Pomp und Sühne – das Armilustrium

  • Zurück auf dem Rücken meines Paraderappen verfolgte ich den Fortgang der Zeremonie. Eine gewisse Rivalität zwischen den Einheiten herrschte ja immer – und sogar ich Ex-Urbaner konnte mich dieser nicht entziehen – so zuckten meine Mundwinkel abfällig bei der komplett uninspiriert vorgetragenen Anrufung des Tribuns Petronius. Eine Emphase als würde er eine Vorratsliste ablesen dachte ich hämisch und war es zufrieden, dass die Garde im Gegenzug um so mehr (in dunklem Glanz, versteht sich) erstrahlte. Das Dröhnen der Schilde, in das alle Einheiten einfielen, war aber natürlich jedes mal ein Gänsehaut-Moment.
    Mein Rappe scharrte mit den Hufen, ich versammelte ihn, bis er wieder strammstand, als wären wir ein Reiterstandbild.
    Auch das dritte Voropfer wurde vollführt, Quirinus' Name unter aufsteigenden Räucherwerk-Schwaden gepriesen, der geschmückte Eber präsentiert, und ein drittes Donnergrollen rollte durch den Circus.


    Damit war die Zeit für das Hauptopfer gekommen. In meiner privilegierten Position würde ich alles gut sehen und hören können - sowohl unseren erhabenen Imperator als auch (worauf ich persönlich mich heimlich ja noch viel mehr freute) seinen hochedlen Pontifex.

    Für alle, die nicht so dicht dran waren, standen heute, wie auch sonst oft bei solchen Massenverstaltungen, Ausrufer in regelmäßigen Abständen zwischen den Reihen der Soldaten und den Rängen des Circus, die all die Reden, die hier vorne geschwungen wurden, aufgriffen und mit geschulter Stimme volltönend weitergaben.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Als die Voropfer durch die stadtrömischen Einheiten waren abgeschlossen, trat der Pontifex Flavius Gracchus an der Seite des Augustus an den Opferaltar heran, neben welchem bereits der Widder seines Schicksals harrte. Gracchus fühlte sich Teil dieses Ritus und doch fremd - in zweierlei Hinsicht, denn einerseits war das Armilustrium Bestandteil uralter, kultischer Traditionen und damit seines Metiers, andererseits indes tief verwoben in das militärische Geflecht Roms und darob Teil einer ihm gänzlich fremden Welt, einerseits stand er im Zentrum des Ritus, andererseits war er nur eine unbedeutende Figur an ihrem Rande. Dennoch, allein der Anblick über die Soldaten Roms in ihren prachtvollen Paraderüstungen hinweg - Abbild der Macht und Stärke Roms -, ganz zu schweigen von dem persönlichen Augenschmaus Serapios Darbietung -, war zweifelsohne mehr als erhebend genug, um sich selbst zu vergessen. Als die Herolde durch ihr "Favete linguis!" Ruhe einforderten, die Tibicines mit ihrem Flötenspiel ansetzen, um alle störenden Geräusche von Aquilius als Opferherrn fortzuhalten, welcher zu diesem Zwecke nun auch eine Falte seiner Toga sich über das Haupt legte -, und Gracchus nach dem Augustus seine Hände in eine Schale lauwarmen Wassers tauchte und rituell alles profane von sich wusch, suchte der Pontifex jene Gedanken von sich zu schieben, um gänzlich sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Im fahlen, herbstlichen Licht schimmerten die feinen Silberspäne, welche in das Fell des Widders gerieben worden waren, nicht gar so funkelnd wie an manch sonnigem Sommertage, verliehen ihm jedoch durchaus einen dezenten Glanz, der durch die goldfarbenen Hörner noch verstärkt wurde. Von einem Kultdiener nahm Gracchus die Schale mit mola salsa entgegen, um an den Augustus heranzutreten, welcher bereits sein Opfermesser in Händen hielt. Während Auqilius dem Widder ein wenig der weißlichen Masse zwischen die Hörner gab und sodann mit dem Messer über dessen Rücken strich, um die rituelle Entkleidung des Opfertieres durchzuführen, soufflierte der Flavier ihm die Worte, welche der Augustus währenddessen zu sprechen hatte.

    "Iuppiter Optimus Maximus, Fürst des Himmels, Iuppiter Victor et Invictus, siegrei'her und unbesiegter Herrscher,

    Dieser Widder sei Dir gegeben aus freien Stücken, Dein Wohlwollen zu erbitten, Deinen Schutz und Deine Stärke für die treuen Streiter des Imperium Romanum!

    Iuppiter Stator, der die Flucht hemmt, Iuppiter Feretrius, der die Feinde schlägt,

    Dieser Widder sei Dir gegeben aus freien Stücken, Deinen Segen zu erbitten für die Waffen der Söhne des Imperium Romanum, welche alle Feinde bezwingen!

    Iuppiter Triumphator, der den Sieg bringt, Iuppiter Urbis Custos, der unsere Stadt beschützt,

    Dieser Widder sei Dir gegeben aus freien Stücken, dass Du Roms Streiter beseelst mit Deiner Stärke!

    All..gewaltiger Iuppiter, nimm Du unsere Gabe für dein Wohlwollen, Deinen Segen und Deine Stärke!"

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  • Der Augustus war äußerst dankbar für das Soufflieren des Pontifex. Und mit dem Maximum an augusteischer Würde sprach er also die Worte nach:

    "Iuppiter Optimus Maximus, Fürst des Himmels, Iuppiter Victor et Invictus, siegreicher und unbesiegter Herrscher,

    Dieser Widder sei Dir gegeben aus freien Stücken, Dein Wohlwollen zu erbitten, Deinen Schutz und Deine Stärke für die treuen Streiter des Imperium Romanum!

    Iuppiter Stator, der die Flucht hemmt, Iuppiter Feretrius, der die Feinde schlägt,

    Dieser Widder sei Dir gegeben aus freien Stücken, Deinen Segen zu erbitten für die Waffen der Söhne des Imperium Romanum, welche alle Feinde bezwingen!

    Iuppiter Triumphator, der den Sieg bringt, Iuppiter Urbis Custos, der unsere Stadt beschützt,

    Dieser Widder sei Dir gegeben aus freien Stücken, dass Du Roms Streiter beseelst mit Deiner Stärke!

    Allgewaltiger Iuppiter, nimm Du unsere Gabe für dein Wohlwollen, Deinen Segen und Deine Stärke!"


    Nachdem er diese Passage unfallfrei über die Bühne gebracht hatte, war es seines Wissens nun noch Zeit für das "Age". Aber er ging lieber noch mal auf Nummer sicher und flüsterte dem Pontifex fragend zu: "Age?"

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  • Während der Augustus die Worte repetierte, ließ Gracchus seinen Blick wieder über die Soldaten Roms schweifen. Er war nie Teil des Militärs gewesen, doch er konnte sich lebhaft vorstellen wie die kleinen oder auch größeren, wilden Stämme in den fernen Provinzen vor diesem Anblicke erzitterten. Unbezweifelt, die Götter mussten Rom lieben, ebenso wie seinen Augustus, welcher dem Reich und insbesondere der Stadt bereits seit Jahren wieder Frieden und Wohlstand schenkte. Auf die leise Frage Aquilius' bedeutete der Flavier die beiden Schlächter mit einem unscheinbaren Wink ihr Werk zu beginnen. Während der eine mit dem malleus bereit stand, postierte der cultrarius mit dem scharfen Messer sich zur Seite des Wilders, der durch eine bewährte Kräutermischung bereits seit dem frühen Morgen in einen beruhigten Zustand war versetzt worden und auch nun noch gänzlich unbedarft auf getrockneten Melissenblättern und Hopfenblüten herumkaute.
    "Agone?" fragte der Opferstecher laut, und auf das

    "Age!"

    des Kaisers taten die Schlächter ihr Werk. Schwungvoll krachte der metallene Opferhammer zwischen den vergoldeten Hörnern des Wilders auf dessen Schädelplatte hinab, und noch bevor das Tier gänzlich zu Boden war gesunken stach der cultrarius das Messer in dessen Halsschlagader. Ein popa stand bereit, einen Teil des Blutes in einer silbernen Schale aufzufangen, während der Rest in dünnen Strömen sich seinen Weg über den Boden suchte und ob der Kälte der Jahreszeit schnell dort zu einer klebrigen Masse gerannt. Routiniert begannen die Schlächter den Bauch des Opfertieres zu öffnen und die vitalia aus seinem Inneren zu nehmen, welche ein weiterer popa in einer Opferschale schlussendlich dem Pontifex präsentierte. Die Eingeweide waren noch warm als Gracchus sie aufnahm, und verströmten einen leicht metallischen Hauch nach Blut. Die Leber zeigte sich fest und makellos in ihrem dunklen Rot, auch die Adern über die hellere Gallenblase waren in natürlicher Zeichnung verteilt, das Herz kräftig und wohlgeformt, allesamt ohne fühlbare Verhärtungen oder Knoten unter der Oberfläche. Ohnehin lohnte es sich nicht, die Eingeweideschau umfänglicher vorzunehmen, denn das Armilustrium musste gelingen. Darob nickte der Flavier zu Aquilius und verkündete:

    "Litatio."

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  • Und weiter ging die Zeremonie. Das Opfertier machte auch nach dem eingeschränkten Verständnis des Kaisers einen sehr ordentlichen Eindruck.


    "Litatio! Der allmächtige luppiter hat das Opfer der Söhne Roms angenommen!" verkündete er.


    Jetzt müsste es ohne viel Aufhebens mit dem Stier für Mars weiter gehen. Aber nachdem das Opfer für Iuppiter offenbar für gut befunden worden war, machte er sicht nicht mehr ganz so viele Gedanken um das Opfer für Mars. Wenn der hohe Iuppiter mit den Opfern der Römer zufrieden war, wieso sollte Mars dann unzufrieden sein. Das wäre doch gar sehr launisch, fand der Princeps.

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  • Nachdem die Litatio verkündet war und der Flavier sich das Blut hatte von seinen Händen gewaschen, trat er gemeinsam mit dem Augustus vor den großen Stier hin, dessen Hufe angekettet waren am Boden, ebenso wie ein Seil um seinen Hals war gelegt, welches ein Popa in Händen hielt. Würde das Tier auszubrechen versuchen, würde der Mann es zwar kaum halten können, doch da auch der Stier halb betäubt war durch Kräuter und Räucherungen, galt es ohnehin mehr seinen Kopf ein wenig gerade zu halten. Es folgte der traditionelle Ritus, die mola salsa mischte sich auf dem Haupt des mächtigen Bullen mit den kupfernen Spänen, mit welchen das Tier war eingerieben, um sein rotfarbenes Fell zum Schimmern zu bringen. Und als Aquilius wiederum die rituelle Entkleidung vornahm, diesmalig auch die breite dorsule, die wollene Decke von seinem Rücken nahm, flüstert Gracchus ihm wiederum die passenden Worte ein.

    "Mars pater, Vater aller Römer, Herr des Krieges und seiner Streiter!
    Dieser Stier sei Dir gegeben aus freien Stücken, Dein Wohlwollen zu erbitten, Deinen Schutz und Deine Stärke für die treuen Streiter des Imperium Romanum!
    Marspiter, der mit seinem Schild das Imperium schützt und mit seiner Lanze die Feinde des Reiches ver..nichtet!
    Dieser Stier sei Dir gegeben aus freien Stücken, Deinen Segen zu erbitten für die Waffen der Söhne des Imperium Romanum, welche alle Feinde bezwingen!

    Mamars, waffengewaltiger Lenker und unbezwingbarer Wender der Schlachten!
    Dieser Stier sei Dir gegeben aus freien Stücken, dass Du Roms Streiter beseelst mit Deiner Stärke!
    Allgewaltiger Mars, nimm Du unsere Gabe für Dein Wohlwollen, Deinen Schutz und Deine Stärke!“

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  • Der Kaiser erinnerte sich selbst noch einmal daran, den Ritualen in Zuunft mehr aufmerksamkeit zu widmen. An Tagen wie diesem, wurde ihm schlagartig die Bedeutung des Ritus an sich bewusst. Er nahm sich vor, von nun an öfter den Pontifex zu kosultieren, wenn Dinge anstanden.


    Zuerst aber die Opferformel:


    "Mars pater, Vater aller Römer, Herr des Krieges und seiner Streiter!

    Dieser Stier sei Dir gegeben aus freien Stücken, Dein Wohlwollen zu erbitten, Deinen Schutz und Deine Stärke für die treuen Streiter des Imperium Romanum!

    Marspiter, der mit seinem Schild das Imperium schützt und mit seiner Lanze die Feinde des Reiches vernichtet!

    Dieser Stier sei Dir gegeben aus freien Stücken, Deinen Segen zu erbitten für die Waffen der Söhne des Imperium Romanum, welche alle Feinde bezwingen!

    Mamars, waffengewaltiger Lenker und unbezwingbarer Wender der Schlachten!

    Dieser Stier sei Dir gegeben aus freien Stücken, dass Du Roms Streiter beseelst mit Deiner Stärke!

    Allgewaltiger Mars, nimm Du unsere Gabe für Dein Wohlwollen, Deinen Schutz und Deine Stärke!“

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    CENSOR - CURSUS HONORUM

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  • Auch der Petronier war nach seiner Opferhandlung auf den Pferderücken zurückgekehrt. Er war zwar kein passionierter Reiter - vor allem bei Opferhandlungen war es wesentlich anstrengender, ein Pferd ruhigzuhalten als einfach auf dem Boden zu stehen. Aber natürlich konnte man sich bei diesen uralten, altehrwürdigen Ritualen nicht aussuchen, wie man auftrat.


    Immerhin lenkte ihn die Arbeit mit dem Pferd von dem Geschwafel vorn am Altar ab. Auch wenn es der Imperator Caesar Augustus war, der hier versuchte, mit Hilfe von ein paar getöteten Tieren eingebildete Mächte zu besänftigen, die mit dem kleinen Finger eine ganze Rinderherde töten konnten, war dieses Schauspiel Verschwendung von Zeit und Geld! Wahrscheinlich nutzten die Banden Roms diesen Tag sowieso, um besonders ruchlose Verbrechen zu begehen, weil ein Großteil der Stadteinheiten hier gebunden war...

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Scato stand etwas hilflos herum, das Kästchen mit dem Weihrauch noch in der Hand, nachdem der Tribun sich verdrückt hatte. Nun, der Petronius kannte im Gegensatz zu ihm ja auch die ganzen Abläufe. Scato blickte fragend hinüber zu Frugi, der das Wasser dargereicht hatte. Sollten sie jetzt auch zurück zu ihrer Einheit gehen oder noch auf irgendetwas warten?

  • Seit frühester Kindheit war Manius Minor es gewohnt, seinen Vater beim Vollzug der Sacra Publica zu beobachten, doch heute, da er seit langer Zeit wieder einmal an derartigen Kulthandlungen partizipierte, vernahm er jene Rolle aufs Neue recht deutlich und erwog schlagartig, ob nicht auch von ihm der Wille der Unsterblichen verlangte, einen exponierteren öffentlichen Dienst für den Cultus Deorum zu übernehmen.


    Indessen blieb die Frage, ob schlicht aufgrund seiner noblen Abkunft er hierfür würdig wäre, nachdem doch in seinem privaten Leben derart ihren Zorn hatte entfacht...

  • Der Augustus war nicht gerade als klein zu bezeichnen - wenn auch ebenso wenig als übermäßig groß -, doch neben dem gewaltigen Stier schien er eher unbedeutend. Gracchus wies ihn mit einem unscheinbaren Handzeichen an, ein wenig weiter zurück zu treten, ehedem er den bereitstehenden Popae das Zeichen gab, zu beginnen.

    "Agone?" fragte der Kulthelfer, welcher diesmalig nicht ein Messer hielt, sondern mit einer sacena, einer Opferaxt, neben dem Stiefkopf stand.

    Auf das "Age!" des Kaisers hieben indes zuerst zwei Popae mit Beilen in die Vorderläufe des Tieres, um dieses in die Knie zu zwingen, ehedem ein Popa den malleus, den Opferhammer schwang und diesen auf das Haupt des Tieres krachen ließ, dass die Opferhelfer, zweifelsohne auch der Augustus, und allfällig einige näher am Altar stehende das knirschen des Schädelknochens konnten hören. Nur einige Herzschläge später schwang die sacena aus und durchtrennte die Halsschlagader des Stieres, welcher wiederum wenige Herzschläge später zur Seite kippte wie ein gefällter Baum. Der Aufprall des massigen Korpus verursachte ein kleines Beben unter den Füßen der Umherstehenden, und wäre der Blutfluss des Widderopfers in Bächen geflossen, so waren es diesmalig kleine Flüsse, welche sich aus dem toten Leibe ergossen. Ein wenig zwiespältig bemerkte Gracchus, dass einer dieser Flüsse direkt auf ihn zufloss und nicht vor seinen Stiefeln und seiner Toga halt machte, indes wäre es nicht nur wenig distinguiert, dem auszuweichen, sondern beinahe frevelhaft, galt es doch als gutes Omen vom Blute des Opfers etwas abzubekommen - wenn auch üblicherweise eher als Tropfen. So stand er stoisch inmitten der roten Pfütze, welche allmählich gerann und bräunlich sich färbte, während die Schlächter die Bauchdecke des Tieres durchtrennten und die vitalia entnahmen. Ein wenig vorsichtig trat er sodann an den Altar nach vorne - bedacht darauf, nicht in dem Blut auszurutschen, wäre dies doch ein Fauxpas, welcher das Opfer nichtig würde machen - und besah die Innereien des Stieres.

    "Litatio"

    , wandte er sich an den Augustus.

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  • Alle Augen waren auf den Kaiser und seinen Pontifex gerichtet, so konnte auch ich meinen Blick bewundernd auf Manius ruhen lassen, ohne mir Zwang anzutun. Seine unnachahmliche patrizische Würde - die mir im privaten bisweilen ganz schön auf die Nerven ging - umgab ihn hier und heute wie eine lichte Aura, die ihn von uns gewöhnlichen Sterblichen schied. Ich war nahe genug am Altar, um zu sehen, wie Manius' Mund sich ein wenig bewegte, und wusste, dass er dem mächtigsten Mann der Welt die Worte der Litanei eingab, die jener sodann kraftvoll ertönen ließ...
    Manius' ruhige, vollkommen gewisse Bewegungen mit denen er die Opferhandlungen vollführte, hatten, untermalt von der monotonen kultischen Musik, für mich etwa beinahe hypnotisches. Und auch das Schlachten der Tiere verlief so glatt und mühelos als würden lediglich Blumen gebrochen, anstatt diese großen, vitalen Kreaturen ins Jenseits zu schicken. Würden doch die Feinde Roms ebenso widerstandslos ihr Leben aushauchen!
    Ich entspannte mich, als das Widderopfer in aller Perfektion vollbracht war. Noch größere Kunst erforderte natürlich der Stier... einmal, da hatte ich eigenhändig einen Stier geopfert, beim Blemmyerfeldzug, und dabei Blut und Wasser geschwitzt. Wobei meine Gedanken kurz zu der Frage schweiften, ob es eine Art von Weiter-Existenz auch für Tiere gab... es hing wohl davon ab, wen man fragte. (Meine edlen Rennpferde jedenfalls waren ohne Zweifel beseelt.)
    Auch wenn ich es noch nie erlebt hatte, dass beim Armilustrium keine Litatio und Entsühnung verkündet wurde, so waren die Augenblicke davor doch jedes Jahr aufs neue voll gespannter Erwartung.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Nun galt es die Angelegenheit noch zu einem Ende zu bringen:

    "Litatio! Der allmächtige Mars hat das Opfer der Söhne Roms angenommen!" verkündete er. Das gut, das war das was nötig war.

    Er sah zum Pontifex und nickte.

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  • Die Tüchlein waren entschwebt, und alsbald mit dem bunten Hintergrund der ungeheuren Menschenmenge im Circus Maximus verschmolzen. Marcella spähte ihnen hinterher, konnte aber nicht mehr ausmachen, wo sie niedergingen.
    "Jetzt liegt es in der Hand der Göttin." seufzte sie, und naschte ein kandiertes Stück Aprikose, während die Opferhandlungen ihren Lauf nahmen.

    Schwesterchen war schon wieder tief in Gedanken versunken.

    "Was grübelst du, Musa? Hihihi, wenn wir Pech haben landet deins bei einem Straßenkehrer und meins bei einem Roßknecht... Ach Musa, ist unser Kaiser nicht kolossal stattlich? Da, Mars ist auch zufrieden, gut für die tapferen Soldaten... Ich wünschte, die Augusta würde wieder mehr Empfänge geben, das gibt der ganzen Saison doch erst den rechten Glanz... Wollen wir nachher noch in die Therme? Du musst auch nicht mit Ballspielen, versprochen."

  • Das Tüchlein weiterhin in meiner Hand haltend blickte ich mich verzweifelt um. Ich konnte niemanden erkennen, außer dickbäuchige alte Männer mit ihren Halbglatzen. Es war einfach viel zu voll gewesen. Es beschäftigte mich so sehr, dass ich das Opfer überhaupt nicht wahrgenommen habe. Nicht einmal die prächtigen Soldaten in ihren Rüstungen. Sogar der Augustus war weniger wichtig. Es blieb mir nur eines übrig. Vielleicht konnte ich eine Anzeige die nächsten Tage aufgeben und die Person würde sich über diese an mich wenden. Fortuna sei mir behilflich!

  • Die Tüchlein waren entschwebt, und alsbald mit dem bunten Hintergrund der ungeheuren Menschenmenge im Circus Maximus verschmolzen. Marcella spähte ihnen hinterher, konnte aber nicht mehr ausmachen, wo sie niedergingen.
    "Jetzt liegt es in der Hand der Göttin." seufzte sie, und naschte ein kandiertes Stück Aprikose, während die Opferhandlungen ihren Lauf nahmen.

    Schwesterchen war schon wieder tief in Gedanken versunken.

    "Was grübelst du, Musa? Hihihi, wenn wir Pech haben landet deins bei einem Straßenkehrer und meins bei einem Roßknecht... Ach Musa, ist unser Kaiser nicht kolossal stattlich? Da, Mars ist auch zufrieden, gut für die tapferen Soldaten... Ich wünschte, die Augusta würde wieder mehr Empfänge geben, das gibt der ganzen Saison doch erst den rechten Glanz... Wollen wir nachher noch in die Therme? Du musst auch nicht mit Ballspielen, versprochen."

    Musa schüttelte nur den Kopf bei Marcella Einschätzung. "Er ist doch steinalt! Meinst du nicht, dass er in Opis Alter ist? Also, ich weiß nicht…" Dass Marcella anscheint das Alter egal war, solange der Geldbeute reichlich gefüllt war, ja, das hatte Musa schon erahnt. "Ja, die Augusta scheint tatsächlich seit Monaten abwesend zu sein. Meinst du, ob die beiden sich vielleicht distanziert haben? Sich nicht mögen? Sich gegeben falls scheiden lassen?" Musa keck zu Wort. "Deine Chance, du als neue Augusta!" *hihi* "Können wir gerne tun. Nur wir beide? Oder kommt Tulliola* und Penna* mit?"

    Sim-Off:

    *fiktiv

  • Schlussendlich erhielt auch Quirinus sein Opfer, der vergöttlichte Romulus, welcher in friedlichen Zeiten an Bedeutsamkeit hatte eingebüßt und nurmehr noch zu solch archaischen Riten wie dem ArmiIustrium wurde öffentlich geehrt. Das Zeremoniell der Opferung indes war gleich wie zuvor und nicht weniger würdevoll - Weihung des Opfertieres, rituelle Entkleidung, Gracchus, welcher dem Augustus die Gebetsworte soufflierte, der Kaiser, welcher die Gebetsworte intonierte, der Opferschlächter, welcher auf Weisung Aquilius' den Eber tötete, blutiger Boden, die Entnahme der Eingeweide, die Beschau der vitalia und die Verkündung der litatio durch den Augustus. Die Götter der Soldaten Roms - luppiter, Mars und Quirinus - waren augenscheinlich saturiet.

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  • In den Augen der alten Götter war nicht selbstverständlich, das geschah, was heutzutage allenthalben geschah: Das nämlich der Mitmensch dem Mitmenschen das Leben nahm. Daher wurden die Waffen entsühnt, und die Weisheit der Alten ergriff mich zutiefst. Nur die Götter konnten Leben nehmen, und wenn ein Mensch allzu sehr gegen die Gesetze der Menschen verstieß, musste er wie es im Falle von sündigen Vestalinnen geschah, der Erde zurückgegeben werden.

    Gleichzeitig war ich mir sicher, dass fast niemand mehr an den eigentlichen Sinn dieses großartigen Rituales dachte. Wie so vieles in Roma war es zu einer penibel einzuhaltenden Abfolge von Gesten erstarrt, meiner Ansicht nach der Grund dafür, dass so viele Römer den neuartigen orientalischen Kulten anhingen, die kribbelnd das Sinnliche ins Übersinnliche erhoben: Isthar, Isis und vielleicht auch die Christianer, obwohl man denen eine eher körperfeindliche Einstellung nachsagte.

    Die geistige Leere ließ sich nicht mit noch mehr Praetorianern bekämpfen. Aber das waren Gedanken, die ich für mich behielt - vielleicht würde ich sie in mein Werk der neuen Politeia oder Res Republica einfließen lassen, wenn ich je dazu käme, ein solches zu schreiben.


    Ich ließ meine weitschweifigen Gedanken und befahl Diocles, meinem Leibsklaven, der mich begleitet hatte, das mit roten Rosen bestickte Seidentüchlein emporzuhalten. Das die Besitzerin es sähe, das wäre in dieser Menschenmenge allerdings ein großes Entgegenkommen Fortunas gewesen.

    Wie sie wohl aussah? Jung ode alt? Blond oder dunkel? Zumindest wohlhabend - das Tüchlein sah danach aus. Wie sie wohl war? Gescheit oder schlicht im Gemüt? Hochmütig oder freundlich? Ernsthaft oder leichtfertig? Sittsam oder kokett?

    Die Tatsache, dass sie ein seidenes Tüchlein verloren hatte, sprach für leichtfertig; wäre es jedoch Absicht gewesen, war sie kokett.

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - LUCIUS ANNAEUS FLORUS MINOR

  • Diocles hielt das mit Rosen bestickte und nach Rosen duftende Seidentüchlein in die Luft und wedelte damit. Gleichzeitig hielt er Ausschau, ob sich jemand durch Winken oder Rufen bemerkbar machte. Sein Dominus schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Das tat er oft, und dann bemerkte er manchmal nicht, ob er seinen Dienern zu viel abverlangte. Nach zehn Minuten wechselte Diocles die Hand und wedelte weiter.

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    SCRIBA PERSONALIS - AULUS FURIUS SATURNINUS

  • Ihre Schwester und sie wollten sich soeben auf dem Weg in die Therme machen. Doch in dem Moment als die beiden aufstanden sah sie ihr Tüchlein in den Händen eines Sklaven. "Marcella? Was ist mit einem Sklaven? Dann doch lieber den Straßenkehrer. Bitte nicht. Bitte, nicht Marcella. Können wir bitte so tun als wäre es nicht mein Tüchlein. Wir gehen geradeaus vorbei. Drehen uns nicht um. Wir reden einfach über das Wetter, ja? Los komm, schnell." Sie hoffte, dass ihre Schwester nicht gemein genug war, um sie doch mit dem Sklaven verkuppeln zu wollen. "Ich erfülle dir auch jeden Wunsch."

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