvater. Er war der Gründer und erste König von Alba Longa und insbesondere Gaius Iulius Caesar (2) betonte damit nur allzu gern seine königliche Abstammung. Nichtsdestotrotz blieb es in der Geschichte bei nur diesem einen iulischen König, da sich nach Iulus Tod bereits dessen Sohn in einer Volkswahl einem weiteren Sohn des Aeneas, Silvius, geschlagen geben musste. Nach der Zerstörung Alba Longas durch Tullus Hostilius, den dritten König von Rom, mussten die Iulier gleich den anderen führenden patrizischen gentes Cluilia (auch: Cloelia), Curatia, Gegania, Quinctilia und Servilia, nach Rom auf den Caelius Mons umsiedeln. Dabei wurden sie der tribus Fabia zugeordnet.
Bovillae, ebenfalls ein Ort, an den sich viele Menschen aus Alba Longa (seither Albani Longani Bovillenses genannt) flüchteten, wurde ein weiterer wichtiger Ort für den iulischen Gentilkult, an den viele sacra der gens gebracht wurden. Folglich ist es auch wenig verwunderlich, dass stets ein Mitglied aus iulischem Hause ein Priesteramt in Bovillae bekleidete.

Veiovis

Der Hauptgott des iulischen Gentilkultes war die archaische Gottheit Veiovis - und nicht etwa die Göttin Venus. Bereits lange vor Gaius Iulius Caesar (2) ließ nämlich bereits Aeneas Sohn Iulus dem Gott in Alba Longa einen Tempel errichten und auch in Bovillae, wo ihm von den Iuliern ein Altar geweiht worden war, und Rom war der Kult nicht unbekannt. Dabei wurde Veiovis zunächst häufig als Diminutiv von Iovis aufgefasst und folglich als "kleiner Iuppiter" interpretiert. Erst später erfolgte auch eine Identifikation mit Apollo. Die Verbindung zu den Iuliern ergibt sich im Folgenden aus der consecratio des Aeneas, dem Vater des iulischen Ahnherrn Iulus, als Iuppiter Indiges. Obwohl es sich beim Kult des Veiovis sehr wahrscheinlich um einen Ahnen- und Totenkult gehandelt hat, ist nicht klar, ob der Gott als "kleiner Iuppiter" auch direkt mit Iulus identifiziert wurde.

Apollo

Mit Ausnahme der Gleichsetzung mit dem iulischen Gentilgott Veiovis bestand vor dem Prinzipat keine nachweisbar besondere Verbindung zwischen Apollo und der gens Iulia. Denn so weihte zwar Gaius Iulius Mento als consul des Jahres 431 v. Chr. nach einer Seuche den ältesten Apollotempel Roms und Gaius Iulius Caesar (2) wurde am Hauptfeiertag der Ludi Apollinaris geboren, doch noch während des Bürgerkrieges Caesars war der Gott durchaus bei beiden Konfliktparteien sehr beliebt. Erst Atia, die Mutter des späteren Kaisers Augustus soll behauptet haben, dass der wahre Vater ihres Sohnes der Gott Apollo gewesen sei, der sich ihr während eines mitternächtlichen Festes im Apollo-Tempel in Form einer Schlange genährt habe. Nachdem die Caesarmörder, für die im Juli 44 v. Chr. Marcus Iunius Brutus Caepio noch die Ludi Apollinaris finanzierte, in der Schlacht bei Philippi geschlagen worden waren, konnte der spätere Augustus den Gott ganz für sich allein in Anspruch nehmen. So besteht denn mit seiner Bezeichnung als Divi filius - neben dem Bezug auf den vergöttlichten Caesar - auch eine signifikate Verbindung zu Apollo.

Mars

Bis zur Herrschaft des Kaisers Augustus verband einzig die Legende, dass Gaius Marius, der Onkel des dictators Gaius Iulius Caesar (2), ein Sohn des Mars und der Venus wäre, die gens Iulia mit dem Kriegsgott. Jedoch zeigte sich dies bereits als ausreichend, um Mars schon bald zum Gentilgott der Iulier zu erheben, wie das nach seinen militärischen Erfolgen im Bürgerkrieg und seinem Triumphzug im Jahr 46 v. Chr. gegebene Versprechen Caesars dem Gott auf dem Campus Martius einen Tempel zu erreichten nahelegt. In der Folge war es allerdings erst 44 Jahre später Augustus, der 2 v. Chr. das Vorhaben realisierte. [...]

Venus

Der präferierte Kult der Iulier galt wohl der in vielen Zügen mit Fortuna verwandten altitalischen Göttin Venus. Vor allem Gaius Iulius Caesar (2) betonte neben der bereits erwähnten königlichen auch seine göttliche Abstammung von ihr, die er über die mythologische Figur Iulus, den Sohn des Aeneas und damit Enkel der Venus, als iulischen Stammvater herleitete. Aber auch das Glück, welches Caesar nicht selten erfolgreich herausforderte (vgl. Caesarem vehis eiusque fortunam.), kann unter Umständen über Fortuna mit Venus in Verbindung gebracht werden. Letztlich ist der von ihm betriebene Bau des Tempels der Venus Genetrix ein Ausdruck dieser Caesars Politik, seiner herausgehobenen Stellung eine mythologisch-religiöse Rechtfertigung zu verschaffen, die nicht zuletzt die gesamte iulisch-claudische Kaiserdynastie zu beeinflussen vermochte.


Trivia (Wissenswertes)

Menses Iulius & Augustus

Die beiden menses (dt. Monate) Iulius (dt. Juli) und Augustus (dt. August) wurden nach Mitgliedern der gens Iulia benannt. So hießen die Monate ursprünglich Quin(c)tilis (dt. Fünfter) und Sextilis (dt. Sechster), da sie bis zur Verlegung des Jahresbeginns 153 v. Chr. vom 1. März auf den 1. Januar eben genau der fünfte beziehungsweise sechste Monat des Jahres waren. Seit 63 v. Chr. war der spätere dictator Gaius Iulius Caesar als pontifex maximus Vorsteher des auch für den römischen Kalender verantwortlichen collegium pontificum und reformierte um das Jahr 46 v. Chr. ebenjenen Kalender grundlegend. Nach seiner Ermordung an den Iden des März 44 v. Chr. verabschiedete der Senat auf Antrag des consuls Marcus Antonius noch im selben Jahr die Lex Antonia de mense Quintili zur Umbenennung des Geburtsmonats Caesars zu dessen Ehren in Iulius.
Nachdem der mittlerweile unter dem Namen Imperator Caesar Divi filius Augustus als erster Kaiser herrschende Adoptivsohn Caesars im Jahre 12 v. Chr. ebenfalls zum pontifex maximus ernannt worden war, wurde 8 v. Chr. ein Schaltungsfehler in der Kalenderreform Caesars entdeckt. Mit der Beseitigung dieses Fehlers, womit sich also auch Augustus seinen Anteil am Iulianischen Kalender sicherte, wurde ebenfalls 8 v. Chr. durch die Lex Pacuvia de mense Sextili auch Augustus ein eigener Monat geweiht. Hauptgrund für die Auswahl seines Monats war sein am 19. August 43 v. Chr. angetretenes erstes Consulat, welches er selbst als Beginn seiner über 50-jährigen Herrschaft wertete, wenngleich auch die Tode seiner Gegner Marcus Antonius und Cleopatra VII. und damit die Eroberung Ägyptens im Jahre 30 v. Chr., wie auch sein dreifacher Triumphzug im Jahr darauf in diesen neuen Monat Augustus fallen.

Die noch immer weit verbreitete Annahme, dass der August nur deshalb gleich dem Juli 31 Tage umfasst, da Augustus dem vergöttlichten Caesar dort in nichts nachstehen wollte, ist allerdings kaum haltbar. Ein ägyptisches Papyrus aus dem Jahr 24 v. Chr. belegt, dass bereits der Sextilis 31 Tage lang war, während die vor 12 v. Chr. zu datierenden Fasti Caeretani schon einen nur 28-tägigen Februar ausweisen.

Leges Iuliae

Unter der Bezeichnung Leges Iuliae versteht man im Allgemeinen alle von Mitgliedern der gens Iulia erlassenen oder veranlassten Gesetze, insbesondere die des Gaius Iulius Caesar (2) und des Kaisers Augustus. Besonders zu erwähnen sind hierbei die folgenden leges (dt. Gesetze):


Bekannte Gensmitglieder nach Zweigen

Iulii Iulli

Die Iulii Iulli sind der wahrscheinlich älteste Zweig der patrizischen Iulier. Ihr Cognomen geht vermutlich auf den mythologischen Stammvater der gens, Aeneas Sohn Iulus, zurück. Besonders häufige Praenomen (gemessen an der Zahl nachgewiesener Iulier) dieses Zweiges waren wohl Gaius und Lucius.

Iulii Mentones

Die Iulii Mentones sind ein patrizischer Zweig der Iulier.

Iulii Libones

Die Iulii Libones bilden vermutlich das Bindeglied zwischen den Iulii Iulli und den Iulii Caesares.

Iulii Caesares

Die patrizischen Iulii Caesares führen sich auf Aeneas Sohn Iulus zurück und sind eventuell über die Iulii Libones Nachkommen der Iulii Iulli. Besonders häufige Praenomen (gemessen an der Zahl nachgewiesener Iulier) dieses Zweiges waren wohl Gaius, Lucius und Sextus.

Iulisch-Claudische Dynastie

Es ist streitbar, inwieweit nicht auch Gaius Iulius Caesar (2) bereits zur iulisch-claudischen Dynastie gezählt werden muss. Einerseits nämlich endet ohne einen leiblichen Sohn aus rechtskräftiger Ehe mit ihm die direkte Linie der Iulier. Auf der anderen Seite jedoch bildet sein letzter Wille, die testamentarische Adoption seines Großneffen, des späteren Augustus, gerade die Grundlage für ebenjene kaiserliche Doppeldynastie, die fast 100 Jahre lang die Geschicke des Römischen Imperiums lenkte.

Grablege für die meisten Mitglieder der iulisch-claudischen Dynastie ist das Mausoleum Augusti in Rom.

Spätere Namensträger


Quellen:
Dr. Charwath, Philipp: Römisches Recht: Ein Lesebuch, Google-Leseprobe
Gelzer, Matthias: Caesar: Politician and Statesman (en), 1968, Google-Leseprobe
Rüpke, Jörg & Glock, Anne: Fasti sacerdotum - Teil 2: Biographien, 2005, Google-Leseprobe
Vergilius Maro, Publius: Aeneis (lat), 19 v. Chr.

Attalus.org: Fasti Capitolini (1) ; Fasti Capitolini (2) & Fasti Triumphales
ImperiumRomanum.com: Politiker (1) & Politiker (2)
Wikipedia: Albe la Longue (fr) ; Gaius Iulius Caesar ; Iulius ; religiöse Tradition der gens Iulia ; Sacrobosco's theory on month lengths (en) & Sextilis (en)