Hochzeitsfest von Quintilia Valentina und Decimus Serapio

  • Ich schüttelte eine Menge Hände, und horchte alarmiert auf, als mein Nomenclator mir 'Iulia Stella' ins Ohr raunte. Denn ich hatte noch immer ein schlechtes Gewissen, weil ich Iulia Graecina einen Korb gegeben hatte.
    "Salve Iulia Stella, willkommen in unserem Domus, und vielen Dank!" Dass Valentina und ich uns 'gefunden hatten', das traf die Wahrheit in der Tat ganz gut. Das Mädchen war sehr sittsam oder schüchtern, sah mich gar nicht an. "Es ist uns eine besondere Freude, dich zu Gast zu haben." antwortete ich besonders höflich. Hieß es doch (hoffentlich), dass ich zumindest nicht für alle Iulier persona non grata war. Ob Dives wohl kommen würde... wahrscheinlich war es besser, wenn er nicht käme aber ich konnte doch nicht anders, als mir zu wünschen, dass er doch käme. Jedenfalls warf ich Valentina einen auffordernden kleinen Seitenblick zu, als Wink ganz besonders nett zu Iulia zu sein.

    Natürlich war es nicht einfach gewesen sich zu entscheiden, ob man die Einladung zu genau dieser Hochzeit annehmen sollte, oder sich allein ob der Tatsache, dass man eine Iulia war, davon fernhalten musste. Ich hatte mich entschieden, dass meine Cousine mir mehr hätte anvertrauen müssen, um mich davon abzuhalten eine erhaltene Einladung auszuschlagen. Immerhin hatte Graecina ihr Leid nicht mit mir geteilt, so dass ich nur wusste, dass ihre so gewünschte Verbindung keine Erfüllung fand. Die Gründe kannte ich nicht und zwischen der Gens Decima oder der Gens Quintilia und mir gab es auch keinen Groll.

    Vielleicht war ich ja auch aus diesem Grund alleine hier?


    Mit einem freundlichen Nicken und einem Lächeln in den Augen und auf dem Gesicht verabschiedete ich mich vom Brautpaar. Ob das Lächeln dem Brautpaar galt oder der Tatsache geschuldet war, dass ich an einem reich gedeckten Buffettisch meinen geliebten Annaeus Florus erspäht hatte, das sollte mein Geheimnis bleiben.

  • Flavius Gracchus kam gemeinsam mit seinem Sohn Minor und dessen Gemahlin Cornelia zur Hochzeit Serapios. Er trug eine Tunika in Petrolblau aus einem feinen, wollenen Stoff mit strukturierten Rauten, dazu eine etwas dunklere Toga mit golddurchwirktem Saum. Eine etwas bequemere Synthesis wäre zweiflesohne dem Anlass ebenso angemessen gewesen, doch der Flavier nahm die ihm angedachte Rolle überaus ernst. Beim Betreten des Atrium flackerte einen kurzen Augenblick in Gracchus' Geist eine Reminiszenz an grauenvolle Tage, doch der bunte Schmuck, die Blumenranken und die feierlich-gelöste Stimmung der Gäste sorgten rasch dafür, dass jenes Flackern erlosch, und spätestens Serapios Anblick ließ sein Herz höher schlagen.

    "Faustus Serapio, Quintilia Valentina, es ist mir eine große Ehre und Freude zugleich, dass wir diesen Tag mit euch feierlich begehen dürfen."

    Tatsächlich freute Gracchus sich sehr für Faustus, schlussendlich war eine Ehe in Rom eine gesellschaftliche Obliegenheit, und dass Serapio ohne eine Gattin bis dorthin gelangt war, wo er heute stand, war wohl nur dem Umstand zu verdanken, dass er sich für ein Soldatenleben hatte entschieden. Gleichwohl würde seine Gemahlin ihm nun auch einen Erben schenken, ohne den ein römisches Leben schlussendlich sinnlos war.
    "Meinen Sohn, Gracchus Minor, kennt ihr zweifelsohne, und dies ist seine liebreizende Gemahlin Cornelia Philonica. Meine eigene Gemahlin ist deplorablerweise indisponiert, was sie zu tiefst bedauert, lässt euch indes um so herzli'here Grüße und Glückwünsche ausrichten."

    Das Geschenke der Flavier würde indes traditionell erst am nächsten Morgen nach der Feierlichkeit angeliefert werden, ein jünglicher Mars von Euthydemus Onasdas, einem aufstrebenden Künstler aus Nicopolis, aus Marmor geschlagen, welcher in den Steinbrüchen um die nord-italische Stadt Luna gewonnen worden war.

    Manius' Sohn erinnerte mich immer daran wie schnell die Zeit verging. Aus dicken Kindern wurden jungdynamische Senatoren... Ich kannte ihn nur flüchtig, und eben aus Manius Erzählungen, die immer den Eindruck erweckten, dass Manius furchtbar streng mit ihm war.

    "Willkommen Flavius Gracchus Minor," begrüßte ich ihn voll Sympathie. Beim Gensnamen der Cornelier hingegen bedurfte es all meiner Selbstbeherrschung, um weiter eine freundliche Miene zu zeigen, und mein Lächeln wurde wohl etwas stählern. "Willkommen Cornelia Philonica. Genießt das Fest mit uns."

    Ebensowenig, wie der Bräutigam mit Gracchus Minor war vertraut, wusste auch dieser über jenen wenig mehr zu berichten als das, was Gracchus Maior ihm hatte erzählt, wobei besonders selbstredend ihm war in Erinnerung, dass einst der Decimus sich nicht hatte erweichen lassen, das Schwert gegen den Usurpator zu erheben, welcher so gräueliches Elend über Roma und die Gens Flavia insbesondere hatte gebracht. Dies lag indessen viele Jahre zurück und Minor dachte auch nicht daran, als er in der Entourage seines Vaters die Casa Decima betrat, seine Gattin am Arm, die sichtlich war erfreut, endlich wieder voll am gesellschaftlichen Leben der Reichen und Schönen Roms partizipieren zu können.

    "Salve, Decimus. Quintilia!"

    , salutierte er artig dem Brautpaar, das die Gäste in Empfang nahm, und präsentierte ein schmales Lächeln (wobei Cornelia Philonica, die nicht mit dem verschiedenen Augustus verwandt oder verschwägert war, ihre schiefen Schneidezähne offenbarte, zwischen denen eine beachtliche Lücke klaffte).

    "Ich danke für eure Einladung!"

    , erwiderte sie und neigte leicht das Haupt, was indessen nicht dazu führte, dass sie nicht mehr den eher klein gewachsenen jüngeren Flavius überragte.

  • Ein Wein kommt selten allein. Dem ersten Becher folgte ein zweiter. Auch ein dritter war schon halb leer, bevor sich die etwas ernüchternde Erkenntnis wieder breit machte, die Lucius überhaupt erst hierher verschlug. Das Huhn blieb im Übrigen fast so, wie er es sich auf den Teller geladen hatte. Ein paar Schnitte und abgetrennte Stücke ließen zumindest den Versuch vermuten, etwas davon zu essen.


    "Das alles hebst du dir besser für später auf." Murmelte er zu sich und wanderte in Richtung des Brautpaars. Von der anfänglichen Eleganz war inzwischen nicht mehr allzu viel übrig. Einige schiefe Schritt nach rechts, ein paar wackelige nach links und ein Beinahunfall mit einem Sklaven später war sein Ziel erreicht: Die Braut.


    Zum Glück konnte Lucius noch fest stehen, was ihm zumindest in statischer Form eine innerhalb von ein paar Minuten verlorenen Anmut zumindest teilweise wiederfinden ließ. Vor Valentina angekommen brachte er zumindest noch das Folgende heraus:


    "Alles Gute zur Hochzeit, liebe Valentina! Hoffentlich wirst du wunderschöne Jahre mit deinem Mann haben! Du hast es mit ihm wirklich gut getroffen! N Tribun der prätorianischen Garde... Junge, Junge!"


    Etwas leiser, aber noch halbwegs hörbar schob er noch hinterher: "Oh, und Entschuldigung wegen... der Geschichte beim Rennen. Manchmal packt einen die Fortuna und zerrt einen einfach mit sich..." Der letzte Teil war von einem wohl etwas zu gut gemeinten Schwenk mit dem halbvollen Weinglas begleitet.


    Hier wurde Valentinas etwas zu ausgelassener Verwandter dagegen ein wenig laut, sein Blick fiel jedoch auf den Boden.

    "Das nächste Mal werde ich ihr etwas mehr Widerstand leisten, bevor ich dir wieder auf die Füße trete."

  • Überwältigt von all den Gratulanten schien Valentina schon bald der Kopf zu schwirren. Es war beeindruckend, wie viele Verwandte, Bekannte und Freunde ihr Zukünftiger hier in der Stadt hatte. Valentina wurde klar welche Aufgabe ihr zukünftig zukommen würde. Sie war ab sofort die Frau an der Seite eines sehr angesehen und wichtigen Mannes. Eines Mannes, der sie auf seine ganz eigene Art und Weise lieben würde. Valentina jedoch liebte ihn und war sich sicher, dass dies für sie Beide reichen würde. Vielleicht ein frommer Wunsch, momentan allerdings alles was sie brauchte.
    Bei Serapios Tante hatte sie offensichtlich alles richtig gemacht. Was Valentina viel bedeutete, denn sie wusste, dass sie ein wichtiger Teil in Serapios Leben inne hatte und sie sich zukünftig sicherlich öfter sehen würden. Ihr fiel ein Stein vom Herzen, als sogar Serapio sie lobte. Die nächste Herausforderung war das Mitglied der Iulier Familie. Sie erwiderte den Händedruck und wagte es nicht etwas zu sagen. Es war nicht die Verschmähte selbst, die vor ihr stand. Aber ein Mitglied aus dieser Familie und sie konnte sich lebhaft vorstellen wie sie in dieser Familie betitelt wurde, seit Serapio die Verbindung gelöst hatte und sich für sie entschied. Unmerklich nickte sie auf das was ihr Zukünftiger ihr zuraunte und bedankte sich ebenfalls besonders höflich für die Glückwünsche.

    Nachdem all die anderen Gratulanten an ihr vorbei gegangen waren und sie sich bei allen freundlich für die Geschenke und Glückwünsche bedankt hatte, kam ihr Verwandter auf sie zu. Scheinbar war er schon bei den Leckereien gewesen, doch das tat Valentinas Freude keinen Abbruch. Freudestrahlend trat sie auf Clemens zu und drückte ihm beide Hände. "Danke für deine Glückwünsche. Es freut mich, dass du hier bist." Endlich konnte sie mal jemanden vorstellen. "Darf ich vorstellen, das ist mein Verwandter Lucius Quintilius Clemens." Bei seiner Bemerkung wegen dem Rennen schüttelte sie leicht den Kopf. "Das ist doch schon längst vergessen." An Serapio gewandt meinte sie. "Er hat bei dem Rennen gegen dich gewettet. Das hat mir nicht gefallen." Doch mit einem Lächeln war der Ernst der Situation auch schon wieder vergessen. "Bitte genieße die Feier."

  • Darüber hinaus würde Tiberius sich ein so angenehmes gesellschaftliches Ereignis wohl kaum entgehen lassen. Und da war er offensichtlich nicht der einzige. Ah, da drüben war auch Furius Saturninus und dort... Florus, ja richtig. Den hatte man auch schon länger nicht mehr in der Stadt gesehen gehabt, bis man ihn offensichtlich von seinem germanisch-tribunizischen Exil erlöst hatte.

    Da Tiberius noch in der Reihe derer stand, die dem Brautpaar gratulieren wollten, hob ich grüßend die Hand. Tiberius war in Begleitung einer jungen Dame gekommen, die noch scheu wirkte. Schwestern hatte er nicht, sowohl ich wusste, aber eine weibliche Verwandte war es wohl. Daher also der Webstuhl und die bestickten Kissen.

    Nun, ich dachte, dass mir Tiberius später das Mädchen noch vorstellen würde.


    Bald darauf traf der hübsche Veneta-Fahrer ein, heute zum Glück nicht in Blau, und begrüßte uns mit einem formvollendeten Vers. Ich lächelte breit, angetan von der Poesie ebenso wie vom Vortragenden und begrüßte ihn locker:
    "Furius Saturninus, willkommen. Möge die Gewandtheit deiner Worte niemals von der Gewandtheit deiner Zügelführung übertroffen werde, sonst fährst du mir beim nächsten mal davon! - Valentina ist übrigens nicht nur meine hinreißende Braut, sie ist auch meine ganz persönliche Fortuna, die mir an dem Tag Glück gebracht hat."
    Da ihm, wie ich mir erinnerte, der Tarraconenser geschmeckt hatte, erkundigte ich mich: "Ein sonniger Massiker, oder lieber ein feuriger Tarraconenser?"
    Valentina setzte ich in Kenntnis: "Furius Saturninus ist mein Rivale vom Oktoberpferd, und er arbeitet als Primicerius auf dem Palatin."

    Serapio erinnerte sich also noch an das Oktoberpferd! Ich war ihm nicht gram, trotz allen Agons, des Wettbewerbsgedanken, war es ein herrliches Wagenrennen gewesen.

    "Den feurigen Tarrocenenser bitte", sagte ich: "Obwohl sowohl Sonne als auch Feuer durch den Glanz deiner schönen Braut beschämt werden dürften - wie auch ich von deinen Künsten als Wagenlenker."

    Das waren so die Artigkeiten, die ich im Ausland gelernt hatte (Der Hetäre Thalia sei Dank)

    Als nächstes trat ein Rivale beim Rennen vor sie. Auch ihn begrüßte Valentina mit einem freundlichen Lächeln und bedankte sich für die wohl gewählten Worte. Sie wusste, dass Serapio so etwas gut gefiel und sie betrachtete den Fahrer vor sich einen Moment eingehend. Nur Valentia wusste den wahren Grund dafür.

    Der Braut hatte mein kleines Bonmot gefallen, das freute mich wiederrum. Die Feierlichkeiten würden den ganzen Tag anhalten, und bestimmt sehnten Beide den Moment herbei, endlich alleine zu sein. Diese Vermählung schien nämlich keine dieser ach so üblichen Familienbündnis- Ehen zu sein; aus den Blicken der Beiden untereinander sprach wirkliche Zuneigung.

    Fast bekäme man selbst Lust, zu heiraten... ich lächelte versonnen.


    "Dankeschön." antwortete ich ihm höflich, und wieder zu Annaeus: "Ich hoffe ihr genießt das Fest. " Gerne hätte ich ein wenig mit ihm geplaudert, doch gerade war ein großer Trubel im Atrium, so dass es erst einmal galt, alle zu begrüßen.
    "Kennst du eigentlich bereits den Primicerius Furius Saturninus? Ein leidenschaftlicher Anhänger des Rennsportes." machte ich ihn mit meinem Veneta-Rivalen bekannt. Und zu Saturninus gewandt: "Die Gens des Annaeus Florus Minor ist traditionell eng mit der Factio Albata verknüpft."

    Dann stellte mir der Bräutigam auch noch einen weiteren Gast vor.

    Salve Primiceri Furi Saturnine grüsste ich diesen und verabschiedete mich dann mit einem Kopfnicken vom Brautpaar. Dieses hatte genug zu tun, denn hinter mir hatte sich in der Zwischenzeit eine recht lange Schlange gebildet. Falls ein weiteres Gespräch erwünscht war, würde man mich bestimmt noch finden können.


    Mit dem Furier machte ich einige Schritte in Richtung eines der reichhaltig ausgestatteten Buffets, bevor ich das so eingefädelte Gespräch freundlich weiterführte. Wie der werte Faustus Decimus Serapio gerade gesagt hat, ist meine Familie eng mit der Albata verbunden. Ich nehme an du nicht so. Welchem Rennstall gehört denn deine Loyalität?

    Das Interesse war echt, denn ich war zu lange in Germania gewesen und hatte keinen Kontakt gehabt zu den Rennen in Rom. Auch meine Rückkehr nach Rom war gerade so zu Stande gekommen, dass ich die meist sehr spannenden Rennen zum Equus October verpasst hatte. Somit war ich nicht darüber informiert, welche Verbindungen der mir vorgestellte Furier hatte.

    " Salve Lucius Annaeus Florus Minor", sagte ich: " Mein Herz gehört der Veneta, den Blauen. Meine Familie war bisher keine der factiones verbunden, ich bin also der Erste meines Geschlechtes. "

    Ich begleitete den Annaeus an das Buffet, und ließ mir von den Sklaven etwas von den gefüllten Datteln, den Wachteln und dem gebratenen Saueuter in Scheiben auftun ( den Göttern sei Dank sah das Essen genau nach dem aus, was es war und folgte nicht der Mode, es als etwas ganz anderes erscheinen zu lassen). Ein auserlesen hübscher blonder Mundschenk goss uns Wein nach, ein anderer eben so wohlgestaltiger Knabe Wasser:

    "Beim Oktoberrennen hat diesmal die Goldschmiedeinnung gewonnen.", fuhr ich fort: "Verdient der Mann, auch wenn er selbst darüber so erstaunt wäre wie Artemis bei einer Schwangerschaft." Galt die Göttin doch gemeinhin als jungfräulich.



    Sim-Off:

    ich hoffe sehr, niemanden vergessen zu haben, wenn ja Entschuldigung und PN (Asche auf mein Haupt)

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - LUCIUS ANNAEUS FLORUS MINOR

  • Natürlich war es nicht einfach gewesen sich zu entscheiden, ob man die Einladung zu genau dieser Hochzeit annehmen sollte, oder sich allein ob der Tatsache, dass man eine Iulia war, davon fernhalten musste. Ich hatte mich entschieden, dass meine Cousine mir mehr hätte anvertrauen müssen, um mich davon abzuhalten eine erhaltene Einladung auszuschlagen. Immerhin hatte Graecina ihr Leid nicht mit mir geteilt, so dass ich nur wusste, dass ihre so gewünschte Verbindung keine Erfüllung fand. Die Gründe kannte ich nicht und zwischen der Gens Decima oder der Gens Quintilia und mir gab es auch keinen Groll.

    Vielleicht war ich ja auch aus diesem Grund alleine hier?


    Mit einem freundlichen Nicken und einem Lächeln in den Augen und auf dem Gesicht verabschiedete ich mich vom Brautpaar. Ob das Lächeln dem Brautpaar galt oder der Tatsache geschuldet war, dass ich an einem reich gedeckten Buffettisch meinen geliebten Annaeus Florus erspäht hatte, das sollte mein Geheimnis bleiben.

    Maximilla sah ihre liebe Freundin Iulia Stella und winkte ihr ganz leicht zu. Sie hatte Neuigkeiten zu berichten. Gleichzeitig schaute sie sich neugierig um.

    Ob Iulia Stella denn auch Neuigkeiten hatte? Ob ihr ersehnter Annaeus Florus heil und gesund in Roma angekommen war? Die Valeria hoffte das sehr, und gleichzeitig freute sie sich darauf, den jungen Herren, der ihre Freundin so glücklich zu machen schien, endlich selbst kennen zu lernen.

  • " Salve Lucius Annaeus Florus Minor", sagte ich: " Mein Herz gehört der Veneta, den Blauen. Meine Familie war bisher keine der factiones verbunden, ich bin also der Erste meines Geschlechtes. "

    Ich begleitete den Annaeus an das Buffet, und ließ mir von den Sklaven etwas von den gefüllten Datteln, den Wachteln und dem gebratenen Saueuter in Scheiben auftun ( den Göttern sei Dank sah das Essen genau nach dem aus, was es war und folgte nicht der Mode, es als etwas ganz anderes erscheinen zu lassen). Ein auserlesen hübscher blonder Mundschenk goss uns Wein nach, ein anderer eben so wohlgestaltiger Knabe Wasser:

    "Beim Oktoberrennen hat diesmal die Goldschmiedeinnung gewonnen.", fuhr ich fort: "Verdient der Mann, auch wenn er selbst darüber so erstaunt wäre wie Artemis bei einer Schwangerschaft." Galt die Göttin doch gemeinhin als jungfräulich.

    Ob das Lächeln dem Brautpaar galt oder der Tatsache geschuldet war, dass ich an einem reich gedeckten Buffettisch meinen geliebten Annaeus Florus erspäht hatte, das sollte mein Geheimnis bleiben.

    Mein Blick wanderte nicht zu den Sklaven, welche uns bedienten, denn erstens wurde mein Interesse immer schon eher durch Frauen geweckt, und zweitens nahm ich aus den Augenwinkeln etwas wahr, was meine Aufmerksamkeit selbst bei einem Wagenrennen komplett in Beschlag genommen hätte. Iulia Stella!

    Verzeih mir, ich war so lange in Germania, ich habe überhaupt keine Ahnung mehr, wer jetzt im Moment in Rom gerade die stärkste Factio stellt. Wie sieht es denn in der Hierarchie der Fahrer aus? Hat noch immer der Purpur die Nase vorn, oder sind die Grünen in der Zwischenzeit an ihnen vorbeigezogen? Ich nehme an, die Albata stellt noch immer die Aussenseiter?

    Da ich nicht unhöflich sein wollte, nahm ich das Gespräch an und führte es auch gerne weiter, aber mein Blick wurde fast schon magisch immer wieder zu der jungen Iulia gezogen.

  • Maximilla sah ihre liebe Freundin Iulia Stella und winkte ihr ganz leicht zu. Sie hatte Neuigkeiten zu berichten. Gleichzeitig schaute sie sich neugierig um.

    Ob Iulia Stella denn auch Neuigkeiten hatte? Ob ihr ersehnter Annaeus Florus heil und gesund in Roma angekommen war? Die Valeria hoffte das sehr, und gleichzeitig freute sie sich darauf, den jungen Herren, der ihre Freundin so glücklich zu machen schien, endlich selbst kennen zu lernen.

    Als ich nun sah, wie mir Valeria Maximilla zuwinkte, war ich plötzlich hin- und hergerissen. Auf der einen Seite wollte ich mich unbedingt mit Annaeus Florus zeigen und ihm so die Chance geben, unsere Beziehung öffentlich zu zeigen. Auf der anderen Seite war er gerade in einem Gespräch und obwohl er offen zu mir herübersah, war ich nicht sicher, ob es jetzt richtig wäre, ihn bei diesem zu stören.

    Also machte ich mich zuerst auf in Richtung Maximilla. Sie war wunderbar gekleidet, geschminkt und frisiert und trug ausgewählten Schmuck über der bemerkenswerten Kleidung.

    Hallo, meine liebe Valeria Maximilla! Das ist aber schön, dass ich dich hier treffe! Bei all diesen Leuten ist das ja nicht gerade selbstverständlich! Wie geht es dir?

  • “Mann, Mann, Mann,…,“ regte ich mich auf. Wie kamen Leute bloß auf die Idee, im Dezember zu heiraten? Nicht dass es der schlechteste Monat war. Immerhin lagen in diesem die Saturnalien. Die mochte ich natürlich. Was ich aber gar nicht mochte war der kühle – nein, für mich schon sehr kalte Wind – der mir nun um die Nase pfiff, während Dominus Selenus beliebte, alleine rein zu gehen und mich draußen stehen zu lassen. Gehörte sich wohl nicht. An der Porta war bestimmt ein Schild mit lauter Sklavengesichtern drauf, auf denen stand: “Wir müssen draußen bleiben.“ Ich war ja nicht der Einzige. Noch vier oder fünf andere standen sich mit mir gemeinsam nun die Beine in den Bauch oder tigerten wahlweise auf und ab, während die ankommenden Gäste beobachtet wurden. Allesamt hohes Volk, gut angetan mit Kleidung. Machte schon was her! Nichts desto trotz hatte ich mir nun die Hände unter die Achsen geklemmt, schlatterte ein bisschen im Wind, der gerade wieder aufkam und trat dann ein Häuflein Blätter weg, die irgendein umsichtiger Mensch der Casa hier zusammengekehrt hatte. “Ob wir den ganzen Tag hier rumstehen müssen?“, wollte einer
    meiner Mitstreiter im Wett-Warten wissen.

    Ich zuckte nur mit den Schultern.


    “Schaut so aus...“, sagte der rothaarige Cursor, dessen Nase mit seinem Haar ob der Winterfrische schon eine arge farbliche Konkurrenz
    war. Er schniefte ja auch ständig.

    “Arschkalt hier!“, mischte ich mich ein, bedachte die andren mit einem Blick, als ob sie was dafür könnten und trollte mich wieder einige Schritte.


    Meine Laune war auch schon ganz frostig, aber das blieb dann wohl nicht aus. Immerhin roch es auch verdammt gut nach Essen. Essen, welches ich auch nicht bekommen würde und Dominus Selenus würde sich sicher den Bauch vollschlagen, den ein oder anderen heben
    und seine Freude haben. “Falls was ist, brauche ich einen Boten….“, äffte ich die Worte meines Herrn in Gedanken nach
    und schnaubte dann abfällig. Nicht, dass ich meinen Herrn verhöhnen wollte… nur die Worte. Die waren so… lapidar! Das Wort
    hatte ich mir gemerkt! Seit ich beinahe Meister Awidanos geworden wäre, hatte ich mir in den Kopf gesetzt, tatsächlich in der Wortwahl etwas ellenbolier… elebornier...elaboriert… - ich nickte mir selber zu, als auch dieses Wort mir wieder einfiel – zu werden. Ich war mir sicher, dass mir das wunderbar bekommen würde. Was mir nicht besonders gut bekommen würde, erfuhr ich in dem Moment, in dem ich nun eine Stimme hinter mir hörte.

    “Ey du! Bist du nicht eine von den kleinen Huren vom Kaeso?“

    Wus?


    Meine Augen weiteten sich spontan und ich fuhr herum. “Oh!“, entkam es mir. Ich erkannte sofort den blonden Griechen, den die liebliche Helena so anhimmelte. Ich wusste das, weil ich wiederum ja sie schon so lange anhimmelte. Leider war der Grieche nicht so schön wie sie. Der anderen, hünenhaften, aber sehr schlanken und drahtigen Gestalt entkam auch etwas:

    “Söhne von Dis! Du Mistvieh warst es doch, er mir das Armband geklaut hat!?“ Unter die Entrüstung mischte sich nun auch ein breites, echt fies aussehendes Lächeln, einem Kröterich nicht ganz unähnlich. Da war es auch egal dass der Kerl adrett gekleidet und wohl einer der Custodes war, der grade mit einem weiteren Gast eingetroffen war. Hatte der nicht in einer Therme gearbeitet?
    Offenbar hatte er sich nun auch lebensmäßig verbessert. Aber eine wichtigere Frage wohl:

    Gute Götter...sollte der etwa auch hier draußen warten? Das war nicht nur sehr ungünstig, das war richtig schei…

    “Wo hast du das versetzt, du kleiner Sack?“

    “Hab ich nicht! Ich meine… ich habe das nicht geklaut! Ehrlich!“

    Verdammt! Flüchtete ich mich da etwa in Ausflüchte? Aber ich hatte das Ding ja gar nicht an mich genommen! Und eigentlich hätte ich doch viel seriöser reagieren müssen. So wie: Was willst du, guter Mann? Ich kenne dich gar nicht ich bin doch keine Nu...

    Und schon wieder kam ich nicht einmal mehr zum Zuende denken.

    “Also hab’ ich Recht!“

    “Nein! Ich meine...“

    Ein dunkles, fast schon gurrendes Lachen kam von dem Kerl. Fast hätte man meinen können, es hätte etwas Lockendes an sich gehabt. Aber sowas wäre trügerisch, also nahm ich das gar nicht erst an.

    “Du schuldest mir dann was!“

    “Sicher!“, sagte ich abweisend und natürlich nicht ernst gemeint, aber das hätte ich mir eigentlich sparen müssen, denn das ging nun völlig in die falsche Richtung. So sah das wohl auch der Custos, der nun die Hände in die Hüften stemmte und einen ganz überlegenen Eindruck machen wollte. Klappte auch recht gut, wie ich zugeben musste. Also wich ich vorsichtshalber schon mal zurück. Zum Glück war das alles hier am Rande, sodass die muntere, noch ankommende Gästeschar wohl nicht gestört werden würde.


    “Ich werd’s dir zeigen!“, erklärte der Mann nun selbstbewusst.

    “Das muss ein Irrtum sein!“, versuchte ich es noch einmal mit der Vernunft, aber wie immer hatte ich es mit der ja nicht so gut.
    “Verwechslung, nech!? Du verwechselst mich eben mit jemand anderem!“

    “Nen Arsch wie dich, vergess’ ich nich’“ “Hab’
    keine Zeit, um mich geehrt zu fühlen!“
    , entfleuchte es mir schnell und ich schaute mich schon einmal nach einem geeigneten
    Fluchtweg um.

    “Zu dumm. Und ich würde mir keinen merken, der so aussieht wie du! Man sagt, hässliche Menschen bringen Unglück!“

    Vielleicht hatte nun ich sogar recht damit. Der Hand, die nun nach meinem Kragen lange, verfehlte mich knapp, denn ich hatte schon auf dem Absatz kehrt gemacht. Das war eine meiner Paradedisziplinen.


    “Komm her!“, schnauzte der Kerl.

    “Leck’ mich!“, schnauzte ich zurück, aber nur halblaut.

    Auf der Suche nach Sicherheit war ich die Stufen hinauf, wenn ich auch drinnen nicht willkommen sein würde und schlüpfte dann ins Innere, wo ich meinen Dominus suchen würde. Von dessen Nähe erhoffte ich mir nun die Sicherheit. Jedoch rannte ich nicht, sondern ging nur zügig und sagte jedem, der nach Sklave oder Wachperson aussah, dass ich eine dringende Nachricht für meinen Dominus hätte. Dabei schaute ich des Öfteren über meine Schulter und hielt Ausschau nach dem ehemaligen Kunden, der mir zu meinem Schrecken und mit finsterem Gesicht folgte. An der Seite der des Raumes und der Feierlichkeit boten wir uns nun einen schnellen Gang und zum Glück noch mit reichlich Abstand, an den Wänden entlang, lächelten, wann immer dies erfordert war und mühten uns nicht aufzufallen. Das erschien uns beiden wohl eine Notwendigkeit. Zwischendrin suchten meine Blicke meinen Dominus und erblickte auch das Brautpaar dabei. Gutaussehende Leute. Wohl von Einfluss. Aber das war für mich nur eine Notiz am Rande, denn ich
    war ja noch beschäftigt.

  • Nichts hatte sich über die Jahre geändert: Menecrates verabscheute Geselligkeiten und suchte sie gleichzeitig regelmäßig auf. Dies geschah nicht aus einem inneren Bedürfnis heraus, sondern oblag seinen selbst auferlegten Pflichten. Zu dieser Feier ergab es sich, dass er wenigstens keine junge Frauen seines Hauses begleitete, weswegen er sich nach der Begrüßung des Brautpaares und den geäußerten Wünschen für eine glückliche Zukunft sich an den Rand der Menschenansammlung begab, um aus der Ferne zunächst den Blick schweifen zu lassen. Er hoffte auf einen nennenswerten Anteil an Offizieren unter den Gästen, immerhin handelte es sich beim Gastgeber und Bräutigam um einen alten Weggefährten.

  • Mein Blick wanderte nicht zu den Sklaven, welche uns bedienten, denn erstens wurde mein Interesse immer schon eher durch Frauen geweckt, und zweitens nahm ich aus den Augenwinkeln etwas wahr, was meine Aufmerksamkeit selbst bei einem Wagenrennen komplett in Beschlag genommen hätte. Iulia Stella!

    Verzeih mir, ich war so lange in Germania, ich habe überhaupt keine Ahnung mehr, wer jetzt im Moment in Rom gerade die stärkste Factio stellt. Wie sieht es denn in der Hierarchie der Fahrer aus? Hat noch immer der Purpur die Nase vorn, oder sind die Grünen in der Zwischenzeit an ihnen vorbeigezogen? Ich nehme an, die Albata stellt noch immer die Aussenseiter?

    Da ich nicht unhöflich sein wollte, nahm ich das Gespräch an und führte es auch gerne weiter, aber mein Blick wurde fast schon magisch immer wieder zu der jungen Iulia gezogen.

    " Ich bin noch nicht lange genug in Roma, um das wirklich beurteilen zu können.", antwortete ich: " Doch der eine Auriga der Veneta , Prusias Kynegros, ist außergewöhnlich. Wenn du nicht schon Sodalis einer Factio wärst, würde ich dich gerne einladen, einem Training als Zuschauer beizuwohnen. Der Bursche hat etwas... ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. In Alexandria sagen die Leute "daimon" dazu. Auserwählt, verstehst du.", ich nickte, während ich tüchtig Werbung machte.

    Dabei folgte mein Blick dem des Annaeus ...ach ja, eine äußerst entzückende junge Dame stand da.

    Da würde ich auch nicht an Pferde denken wollen.

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - LUCIUS ANNAEUS FLORUS MINOR

  • Nichts hatte sich über die Jahre geändert: Menecrates verabscheute Geselligkeiten und suchte sie gleichzeitig regelmäßig auf. Dies geschah nicht aus einem inneren Bedürfnis heraus, sondern oblag seinen selbst auferlegten Pflichten. Zu dieser Feier ergab es sich, dass er wenigstens keine junge Frauen seines Hauses begleitete, weswegen er sich nach der Begrüßung des Brautpaares und den geäußerten Wünschen für eine glückliche Zukunft sich an den Rand der Menschenansammlung begab, um aus der Ferne zunächst den Blick schweifen zu lassen. Er hoffte auf einen nennenswerten Anteil an Offizieren unter den Gästen, immerhin handelte es sich beim Gastgeber und Bräutigam um einen alten Weggefährten.

    Nach der Gratulation des Brautpaares mischten die Flavii sich unter die Menge, parlierten mit dieser und jener Bekanntschaft und äußerten sich anerkennend über die Freigiebigkeit des Gastgebers, die Schönheit der Braut und selbstredend die bisherige Milde des Winters. Dann schließlich wies Patrokolos seinen Herrn darauf hin, dass er seinen Mentor Claudius Menecrates erspäht hatte, woraufhin Minor sogleich sich mit Cornelia Philonica im Schlepptau aufmachte, dem Consular seine Referenz zu erweisen.

    "Salve, Claudius! Lange haben wir uns nicht gesehen!"

    Selbstredend wusste er, dass Menecrates nicht eben ein Freund von Festivitäten war (immerhin war er ein Jahr lang sein offizieller Schatten gewesen), doch da er ebenso wusste, dass der alte Claudius ihn schätzte, vermeinte er, ihm durch seine Ansprache ein wenig Freude inmitten des Trubels zu bereiten. Tatsächlich hatten sie seines Wissens nach nicht mehr miteinander gesprochen, seit er nach seiner Hochzeit die erste längere Phase auf seinem Landgute hatte verlebt. Aus der Ferne war man sich zweifelsohne begegnet, wenn er zu diesem oder jenem Anlass nach Rom war zurückgekehrt, doch insgesamt hatte Gracchus Minor ja seit seiner Eheschließung nicht mehr am gesellschaftlichen Leben der Urbs partizipiert.

  • Eben sah ich noch Manius, seinem Sohn und dessen auffällig reizloser Gemahlin hinterher und überlegte, ob sie mit dem Ulpiermörder Cornelius verwandt war – nicht dass ich wüsste, trotzdem hatte mich allein der Name indigniert. Und diese Zähne, wirklich nicht schön. Sie erinnerten mich an die freimütige Aussage der Iulia Graecina, die mir gestanden hatte, dass es ihre größte Sorge war, einen Greis mit schlechten Zähnen zu heiraten. Hoffentlich entging sie diesem Schicksal auch ohne mich...


    Ich zurrte das fröhliche Festtagslächeln wieder auf meinem Gesicht fest, und fuhr fort, an der Seite meiner holden Braut die Gäste zu begrüßen und Glückwünsche entgegen zu nehmen. Was mir überaus schmeichelte: sogar der Patriarch der Claudier war der Einladung gefolgt! Flavier und Claudier gaben sich unter unserem Dach die Ehre, vornehmer konnte es kaum werden.


    Einen schon gut angeheiterten Gast stellte mir Valentina freudestrahlend als ihren Verwandten vor. Ich trat geistesgegenwärtig einen Schritt zurück, als er so schwungvoll das Glas schwenkte, und bewahrte meinen Amethysttoga somit vor Weinflecken.
    "Eine Freude dich kennenzulernen, Quintilius Clemens." Vor allem, weil Valentina damit auch einen Vertreter ihrer Familie auf dem Fest hatte. Und ein fröhlicher Gesell schien er auch zu sein. Ich schmunzelte jovial, bei der Geschichte von der Wette.
    "Na, dann hast du hoffentlich auf den Sufenas gesetzt?!" scherzte ich und trank Clemens zu.



    Kurz darauf traf meine Großtante Drusilla im Atrium ein. Sie war schon vor zwei Tagen vom Albaner See hierher zu uns gekommen, und hatte unsere Sklaven alle ganz kirre gemacht. Ihren hübschen (nur recht klein gewachsenen) jungen Gemahl am Arm, formvollendet geschminkt, und eine rotbraune Perücke von ungeheuren Ausmaßen auf dem Kopf, so trat sie würdevoll auf uns zu. Bei jedem Schritt funkelte und glitzerte irgendetwas an ihr. Zum Glück war sie mir nicht mehr böse, dass ich keine ihrer Kandidatinnen erwählt hatte.
    "Ach Kinder, ich freue mich so für euch!" Großtante Drusilla hauchte mir Küsschen auf die Wange, wobei mich ihr Veilchenparfum fast erstickte. "Dass ich das noch erleben darf!" Auch Valentina erhielt Küsschen. "Iunos Segen, ihr beiden! Auf dass bald ein paar kleine Racker hier im Atrium herumtoben." Großtante Drusilla seufzte nostalgisch. "Ja, die erste Ehe, die ist doch immer etwas ganz besonderes. Nicht wahr, Bubu?"
    Bubastus zeigte sein göttliches Grinsen. "Ganz recht, Schätzchen." Auch er gratulierte, dann winkte Großtante Drusilla herrisch und einer ihrer Sklaven trat heran, mit einer gigantischen minoischen Vase in den Armen. Sie war... gewöhnungsbedürftig... der bauchige Corpus von einem Scheusal von Octopus geschmückt, alles in Braun- und Gelb-Tönen, wie es vor Jahrzehnten mal angesagt gewesen war. Die Henkel standen wie zwei große Ohren davon ab.
    "Für euch, meine Lieben. Ein Original aus Knossos."
    "Oh, vielen Dank, was für ein außergewöhnliches Stück!" heuchelte ich, um meine gute Großtante nicht zu kränken. "Großtante, du bist zu großzügig. Sie bekommt einen Ehrenplatz..."

    Ich winkte dem nächstbesten Sklaven - das war der junge Silas der heute zum Fest ausnahmsweise aus den Hypokausten erlöst war und wieder als Mundschenk dienen durfte – und wies ihn an sich um das kostbare Geschenk zu kümmern.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • " Ich bin noch nicht lange genug in Roma, um das wirklich beurteilen zu können.", antwortete ich: " Doch der eine Auriga der Veneta , Prusias Kynegros, ist außergewöhnlich. Wenn du nicht schon Sodalis einer Factio wärst, würde ich dich gerne einladen, einem Training als Zuschauer beizuwohnen. Der Bursche hat etwas... ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. In Alexandria sagen die Leute "daimon" dazu. Auserwählt, verstehst du.", ich nickte, während ich tüchtig Werbung machte.

    Dabei folgte mein Blick dem des Annaeus ...ach ja, eine äußerst entzückende junge Dame stand da.

    Da würde ich auch nicht an Pferde denken wollen.

    Ich verstand ziemlich gut. Als kleines Kind hatte ich auf dem Trainingsgelände in Mantua manche ausländische Fahrer gesehen, welche ebenfalls so etwas hatten.

    Ja, ich glaube, ich weiss, was du meinst. In meiner Jugend nannten das die Rennfahrer, welche bei uns in Mantua zum Training kamen "Instinkt". Das Wissen und Spüren, dass es nur mit Risiko Erfolge gibt und das millimetergenaue Abschätzen von Lücken und blitzschnelle Erkennen von Möglichkeiten. Dazu ein innerer Antrieb jede mögliche Chance zu nutzen, welche weniger talentierten Fahrern das Leben kostet.

    Als ich bemerkte, dass der Furier meinen Blicken folgte, sagte ich: Das ist Iulia Stella. Ich habe vor, demnächst um ihre Hand zu bitten.

    Dann winkte ich Stella zu, um ihr zu zeigen, dass sie uns nicht stören würde.

  • Hatte ich zu Beginn zu des schnellen Ganges – immer an der Wand lang – noch einen Vorsprung, so verflüchtigte sich dieser. Zum Einen, weil der Hüne Glaucon – so hieß der wütende Grieche – deutlich längere Beine hatte, zum Anderen, weil ich mir noch ein Häppchen von einem der Tabletts gemopst hatte. Welch’ eine Schande, wäre ich einfach vorüber gegangen. Natürlich hatte mich der Tablettträger recht brüskiert angesehen, protestiert oder etwas gesagt hatte er aber nicht. Dass der Abstand schwand, sah ich dann beim emsigen Kauen und ich fühlte mich veranlasst, flüchtig in einem angrenzenden Raum zu verschwinden. Glaucon ging vorbei zu meinem Glück und ich huschte in die andere Richtung davon, wobei ich mich unter einem hübschen, blauen Wandbehang verbarg. Nach einem genauen Blick wagte ich mich unter diesem wieder hervor und die kleine Hatz setzte sich in der anderen Richtung fort, nachdem der Hüne mich entdeckt hatte.


    Während ich also versuchte meinen Hals zu retten, überlegte ich fieberhaft, was es mit diesem verdammten Armband auf sich haben musste und mir kam die grässliche Olympia in den Sinn. Sie war es doch, die mich beinahe das Leben gekostet hätte, nur weil sie das unumstrittene Häschen vom noch grässlicheren Kaeso sein wollte. Wie ich sie hasste! Leider hatte ich dafür nun nicht recht die Muße. Glaucon holte schon wieder auf. So sehr, dass ich seine gezischten Worte schon hören konnte.

    “Bleib’ stehen, du elende Ratte!“, drang es an mein Ohr.

    Ich jedoch schüttelte nur den Kopf. Würde mir im Traum nicht einfallen!


    Auf der Suche nach einer weiteren Möglichkeit den Händen des Verfolgers zu entkommen, suchten meine Blicke erneut den Raum ab. Und sie blieben nun wieder beim Brautpaar hängen und einer edlen Dame mit einer einer sehr abschreckenden Rothaarfrisur, die aussah wie die Mauer einer Trutzburg, an der Vögel zerschellen sollten.

    “Heiliger Donner!“

    Völlig baff blieb ich sogar kurz stehen und sah, wie eine Vase übergeben wurde, die recht sonderbar anmutete. Etwas Griechisches, wie ich vermutete.


    Auch Glaucon war kurz stehen geblieben und würdigte den Anblick mit einem leicht verzogenen Mund. Dass er dies tat, sah ich natürlich auch. “Da fühlst du dich gleich heimisch was?“, ließ ich verlauten.
    Dummerweise, denn nun war richtig sauer.

    “Halt die Fr...“

    Mehr hörte ich von dem Gezische nicht, denn ich war schon wieder unterwegs, beschleunigte dabei sogar und entdeckte – endlich – Dominus Selnus!


    Leider musste ich, um zu ihm zu gelangen einen kleinen Umweg nehmen. Ihm zurufen wollte ich nun nicht gerade. Das gehörte sich hier nicht.

    Also weg von der Wand, mitten in den Raum hinein, einen Sklaven mit einem Tablett umrunden, einen älteren, sehr noblen Herrn und einem ebenso edlen, etwas dicklichen und dann zurück zur Wand, da Glaucon offenbar eine Abkürzung zu mir gefunden hatte. Wieder verfehlte mich sein Griff, der dieses Mal meinem Handgelen galt und ich bog ab. Wieder in einen Nebenraum, den Blick noch nach hinten gerichtet. Hinter der Schwelle allerdings kollidierte ich mit etwas festem, aber Weichem und zugleich mit etwas Bauchigem, noch sehr viel Festeren, das auch sogleich scheppernd zu Boden ging und somit zweigeteilt dort erst einmal liegen blieb.

    “Oh Scheiße!“, schnappte ich, hielt mir die Schulter, welche beim Aufprall ganz vorn gewesen war und richtete mich wieder ein Stückchen auf, wobei ich den blonden Sklaven anschaute, der ebenfalls halb umgerissen gewesen war und die Vase getragen hatte, welche ich zuvor mitsamt edler Dame noch gewürdigt hatte.

    “TUT MIR LEID! TUT MIR ECHT LEID!“, waren meine ersten Worte, wobei meine Betroffenheit völlig ehrlich und unverstellt war. “Ohhhh...naaaaaain…,“ hauchte ich auch noch hinterher, während Verzweiflung nach meiner Kehle griff.

    Glaucon hatte inzwischen umgekehrt. Wohlweislich wollte er mit dieser Sache rein gar nichts zu tun haben. Ich auch nicht, aber nun war es wohl zu spät. Ich schluckte schwer und brauchte noch einen Moment, um den Schock zu verarbeiten.



    Sim-Off:

    Bitte nicht zu viel Aufmersamkeit! Der Knall war nicht so laut, dass er alle anderen Geräusche übertönt. (Haben nur die gehört, die nahe beim Nebenraum standen! *sein Leben eigentlich mag*

  • In einem Nebenraum schepperte es gewaltig, was meinen Blick und den dutzender anderer Gäste in jene Richtung lenkte. Dabei erkannte ich auch Annaeus Florus in der Nähe, der mit einem anderen Herrn gesprochen hatte und nun ebenfalls in Richtung des Lärms blickte. Hoffentlich war es nur ein Sklave, der etwas fallen gelassen hatte. Dann würde hier ganz schnell alles wieder seinen geplanten Verlauf nehmen.

  • Noch bevor Valeria Maximilla mir antworten konnten schepperte und klirrte es aus einem Nebenraum ganz gewaltig. Verdutzt und natürlich etwas beunruhigt, da wir Damen natürlich sofort am Geräusch erkannten, dass etwas in die Brüche gegangen war und nicht bloss eine Platte auf den Boden gedonnert war, blickten wir in die entsprechende Richtung. Florus Winken hatte ich gerade noch aus dem Augenwinkel wahrgenommen, doch nun war die Aufmerksamkeit ganz klar woanders.

  • Von der liebevollen Begrüßung durch Großtante Drusilla überwältigt, konnte Valentina nicht anders als das Geschenk mit großen Augen zu betrachten. Es war nicht schön, das war es wirklich nicht. Doch sie zeigte nach außen hin absolut nichts von diesen Gedanken. Neben sich hörte sie ihren Zukünftigen versprechen, dass diese Vase einen Ehrenplatz bekommen würde. Und Valentina erwischte sich bei dem Gedanken, dass dieser Platz hoffentlich irgendwo außerhalb der Casa war. Doch natürlich bedankte auch sie sich höflich bei der Schenkenden.

    Clemens war vorgestellt und Valentina hoffte, dass dieser nun ein bisschen mehr essen als trinken würde. Sie kannten sich noch nicht lange genug, dass sie ihn einschätzen konnte. Und obwohl sie sich sehr freute ein Familienmitglied hier auf der Feier begrüßen zu dürfen, so hoffte sie doch auch, dass dieser sie nicht blamieren würde. "Koste doch bitte auch mal von dem Huhn, es schmeckt köstlich." Raunte sie ihm noch zu, dann drapierte sie sich wieder neben ihrem Verlobten.

    Weitere Glückwünsche wurden an sie heran getragen, bis vom Nebenzimmer plötzlich ein klirrendes Geräusch zu hören war. Genau der Nebenraum in welchem der Sklave gerade mit der Monstrosität von Vase verschwunden war. Valentina schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Das war doch hoffentlich nicht...? Angstvoll wanderte ihr Blick durch den Raum und suchte Großtante Drusilla. Hatte die das Geräusch auch gehört? Gleichzeitig drückte sie mit der anderen Hand die von Serapio ohne es bewusst zu merken.

  • Bloß nichts falsch machen.
    Von oben bis unten blank geschrubbt, so dass kein Fitzelchen Ruß mehr an ihm zu finden war, frisch eingekleidet in eine nagelneue Tunika und mit einem diensteifrigen Lächeln auf den Lippen, so servierte Silas den Wein. Aus dem rauchigen Heizkeller und der elenden Schufterei, dem öden Einerlei von Holzhacken und Ofenkehren, hatte ihn die Hand der Herrschaften emporgehoben, und in eine andere Welt versetzt. Hier flanierten edle Herren und wunderschöne Damen, ihre Kleider bunt wie eine Blumenwiese und schillernd wie Schmetterlingsflügel. Hier spielte Musik, die hohen Gäste unterhielten sich gepflegt und heiter.
    Aufmerksam achtete Silas darauf, wer welchen Wein bevorzugte, und wessen Kelch zur Neige gegangen war. Unaufdringlich und anmutig füllte er nach, mischte und würzte nach dem Belieben der Gäste. Vor allem den Damen bot er auch leichte Fruchtweine an, und natürlich honigsüßen Mulsum.
    Fast war es, als wäre alles wie früher, und er hätte den schlimmen Fehler nie begangen. Doch um Silas' Hals lag immer noch der Metallreif genietet, auf dem die Worte eingraviert waren: Wenn ich entlaufe, fang mich und bring mich in die Casa Decima Mercator, so wirst du belohnt. Der erinnerte ihn daran, dass eben doch nicht alles so war wie früher. Silas schämte sich für den Kragen. Vor den edlen Gästen hielt er die Augen niedergeschlagen. Manchmal wanderte sein Blick scheu zu Angus, der am Rande des Atriums stand.


    Als Dominus Serapio ihn herbeiwinkte, war Silas sofort zur Stelle. Er stellte sein Tablett ab und nahm das Geschenk der edlen Domina Drusilla vorsichtig an sich. Die Vase war ziemlich schwer, die Henkel eher dünn, Silas nahm das Gefäß darum lieber in die Arme und stützte es von unten. Vorsichtig trug er es in das ans Atrium angrenzende Zimmer, in dem die Geschenke auf einem großen Tisch repräsentativ zur Schau gestellt wurden. Während Silas noch überlegte, wo die Vase am besten hinpasste, geschah es schneller als man denken konnte: ein Stoß, ein Stolpern, ein Klirren... Kreidebleich starrte Silas auf die Bruchstücke.
    "Oh nein... nein... nein..."
    Verzweifelt fiel er auf die Knie. Seine Hände bebten, als er nach den Scherben griff, als könne er sie kraft seines Willens einfach wieder zusammensetzen. Fassungslos über das Unglück, sah Silas auf zu dem Mann, der da gegen ihn gelaufen war, starrte den Schuldigen an, mit schreckgeweiteten Augen.

  • Das war es also gewesen! Mein Leben! Dafür würde Dominus Selenus sicherlich das vollenden, was der Grieche gerade aufgegeben
    hatte. Und wenn ich dann tot war, würde der Hausherr mich noch einmal erwürgen. Und die Dame mit der denkwürdigen Frisur
    sicherlich auch. Da war es also hin, das Glück.


    “Oh…. Ihr Götter….,“ schaffte ich es noch einmal zu sagen.


    Dann bemerkte ich, wie der junge, blonde Mann wahrscheinlich ebenso blass geworden war wie eine gekalkte Wand. Mir war wie so oft das Blut in die Wangen geschossen. Oft hatte ich besagtes Glück, und ich leuchtete dabei nicht wie eine Öllampe, wegen meines gesunden Sonnenteints meiner Heimat, doch hier im Winter und in Rom hatte dieser natürlich auch gelitten. Nicht ganz so sehr wie die Vase.

    “Das… war ein Unfall!“, betonte ich. “Der Grieche war schuld!“, betonte ich auch noch und ließ mich ebenso wie mein Gegenüber nun auf die Knie sinken und fasste ebenso nach den Bruchstücken.

    Der junge Mann schien fassungslos, starrte mich an und ich schluckte noch mal. Wahrscheinlich wäre es nun gute Wahl, mich aufzumachen und zu sehen, dass ich wegkam. Raus aus dem Raum, der Casa und dann aus der Stadt.
    Auf der Via Appia gäbe es auch kein Glück…. Aber querfeldein?

    Und dann?

    Mein Blick fiel auf das Halsband des Sklaven mir gegenüber. Da stand auch etwas drauf, doch war ich ja kein schneller Leser und unter diesen Umständen erst recht nicht. Mein Herz hämmerte nämlich auch so laut, dass ich mich gar nicht konzentrieren konnte.

    “Mit… etwas Leim oder Spachtelmasse… kann man das wieder kleben!“, versuchte ich nun uns beide sehr hervor gehaspelt zu beruhigen. “Die wird wie neu!“

    Warum mich meine eigenen Worte nicht besänftigen konnten, lag klar auf der Hand. Durch gutes Zureden wurde es nicht besser und die Vase auch nicht wieder ganz. Ganz ehrlich war ich den Tränen nahe. Eine wischte ich mir verstohlen davon.

    “Das tut mir wirklich Leid!“, erklärte ich deshalb noch einmal und hielt nun hilflos einen Teil der kaputten Keramik in der Hand und betrachtete diese, als wäre es das letzte, was ich jemals sehen würde.
    “Mein Dominus Selenus wird das sicherlich ersetzen,“ war eine Mutmaßung, der ich in diesem Moment
    selbst nicht glaubte. Vielleicht war auch er der letzte, den ich jemals sehen würde. Aber die Hoffnung sollte man ja bis zum Schluss
    haben. Und nun heulte ich wirklich.

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