Pomp und Sühne – das Armilustrium

  • Zitat

    Original von Kalypso


    Wann immer er ein wage vertrautes Gesicht in der Menge sah, grüßte Victor mit einem kurzen Nicken oder einem Handgruß, schließlich war er hier zwar vor allem um zu sehen, aber auch um gesehen zu werden. Wie sie sich dabei so langsam durch die dichte Menschenmenge drängten, sprach ihn doch tatsächlich die neue Sklavin direkt an, ohne etwas gefragt worden zu sein. Na da hatten sie wohl eventuell noch an der Etikette zu arbeiten. Immerhin machte sie sie ihren Job als Wellenbrecherin bis hierhin ganz ordentlich, weshalb Victor nur eine Augenbraue hob und das Thema "Wer-darf-wen-wann-ansprechen" auf später verschob. Wenn er sich dann noch daran erinnerte. "Ein Schaulaufen? Nein, nein..." Naja, im Grunde war das natürlich der Sinn des Ganzen, wenn man den religiösen Aspekt nicht ganz so... inbrünstig... betrachtete. "Also schon ja... aber hauptsächlich geht es um die Ehrung des Kriegsgottes Mars und des..." Kurz stockte Victor und überlegte, wie er einer Barbarin erklärte wer Quirinus war, bevor er es sich einfach schenkte. "Nein, nicht nur ein Schaulaufen. Ein sehr wichtiger Feiertag. Vermutlich hattet ihr ja wohl sowas ähnliches zu Ehren Mars, oder?" Nicht dass die Thraker, so die Sklavin denn wirklich aus deren Landen kam, exakt das gleiche Ereignis kannten, aber der Senator hatte in seinem Leben durchaus gelernt, dass es gewisse religiöse Ähnlichkeiten auch mit den unzivilisierten Völkern gab.


    Als die Sklavin dann verkündete nur die besten Plätze für ihn organisieren zu wollen, lachte der Octavier ein wenig in sich hinein. Man gut, dass die Plätze nach Rang vergeben wurden. Allerdings wäre es bestimmt witzig gewesen zu sehen, wie die Thrakerin einen älteren (einen noch älteren, musste man wohl sagen) Senator vom Platz scheuchte, damit Victor seinen wohlbewachten Hintern dort platzieren konnte. Wo das noch ein Wort zum Schmunzeln war, zog Victor dann jedoch kurz darauf die Stirn in Falten. "Wie meinst du das mit Schau stehlen. Natürlich nicht. Wir sind hier um die Männer und ihren Dienst für Rom, Kaiser und Mars zu feiern." Ein bisschen irritiert war Senator schon, wegen der Worte der Sklavin und scheuchte sie jetzt mit einer Armbewegung an. "Immer voran, immer voran!"


    Sprachs und erblickte ein bekanntes Gesicht, dass er durchaus näher begrüßen wollte. "Doch kurz stopp." Nachdem er das nur Leise in Richtung der Thrakerin gemurmelt hatte, wandte sich Victor jetzt laut und deutlich an den Senatorenkollegen, den er erblickt hatte. "Iulius Dives! Salve! Ich hoffe es geht dir gut? Hm und mein Beileid." Auch wenn Victor nicht um die Nähe des Dives zu den verstorbenen Mitgliedern seiner Gens wusste, erforderte doch allein schon die Anzahl (und die Art der Tode) ein kurzes Wort darob.


    Nachdem sie (oder eher nur Victor aus seiner Truppe) am Ende des Weges zu den Tribünenplätzen vorgestoßen waren, kamen auch kurz darauf auch schon die eigentlichen Protagonisten dieses Tages in den Circus Maximus marschiert. Welch erhebender Anblick das war. So erbaulich (manche verwendeten vermutlich andere Worte, aber egal) auch die Prätorianer an der Spitze des Zuges waren, so ruhte der Blick des octavischen Senators doch hauptsächlich auf den Männern der Prima und vor allen den Cohortes Urbanae. Auch wenn man nicht mehr dazugehörte, blieb man seinen Einheiten ja auf ewig verbunden. Unter den Rüstungen aber dann tatsächlich jemanden zu erkennen, erwies sich trotz der guten Aussicht auf der Tribüne als nicht mehr so leicht, wie in seiner Jugend, weshalb Victor es nach kurzer Zeit aufgab, nach Maro direkt zu suchen.


    Auf jeden Fall stimmte der Senator anschließend in den allgemeinen Jubel beim Auftritt des Augustus ein. Zumindest seinem Stand und Alter angemessen. So pompös dann auch der Einzug gewesen war, so knapp gestaltete sich die Rede , was aber sicherlich nicht verkehrt war. Soweit schien der Start des Armilustrium ja auch angesichts des Lärms der aufmarschierten Soldaten schon mal sehr gut gelaufen zu sein.

  • Zitat

    Original von Gaius Octavius Victor


    Tatsächlich waren diese Worte unbedacht über ihre Lippen gepurzelt und Kalypso erschrak. Hm. Wie würde ihr neuer Dominus darauf reagieren? Ihr alter Dominus griff da schon mal zum hölzernen Stock. Doch ein solcher war, den Göttern sei Dank, nicht in greifbarer Nähe. Und so schob sich die Dunkelhaarige durch die Menge, um ihrem Dominus den gewünschten Freiraum zu gewährleisten. Vielleicht hatte der Octavier ihre Worte auch einfach nicht gehört oder überging sie einfach. Beide Varianten wären der Sklavin Recht. Nur leider waren ihre Gedanken lediglich Wunschdenken. Auch wenn der Octavier seine Stimme nicht erhob, so spürte Kalypso seinen Blick brennend auf ihrem Körper. Und wagte es nicht seinem Blick zu begegnen. Nicht in diesem Moment und auch nicht später. Nie. So schob, nein drängelte sich die Thrakerin regelrecht durch die Menge, und blieb dabei jedoch immer auf Höhe ihres Dominus. Denn schließlich sollten die Menschen vor ihm zurückweichen und nicht vor ihr. Obwohl dies mit Sicherheit einen belustigten Charakter hätte.


    “Eure Soldaten ehren dem Kriegsgott ... in dem sie was tun? Ihre Waffen verbrennen oder segnen lassen? Und dafür dieser Aufmarsch?“


    Fragend wandte sich die Dunkelhaarige an ihren Dominus. Bevor sie ihren Blick auch schon senkte und einen etwas dicklichen Herrn beiseite schob, oder diesem zumindest zu verstehen gab, dass er beiseite treten sollte.


    “Aus dem Weg.“


    Murrte die Thrakerin und linste aus dem Augenwinkel in Richtung des Octaviers. Soso. Dieser Tag heute war also so etwas wie ein Feiertag in der Urbs Aeterna.


    “Ich habe mir noch nie viel aus Feiertagen und Feste gemacht Dominus. Das einzige gute war immer das wir Sklaven an diesem Tag frei bekamen.“


    Ein kaum merkliches Schulterzucken begleitete ihre Worte. Während sie sich weiter durch die immer dichter werdende Menge schob. Somit bekam sie das Stirnrunzeln ihres Dominus nicht mit.


    “Ich werde mich an diese Feste erst noch gewöhnen müssen Dominus.“


    Antwortete die Dunkelhaarige auf die Worte ihres Dominus und kämpfte sich weiterhin durch die Menge. Dabei warf sie immer wieder einen raschen Blick in Richtung des Römers. Nicht das sie ihn aus den Augen verlor. Dies wäre äußerst fatal. Als ihr Dominus schließlich seine Schrittfolge drosselte, verlangsamte auch Kalypso ihre Schritte und blieb dennoch dicht an der Seite ihres Dominus. Auch als dieser Worte mit einem offensichtlichen Bekannten wechselte. Währenddessen hielt Kalypso ihren Blick gesenkt. Behielt das nähere Umfeld ihres Dominus jedoch wachsam im Blick.


    Endlich wurde der Circus Maximus erreicht und wie es die Thrakerin prophezeiht hatte, waren für ihren Dominus tatsächlich die besten Plätze reserviert worden. Der Jubel zum Wohle des Augustus brandete gegen Kalypsos Ohren. Und dennoch galt ihre einzige Aufmerksamkeit ihrem Dominus.

  • Sprachs und erblickte ein bekanntes Gesicht, dass er durchaus näher begrüßen wollte. "Doch kurz stopp." Nachdem er das nur Leise in Richtung der Thrakerin gemurmelt hatte, wandte sich Victor jetzt laut und deutlich an den Senatorenkollegen, den er erblickt hatte. "Iulius Dives! Salve! Ich hoffe es geht dir gut? Hm und mein Beileid." Auch wenn Victor nicht um die Nähe des Dives zu den verstorbenen Mitgliedern seiner Gens wusste, erforderte doch allein schon die Anzahl (und die Art der Tode) ein kurzes Wort darob.

    Als jemand seinen Namen rief, sah sich Dives um... und erblickte das bekannte Gesicht eines Verwandten:

    "Onkel Victor!", nutzte er entsprechend auch eine etwas persönlichere Anrede. Denn als Sohn der Licinia Octavia und entsprechend Enkel des Censoriers Octavius Anton war der octavische Praetorius in der Tat ein Onkel des Iuliers. "Salve! Und vielen Dank für deine Worte. Es war zweifellos eine schwierige Zeit mit den zahlreichen Todesfällen in meiner Verwandtschaft.", erklärte er mit dem Medaillon in seiner Hand. Dann jedoch ließ er es bewusst los, sodass es wieder von der feinen Kette um seinen Hals getragen wurde. "Doch ich habe beschlossen, dass die Zeit des Trauerns vorbei ist. Stattdessen kehre ich nach Roma und in die Öffentlichkeit zurück und werde auch wieder mehr Verantwortung übernehmen.", ließ er jedoch zunächst offen, was genau er mit diesen Worten meinte. Denn Victor würde wohl gewiss nachfragen, falls er sich näher dafür interessierte.


    "Und wie geht es dir, Onkel?", erkundigte sich der divitische Neffe stattdessen umgekehrt. Denn selbstredend war er durchaus neugierig, was sich im Leben seiner octavischen Verwandten getan hatte seit der Zeit, zu welcher er die Urbs verlassen und sich auf seinen rund 11 Meilen südöstlich der Stadt gelegenen Landsitz zu Bovillae zurückgezogen hatte...

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    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Das erste Voropfer: ein Widder für Iuppiter

    Auch wenn es länger her war, dass ich tatsächlich eigenhändig Blut vergossen hatte – unschöne Dinge waren trotzdem Teil meines Dienstes. Alles für Imperator und Patria, versteht sich, aber einen Freund zu verraten, die tückischen Manipulationen in Nabataea, oder auch einfach nur, einen Haufen armseliger Waisenkinder zu Tode zu erschrecken... glorreich war das nicht gerade.
    Der vertraute Ritus des Armilustriums war etwas, auf das wir uns verlassen konnten, und das Wissen um die kommende Entsühnung war beruhigend. Obgleich ich mir im Grunde schon lange nicht mehr sicher war, ob die Götter sich wirklich um das ganzen Opferspektakel scherten... oder ob sie uns nicht so fern waren, dass sie eher als Prinzipen zu begreifen waren, denn als Himmelswesen... es war auf jeden Fall gut, hier zu stehen, als Teil meiner Einheit, vor dem Kaiser und den Bürgern, für deren Wohl wir unseren Dienst taten.
    Die Rede des Imperators war kurz, treffend und im besten Sinne feldherrenhaft. Zudem war ein Donativum natürlich immer sehr willkommen. Als der darauf folgende Jubel und die Hochrufe abgeklungen waren, begann unter getragenen Klängen das Opfer.


    Mein Einsatz! Ich reckte das Kinn und ließ meinen Paraderappen vor den ersten der drei Altäre stolzieren. Der weiße Widder, für Iuppiter bestimmt, zum Auftakt des Opfers an die präkapitolinische Trias, stand dort angepflockt, ein angemessen prachtvolles Tier, das Fell schneeweiß, das ausladend gewundene Gehörn und die Hufe reich vergoldet, mit Blumen und Bändern geschmückt. (Er war allerdings leider, allein von seiner Größe, nicht ganz so imposant wie das Opfertier am mittleren Altar, der rote Stier für Mars. Dafür, sagte ich mir, war es natürlich eine besondere Ehre, beim Opfer an den Götterherrscher mitzuwirken.)
    Mit gekonnt schwungvoller Geste schlug ich mein nachtschwarzes Paludamentum zurück, silbrig schimmerten die eingewobenen Umrisse des Skorpions, darauf schwang ich mich aus dem Sattel, überließ die Zügel einem Miles, meinen Helm einem anderen. Die Opferdiener an 'unserem' Altar waren allesamt Soldaten der Garde. Einer bot mir die Schale, in der ich rituell meine Hände reinigte. Auch durch die Reihen der Soldaten gingen eine Vielzahl von Opferdienern und besprengten sie mit Wasser.

    Eine Ecke meines Paludamentums zog ich über den Kopf, griff beherzt in die nächste angereichte Schale, die mit dem Räucherwerk, und verteilte eine Handvoll Weihrauch auf dem Rost über den glimmenden Kohlen. Eine zweite Handvoll nahm ich vom kretischen Zistrosenharz, und eine dritte vom besonders edlen Adlerholz-Räucherwerk. Riesige Räucherbecken standen um den Altar, und die Opferdiener räucherten eifrig mit, damit Iuppiter uns auch riechen konnte. Eine frische Herbstbrise verteilte die Schwaden.
    Zurücktretend, um nicht zu viel davon einzuatmen - wegen der Stimme, und weil Adlerholz ganz schön sinneserweiternd sein konnte – murmelte ich einige Floskeln an Ianus, dann hob ich in gemessener Geste die Hände gen Himmel und begann in Schlachtfeld-Lautstärke mit der Anrufung für das Voropfer. (Mit meinem Declamator hatte ich sie am Vortag noch ausführlich geprobt, um die Betonung perfekt zu machen.)


    "O Iuppiter! Herrscher des Himmels, Hüter des Heils!
    O Iuppiter! Vater der Götter, Patronus der Sterblichen!
    O Iuppiter! Eherner Eidherr, gerechtester Richter!


    Höre den Hall unserer Sohlen! Sieh unsere geschlossenen Reihen! Mann an Mann sind wir angetreten, Streiter im Herzen des Reiches, Dir und der Älteren Trias zu Ehren! Erfreue Dich am Rauch der Altäre und vernimm gnädig unsere Worte, die wir zu Dir rufen:


    Erhabenster Himmlischer, Du bist es, der die Welt schirmt vor den Feinden des Seins! - So dienen auch wir dem Wohl des größten und besten aller Reiche.
    Vater des Tages, Lichter Gebieter, stets wahrst Du in Klarheit das Recht vor dem Chaos, Dein gleißender Blitzstrahl bannt Chaos und Nacht. - So streiten auch wir gegen Roms ruchlose Feinde.
    Schirmherr des Staates, erhabenster Ewiger, der Fels Deiner Macht ist des Gemeinwesens Grundstein. - So bilden auch unsere Gladii, wie die unserer Waffenbrüder, das Fundament, auf dem Romas segensreiche Herrschaft erbaut ist.


    Höre den Klang unserer Schwerter! Sieh die Einigkeit unserer Streitmacht! Mut und Treue im Herzen sind wir angetreten, Dir und der Älteren Trias zu Ehren! Erfreue Dich am Rauch der Altäre und vernimm gnädig unsere Worte, die wir zu Dir rufen:
    Ehre Dir, Iuppiter Stator! Gepriesen Iuppiter Invictus! Nimmer endender Ruhm Iuppiter Propugnator!!"


    "Ehre Dir, Iuppiter!"
    nahmen die gut geschulten Soldaten der Garde meinen Ruf auf, und schlugen mit den Gladii auf die Schildbuckel, so dass ein Dröhnen wie von Donnergrollen durch das riesige Oval rollte, das wirklich dazu geeignet erschien, bis zum Himmel zu dringen. Eine Gänsehaut kroch mir über den Rücken, und der Opfer-Widder warf den Kopf in den Nacken und rollte mit den gelben Ziegenaugen.


    "Empfange die Ehren, oh Allgewaltiger, erfreue Dich an den Opfergaben, welche Dir gebührend dargeboten durch den vorzüglichsten aller Opferherren!" Wobei ich mit höchst respektvoller Geste den Imperator auf der Tribüne bezeichnete. "O Iuppiter, möge unser Opfer Dir zur Freude gereichen!", schloß ich feurig, " Mögest Du und die Ältere Trias uns die Entsühnung zu teil werden lassen."

    Darauf trat ich schneidigen Schrittes ab, beflügelt von dem öffentlichen Auftritt und der Weihe des Momentes. Nun war es an den Stadtkohorten, das zweite Voropfer zu vollziehen.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Den Salii kam an diesem Festtag (wie gewöhnlich) lediglich eine symbolische Rolle zu, sodass sie gleich den Abordnungen der aktiven Militäreinheiten in Reih und Glied im Sande des Circus Maximus sich platzierten, darunter der jüngere Flavius Gracchus, welchem wie durch ein Wunder es war gelungen, die uralte Rüstung seines Collegiums, vom beschweiften Pileus bis hinab zu den schimmernden Beinschienen, den massiven Schild sowie die Hasta den gesamten Weg bis hierher zu schleppen, dabei gar noch die Majorität der Sprünge des Kulttanzes zu vollführen sowie zumindest diverse Bruchstücke des Carmen Saliare zu intonieren. Nun jedoch, da alles ruhte, mochte der genaue Beobachter erkennen, dass der kleine, dickliche Salier in zweiter Reihe Mühe hatte, sein Ancile still zu halten, da doch noch immer sein Puls unter dem drückenden Helm raste und sein Atem mitnichten zur Ruhe war gekommen.


    Somit fühlte Manius Minor sich auch außerstande, der Rede des Augustus zu folgen, was indessen nicht sonderlich bedauerlich war, da doch er bereits unzählige von ihnen hatte vernommen und Aquilius Severus nicht eben als begnadeter Rhetor wurde gepriesen, dessen Sentenzen es unbedingt zu lauschen galt.

  • Nachdem sich ihr Dominus auf die für ihn erwählte Sitzgelegenheit niedergelassen hatte. Platzierte sich die Thrakerin direkt hinter ihm und ließ ihren Blick höchst aufmerksam von links nach rechts gleiten. Schließlich waren solche Festivitäten doch wie geschaffen für gedungene Meuchelmörder oder Attentäter jeglicher Art. Denn die geneigte römische Bevölkerung konzentrierte sich einzig und alleine auf den Prunk und Pomp der Soldaten. Und achtete nicht mehr auf seinen Nebenmann oder seine Nebenfrau.

  • Musa saß zusammen mit ihrer Schwester auf den Plätzen, die unter anderem für die Nobilitas vorgesehen waren. Der Ausblick war atemberaubend. Beste Sicht auf das prächtige Schauspiel verschiedener militärischen Einheiten, besonders die Prätorianer in ihrer schwarzen Pracht machten Lust auf mehr. Recht pompös das Ganze Spektakel. Wie viel das wohl kostete...


    Sie wandte sich zu Marcella. "Frage bitte nicht, warum ich gerade darauf komme." Vielleicht wegen den vielen hübschen Männern. "Denkst du, dass du dich nach Pulcher wieder verlieben wirst?"

  • "Hihihi", kicherte Marcella, und auch ihre Ohrgehänge aus funkelnden Rubinen klimperten heiter.
    "Ständig, Schwesterchen, ständig! Es ist schon so lange her, man darf den Kopf nicht hängen lassen. Stell dir vor, in Baia kürzlich, da habe ich einen Dichter kennengelernt, der hat mir so süße Verse geschrieben, mindestens drei Tage lang war ich rasend in ihn verliebt. Aber ach, leider war er ein ganz armer Schlucker, völlig unbedeutend, was soll man da machen. Weißt du, ich war bei einer sehr guten Wahrsagerin, die hat mir prophezeit, dass ich bald den richtigen kennenlernen werde, und dass er eine bedeutende Persönlichkeit ist."
    Sie stupste Musa schelmisch in die Seite.
    "Und du, welcher hier würde dir gefallen? Wenn du dir einen aussuchen könntest?"
    Marcellas Rehaugen schweiften über die feschen Soldaten, dann zurück zu den senatorischen Reihen der Tribüne. Ein Windhauch ging durch die Ränge.
    "Oh, ich habe eine Idee. Komm, wir lassen unsere Taschentücher fliegen und gucken was passiert!"
    Kichernd zückte sie ein hauchfeines Seidentüchlein, auf dem das Familienemblem und Marcellas Initialen inmitten von Blumenranken kunstvoll eingestickt waren. Parfümiert war es mit einem Duft wie von reifen Erdbeeren.

  • Lucius mochte keine religiösen Feiertage - genaugenommen hasste er sie sogar: Es war einfach absolut unlogisch zu glauben, dass irgendwelche Mächte - laut Griechen nicht viel vernünftiger als Menschen - die Geschicke der Sterblichen leiteten (wobei sich fragte, wie Götter überhaupt unsterblich sein sollten). Dieses irrationale Entsühnungsritual war da noch die Spitze: Wer sollte Soldaten wovon entsühnen - und vor allem warum? Immerhin fußte der Erfolg, die Macht und Sicherheit Roms ja genau auf dem Morden, das einem hier offensichtlich wieder irgendwie unangenehm war...


    Das einzige Gute daran war, dass dieser Zirkus mit einer anständigen Militärparade verbunden war - das zumindest fand auch der Petronier gut. Also ritt er auf seinem Dienstpferd - einem eher praktischen als schönem Gaul - vor seiner Kohorte her und präsentierte seine Paradeuniform, die er sich nach seinem Wiedereintritt erst kürzlich hatte anfertigen lassen: ein Lederpanzer mit einem Gorgonenhaupt-Medaillon auf der Brust (natürlich auch völliger Unsinn, dass es irgendwo Frauen mit Schlangenhaaren hab, aber Lucius mochte es, wenn andere aus Angst vor ihm erstarrten), ein Paludamentum mit eingestickten geometrischen Mustern am Saum (Dreiecke, Kreise und Quadrate, die Grundformen der Geometrie), gehalten von einer Brosche mit dem Konterfei von Euklid, seinem Lieblingsmathematiker. Der Helm war der Alte - der hatte trotz Abmagern während der Krankheit noch gepasst. Da die Götter ihm nichts bedeuteten, war er relativ entspannt - die gute Laune wurde nur dadurch getrübt, dass er dazu ausersehen worden war, das Voropfer zu vollziehen.


    Als sie daher im Circus ankamen, wuchs die schlechte Laune des Petroniers und er sah sich widerwillig nach seinen Opferhelfern um. Man hatte ihm zwei Soldaten zugeteilt, die ihm Wasser zum Händewaschen und Weihrauch anreichen sollten. Natürlich kam noch ein rituelles Gebet mit unendlich vielen Worten dazu. Lucius hatte schnell entschieden, dass er das Gebet nicht vorher lernen wollte, sondern es Satz für Satz einfach nachsprechen würde - dann sparte er wenigstens ein wenig Zeit ein, die er mit diesem Quatsch vergeudete!


    Tatsächlich führte die Aussicht dazu, dass er sich gar nicht an dem glanzvollen Auftritt freuen konnte und seine Anspannung stieg, als sie auf die Bahn des Circus Maximus einzogen, wo ihnen schon der Weihrauch entgegen wehte und die Altäre ausgepackt waren.


    Trotzdem gab er natürlich die Befehle weiter, als der Imperator auftrat und seine Standard-Worte an die Truppe richtete. Das einzige, was Lucius mitnahm, war die Aussicht auf ein Extra-Gehalt - das konnte er bei der Wohnungssuche gut brauchen! Die theatralische Aufführung des Decimers registrierte er dagegen mit einem Schnauben - er mochte diesen Serapio nicht und dieses übertriebene Gebrüll belegte nur wieder einmal, dass es bei diesem ganzen Zirkus weniger um die Götter als um die Menschen ging, die sich für dieses lächerliche Ritual hier versammelt hatten.


    Trotzdem musste auch er seinen Job machen - immerhin war heute sogar sein oberster Dienstherr anwesend! Also stieg auch er vom Pferd und trat an den Altar, vor dem ein prächtiger Stier angepflockt war. Er sah sich um - irgendein Optio stand bereits mit der Wasserschale bereit, wenn er richtig informiert war.

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM


  • Ein Dichter?! Wie schön! Warum Sie?! War nicht Musa selbst die künstlerisch Begabtere von beiden gewesen? Ihr wäre es nämlich egal gewesen, wenn er monetär nichts zu bieten hätte, wenn auch der Großvater wohl nichts davon hielten würde. Doch wenn er sinnliche, romantische Verse verfassen konnte, dazu malerisch wie auch plastisch begabt wäre. Kaum vorzustellen, was passieren könnte… stundenlanges debattieren über Phaedrus …, Sabellus… Sie musste anschließend beim Gedanken an Sebellus grinsen.


    "Ähm, das weiß ich doch nicht. Die reine körperliche Ästhetik ist doch nur ein Bruchteil, Marcella. Vielmehr müssen der Geist, die Seele und der Leib im Einklang sein. Außerdem seien die Soldaten nach Meinung von Magister Erigyius nicht gerade mit Intellekt gesegnet."


    Widerwillig nahm sie ihr fein mit roten Rosen gestrickte Seidentuch aus der Tasche.


    "Wenn es sein muss. Dir zuliebe. Aber nur dir..."


    Bevor sie das Tuch los lies. Ging sie in sich und schloss ihre Äuglein. Bitte Favonius, lass mein Tüchlein vom Winde getrieben, einfach hinab auf dem Boden fallen.


    Es flog, und flog…


    "Und nun?" Blickte sie Marcella mit einem schmollenden Gesichtsausdruck und miesepetrig an. "Zweck erreicht?"

  • "Du mußt praktisch denken, Musa. Alles auf einmal kommt doch nie zusammen..."

    Marcella nickte weise, dann kicherte sie wieder amüsiert, bei Musas Schmollen.

    "Kommt drauf an wo es landet..."

    Sie spähte Musas Taschentuch hinterher, das flog und flog... hielt dabei ihr eigenes Tüchlein anmutig zwischen den spitzen Fingern und ließ es noch einen Moment lang im Wind flattern, bis der sich wieder in Richtung der senatorischen Ränge drehte. Dann erst ließ sie es fliegen... und sandte ein leises Stoßgebet gen Himmel. Wenn Mars geopfert wurde, war Venus bestimmt nicht weit.

    "Große Göttin Venus, schick meinem Schwesterlein die Liebe eines Seelenverwandten, und mir die einen heiratswilligen Senators! Dann wollen wir dir einen wunderwunderschönen Schrein stiften, dem es nie an frischen Blumen mangeln soll!"

    Wie zwei Schmetterlinge schwebten die Seidentüchlein, eines mit Rosen, eines mit Erdbeerblüten bestickt, über die Köpfe der Menge. Wo sie wohl landen würden?

  • Ich saß schon eine ganze Weil lang, gelangweilt auf der Ehrentre

    Wie er es Maro versprochen hatte, ließ sich natürlich auch Victor nicht das Armilustrium entgehen und befand sich auf dem Weg zu einem Platz auf der Tribüne im Circus Maximus. So sehr es auch immer wieder beeindruckte den Zug der Milites durch die Straßen der Stadt direkt mitzuerleben, so sehr konnte der Senator darauf verzichten im dichten Gedränge der Schaulustigen am Straßenrand zu stehen und nötigenfalls gar seinen Kopf strecken zu müssen, um überhaupt etwas von den vorbeimarschierenden Soldaten sehen zu können.


    Viel besser war es doch, wenn man sich von einer kräftigen Sklavin den Weg durch die auch am Circus Maximus schon sich dicht drängende Masse zu einem Platz in der Nähe der anderen Senatoren bahnen ließ. Wenn man schon nach langer Zeit aus der Versenkung auftauchte, da konnte es ja nicht schaden, das dezent auffällig zu tun. Mit einer gewissen Spannkraft, ob der Tatsache nach langer Zeit mal wieder wegen eines größeren Anlasses vor der Tür zu sein, wandte sich Victor an seine neue Sklavin. "Nun denn Thrakerin," den Namen sollte sich Victor noch mal merken, aber so ging es auch erstmal. "Dann kämpf uns mal den Weg zu den Plätzen der Prätorier frei." Ein wenig gluckste Victor über das Wortspiel, wo die Neue doch eine gute Kämpferin sein sollte. Mit einer Armbewegung deutete der Octavier grob in Richtung der vorderen Reihen der Tribüne. "Wobei, nimm das nicht zu wörtlich. Für Tote und Verletzte auf dem Weg ist das hier eindeutig die falsche Veranstaltung." Im Übrigen hoffte Victor schon, dass die Sklavin nicht an Agoraphobie litt. Man wusste ja nie bei diesen Barbaren, ob sie schon mal mehr als 10 Personen auf einem Haufen gesehen hatten.


    "Hallo Vater. Deinem Wunsch entsprechend bin ich hier." Ich tat es nur Vater zuliebe, denn für mich war die Priorität eine andere gewesen, nämlich bei Livia zu sein. Man hat sie einen wohlgeformten Körper. Als wäre Venus in ihr geboren. Wenn Vater das wüsste... zum Glück, dass ich ein hervorragend guter Sohn spielen konnte. "Geliebter Vater, es tut mir äußert leid, doch auf dem Forum Romanum musste ich einen alten fast kränklichen Aedituus helfen. Du weißt ja, eine gute Tat ist stets verpflichtend für einen Octavier." Ich setzte mich zu ihm und sah die Männer in ihren schicken Uniformen zu. "Hurra!"

  • Das Gemurmel der Menge schwoll zu einem ohrenbetäubenden Lärm an. Sodass Kalypso einen skeptischen Blick in sämtliche Himmelsrichtungen entsandte. Bevor sie ihr Hauptaugenmerk auf ihrem Dominus ruhen ließ. Denn direkt hinter dem sitzenden Gaius Octavius Victor hatte sich die Keltin postiert. Ihre Arme hielt sie dabei locker vor ihrem Oberkörper verschränkt. Während ihr Blick höchsr wachsam anmutete und die Thrakerin mit gespannten Sinnen den Aufmarsch der unterschiedlichsten Truppen verfolgte.


    Als sich dann jedoch ein junger Römer direkt neben ihren Dominus setzte. Ließ Kalypso ihre ermahnende Stimme erklingen.


    “Diese Plätze sind res...“


    Jedoch verstummte die Thrakerin augenblicklich als ihr bewusst wurde wer sich dort neben ihrem Dominus niedergelassen hatte. Kein geringerer als Gaius Octavius Victors Sohn war es. Und so senkte die Sklavin ihren Blick und presste ihre verschränkten Arme nun doch fester gegen ihren Oberkörper.


    Solch' ein Fehler durfte ihr nicht noch einmal passieren.


  • Es war immer wieder ergreifend an solchen Feierlichkeiten teil zu nehmen. Jetzt erst sah man die Menge der Soldaten die alleine in Rom stationiert waren. Von dem ganzen Drill vorher hatte der Optio Octavius nichts mit bekommen. Er konnte es nicht fassen, dass er trotzdem als Opferhelfer am Tag des Armilustriums tätig werden durfte.

    Er ehrte die Götter schon immer und so war dies für ihn eine Selbstverständlichkeit und eine große Ehre.

    Die Rede des Kaisers war kurz und prägnant und der Octavier brüllte wie alle begeistert:

    "VIVAT! VIVAT IMPERATOR! AVE IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS!"


    Nun stand er am Altar, die Schale mit dem Wasser in beiden Händen haltend und bemerkte mit Schrecken wie seine Hände zu zittern begannen. Er starrte auf das Wasser, welches leicht schwappte. Nun biss Frugi die Zähne zusammen und schallt innerlich mit sich selber. Da kämpfst du gegen die wilden Germanen, verbringst Monate deines
    Lebens bei ihnen und nun? Man Frugi reiß dich zusammen
    .

    Den Tribun hatte er schon gesehen, sollte er jetzt zu diesem gehen? Zögernd trat er auf diesen zu.

  • Wie zwei Schmetterlinge schwebten die Seidentüchlein, eines mit Rosen, eines mit Erdbeerblüten bestickt, über die Köpfe der Menge. Wo sie wohl landen würden?

    Als ich gespannt auf die Worte meines Vaters wartete. Legte sich unbeirrt eines der beiden Tüchlein direkt auf meinem Schoss nieder. Leicht irritiert, aber neugierig nahm ich das duftende Tüchlein auf, und dachte mir - hoffentlich ist es unbenutzt.

    Um mich zu vergewissern, öffnete ich ganz vorsichtig mit den Fingerspitzen das Tüchlein. Das hervorkommende Muster interpretierte ich vorschnell als eine Art Rose? Doch bei genauer Betrachtung handelte es sich um Erdbeerblüten. Sachen gibt es.


    Sim-Off:

    Wenn niemand will. 😉

  • Nun stand er am Altar, die Schale mit dem Wasser in beiden Händen haltend und bemerkte mit Schrecken wie seine Hände zu zittern begannen. Er starrte auf das Wasser, welches leicht schwappte. Nun biss Frugi die Zähne zusammen und schallt innerlich mit sich selber. Da kämpfst du gegen die wilden Germanen, verbringst Monate deines Lebens bei ihnen und nun? Man Frugi reiß dich zusammen.

    Den Tribun hatte er schon gesehen, sollte er jetzt zu diesem gehen? Zögernd trat er auf diesen zu.

    Der Petronier wartete ungeduldig auf den Wasserschüsseloptio - er wollte dieses dämliche Ritual schnell hinter sich bringen! Als er ihn endlich identifizierte, machte er eine eindeutige Geste, dass er herankommen sollte. Mit sichtlicher Missbilligung quittierte er das Zittern des Opferhelfers. Das würde ihm gerade noch fehlen, dass dieser ungeschickte Tollpatsch ihm die Wasserschüssel über den neuen Panzer goss!

    "Reiß dich zusammen, Mann."

    , knirschte er zwischen den Zähnen hervor und beeilte sich, seine Finger ein bisschen ins Wasser zu tauchen. Zum Glück war heute wieder schönes Wetter - er konnte sich noch gut erinnern, wie er in Mogontiacum als Magister Vici auch in winterlicher Kälte dieses Ritual hatte vollziehen müssen. Bei eisigem Wind waren feuchte Hände wirklich kein Spaß!


    Er legte den Helm ab und reichte ihn seinem Burschen, dann griff er nach seinem Soldatenmantel und zog ihn sich über den Hinterkopf - wieder so ein Ritual, das er nie verstanden hatte. Er kam sich dabei immer ein bisschen vor wie ein Kleinkind, das unter den Rock seiner Mutter kroch...


    Jetzt fehlte nur noch der Opferhelfer mit dem Weihrauch!

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Widerwillig nahm sie ihr fein mit roten Rosen gestrickte Seidentuch aus der Tasche.


    "Wenn es sein muss. Dir zuliebe. Aber nur dir..."


    Bevor sie das Tuch los lies. Ging sie in sich und schloss ihre Äuglein. Bitte Favonius, lass mein Tüchlein vom Winde getrieben, einfach hinab auf dem Boden fallen.

    Ich schaute dem militärischen Gepränge zu, den Männern mit ihren Schwertern, welche diese meine patria, auf der nur Eisen zu gedeihen schien, so groß und mächtig gemacht hatten; spürte die Präsenz des Mars Ultor in den altüberlieferten Riten


    .... da fiel mir etwas Kleines, Weiches, Duftiges in den Schoß wie ein Gruß aus elysaeischen Gefilden.

    Ein Seidentüchlein war es, mit Rosen bestickt. Es duftete ganz zart und fein wie die Anemonen im Furischen Hortus im Frühjahr.

    Sicherlich stammte es aus weiblicher zarter Hand.

    War es verloren gegangen oder mit Absicht geworfen? Der Kontrast zum Schauspiel der Entsühnung der Waffen ließ mich lächeln, und ich behielt es in meiner Hut, um es seiner Eigentümerin später zurückzugeben.

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    SODALIS FACTIO VENETA - FACTIO VENETA

    KLIENT - LUCIUS ANNAEUS FLORUS MINOR

  • Gleich würde der prachtvolle Stier sein Blut vergießen. Petronius Crispus nahm den Helm ab, tauchte die Finger ins dargereichte Wasser und verhüllte sein Haupt mit dem Mantel.


    Scato hatte sich inzwischen unauffällig aus den Reihen seiner Kameraden entfernt, um zu den anderen nach vorn zu treten. Hinter dem Altar stehend sah er vor sich die ganze Parade, schwer gepanzert und waffenstarrend, ein Meer aus blitzendem Eisen, die Helme zum feierlichen Anlass mit dem Kamm aus Pferdehaar verziert. Heute waren das erste Mal in seiner Laufbahn alle versammelt, Urbaner und Praetorianer, samt den dazugehörigen Offizieren. Lange konnte er sich nicht an dem Anblick des geballten Militärprunks ergötzen - der Tribun wartete.


    Scato trat an Petronius Crispus heran und hielt ihm das Kästchen mit dem kostbaren Weihrauch hin, das ihm soeben einer der Gehilfen gereicht hatte.

  • Lucius sah sich den Soldaten gar nicht an, der ihm dort den Weihrauch reichte. Eigentlich fand er dieses Baumharz ganz angenehm - gerade in Alexandria hatte er manchmal das Gefühl gehabt, die ganze Stadt würde danach riechen! Aber es war natürlich eine ziemlich naive Vorstellung zu glauben, dass das die Götter erreichte, nur weil der Rauch sich nach oben verflüchtigte... im Prinzip also schade, dass man die Körnchen nicht lieber im Haus abbrannte, wo der Duft sich wenigstens länger hielt!


    Trotzdem sah er kurz hinüber zum Kaiser, in dessen Präsenz es rational war, genau dem Protokoll zu folgen, und streute ein bisschen was auf die Kohlen im Foculus. Dann war der Part seines Cornicularius, der heute die Rolle des Opfer-Souffleurs spielte:

    "O Mars, Herr der Krieges, Hüter dieser Stadt!"

    "O Mars, Herr der Krieges, Hüter dieser Stadt!"

    wiederholte der Tribun relativ leise - der Kaiser stand sowieso so weit weg, dass er selbst bei etwas lauterer Stimme nichts verstehen würde, insofern war es irrational, seine Stimme mit diesem Quatsch zu ruinieren.

    "O Mars, Vater des Romulus und des Remus, Schutzherr der Soldaten!"

    "O Mars, Vater des Romulus und des Remus, Schutzherr der Soldaten!"

    Vor allem diese ewigen Litaneien gingen dem Petronier auf die Nerven - die Kultsprache war umständlich und das Gegenteil von logisch...

    O Mars! Eherner Kriegsherr, starker Beschützer!"

    O Mars! Eherner Kriegsherr, starker Beschützer!"

    ...und man redete doch auch keinen Menschen mit hundert verschiedenen Anreden an!

    "Höre den Hall unserer Sohlen! Sieh unsere geschlossenen Reihen!"

    "Höre den Hall unserer Sohlen! Sieh unsere geschlossenen Reihen!"

    ...und wieder eine wenig logische Aussage - entweder, Mars existierte und sah die angetretene Truppe, dann musste er nicht darauf hingewiesen...

    "Mann an Mann sind wir angetreten, Streiter im Herzen des Reiches"

    "Mann an Mann sind wir angetreten, Streiter im Herzen des Reiches"

    ...oder (die wahrscheinlichere Variante) er existierte nicht, dann waren diese Hinweise überflüssig.

    "dir und der Älteren Trias zu Ehren!"

    "dir und der Älteren Trias zu Ehren!"

    "Erfreue dich am Rauch der Altäre und vernimm gnädig-"

    "Erfreue dich am Rauch der Altäre und vernimm gnädig"

    "unsere Worte, die wir zu dir rufen:"

    "unsere Worte, die wir zu dir rufen:"

    Anders als sein Cornicularius gab sich Lucius auch keine Mühe, das ganze besonders rhetorisch gut zu intonieren - er sprach einfach monoton nach, was aber vermutlich ohnehin nur Iunius Scato mitbekam.

    "Erhabener Himmlischer, Du bist es, der unser Volk schirmt vor allen Feinden!"

    "Erhabener Himmlischer, Du bist es, der unser Volk schirmt vor allen Feinden!"

    "So dienen auch wir dem Wohl des größten und besten aller Reiche. "

    "So dienen auch wir dem Wohl des größten und besten aller Reiche."

    Das war zumindest mal eine wahre Aussage, das musst selbst der Götterverächter Lucius zugeben - wenn man ein logisches Argument für die Überlegenheit der römischen Götter hatte, dann den unglaublichen Erfolg seiner Truppen!

    "Vater dieser Stadt, starker Krieger, stets verleihst du deinen Söhnen Mut und Kraft-"

    "Vater dieser Stadt, starker Krieger, stets verleihst du deinen Söhnen Mut und Kraft-"

    "dein mächtiges Schwert bannt alle Feinde-"

    "dein mächtiges Schwert bannt alle Feinde-"

    "So streiten auch wir gegen Roms ruchlose Feinde."

    "So streiten auch wir gegen Roms ruchlose Feinde."


    "Schirmherr des Staates, erhabener Ewiger"

    "Schirmherr des Staates... erhabener Ewiger"

    Lucius kam langsam in einen Singsang und kam plötzlich ins Stocken - gerade noch, bevor jemand etwas merkte, fiel ihm wieder ein, wie der Satz weiterging.

    "unser Gemeinwesen ruht auf deiner Kraft und Stärke"

    "unser Gemeinwesen ruht auf deiner Kraft und Stärke"

    "So bilden auch unsere Gladii, wie die unserer Waffenbrüder-"

    "So bilden auch unsere Gladii, wie die unserer Waffenbrüder-"

    "das Fundament, auf dem Romas segensreiche Herrschaft erbaut ist."

    "das Fundament, auf dem Romas segensreiche Herrschaft erbaut ist."

    Wieder einmal eine wahre Aussage...

    "Höre den Klang unserer Schwerter! Sieh die Einigkeit unserer Streitmacht!"

    "Höre den Klang unserer Schwerter! Sieh die Einigkeit unserer Streitmacht!"

    "Mut und Treue im Herzen sind wir angetreten, Dir und der Älteren Trias zu Ehren!"

    "Mut und Treue im Herzen sind wir angetreten-"
    Wieder stockte der Petronier und blickte fragend zu seinem Cornicularius, der schließlich den letzten Satzteil nochmals wiederholte:

    "Dir und der Älteren Trias zu Ehren!"

    "dir und der Älteren Trias zu Ehren!"


    "Erfreue Dich am Rauch der Altäre und vernimm gnädig unsere Worte"

    "Erfreue Dich am Rauch der Altäre und vernimm gnädig unsere Worte"

    "die wir zu Dir rufen:"

    "die wir zu Dir rufen"

    "Ehre Dir, Mars Pater! Gepriesen Mars Gradivus!"

    "Ehre Dir, Mars Pater! Gepriesen Mars Gradivus"

    "Ehre Dir, Mars!"

    "Ehre dir, Mars!"

    Der Cornicularius sah ihn erwartungsvoll an - ach richtig, in diese Anrufung sollte die Truppe einfallen! Also wiederholte der Tribun sie einfach noch einmal mit lauter Stimme:

    "Ehre dir, Mars!"

    Die Urbaner wollten den Prätorianern natürlich in nichts nachstehen - also fielen auch sie in ein Schildgetrommel ein, das durch den Circus rollte. Auch an dieser Stelle musste Lucius zugeben, dass ihm manche Teile der Kulthandlung gefielen. Das beste folgte aber noch...


    Nach der kurzen Pause fuhr der Cornicularius fort:

    "Empfange die Ehren, oh Tapferster, erfreue Dich an den Opfergaben"

    "Empfange die Ehren, oh Tapferster, erfreue Dich an den Opfergaben"

    "welche Dir gebührend dargeboten durch den vorzüglichsten aller Opferherren!"

    "welche Dir gebührend dargeboten durch den vorzüglichsten aller Opferherren!"

    Auch das war eigentlich lächerlich - ganz offensichtlich waren Decimus Serapio und er und der Tribun der Classis hier die Opferherren! Trotzdem blickte natürlich auch der Petronier kurz hinüber zum Kaiser.

    "O Mars, möge unser Opfer Dir zur Freude gereichen!"

    "O Mars, möge unser Opfer Dir zur Freude gereichen!"

    Lucius hoffte schon, dass er es damit geschafft hatte - dann kam aber noch eine weitere Worthülse:"Mögest Du und die Ältere Trias uns die Entsühnung zu teil werden lassen."

    Damit war es aber geschafft:

    "Mögest Du und die Ältere Trias uns die Entsühnung zu teil werden lassen."


    Der Tribun wandte sich nach rechts um und trat zurück ins Glied - endlich hatte er seinen Part erledigt!

    cu-tribunuscohortisurbanae.png petronia2.png

    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Als sich Scato leise entfernte und neben ihrem Tribun wieder auftauchte, der das Ritual leitete, war Lurco sehr stolz auf Scato. Dieser reichte den Weihrauch für die Zeremonie zu Ehren ihres Gottes Mars. Lurco ehrte Mars und erbat stumm für seine Kameraden und sich den Schutz des Gottes, sowie ein wachsames Auge, eine schnelle Reaktion und stets scharf Waffen die nie zerbrechen mögen.


    Crispus leitete gekonnt die Zeremonie. Die Opfergaben wurden dargebracht, die Wünsche und Bitten vorgetragen. Alles bis auf den letzten Satz, genoss Lurco.


    Entsühnung...

    Sein Schwert musste nicht entsühnt werden.

    Zur Entsühnung gehörte Sühne.

    Zur Sühne gehörte Schuld.


    Stumm betete Lurco zu ihrem Gott.

    `Verschone diese Klinge Mars! Verschone mein Gladius.

    Es wird in Deinem Namen gezogen!

    Es frisst sich zu Deinen Ehren in das Fleisch Deiner und unserer Feinde.

    Es durchtrennt Sehnen und zerschmettert Knochen auf das Rom ewig steht.

    Es badet in Blut, denn so wurde die Geschichte Roms seit jeher geschrieben.

    Verschone es Mars!

    Verschone die Schwerter Deiner Streiter, verschone die Waffen Ultors.´




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